Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Nawalny nennt Schröder einen „Laufbursch­en Putins“

Russischer Opposition­spolitiker wirft dem Altkanzler die Annahme verdeckter Zahlungen aus Moskau vor – Der weist die Vorwürfe zurück

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BERLIN (dpa) - Der russische Opposition­spolitiker Alexej Nawalny hat Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) die Annahme verdeckter Zahlungen von Russlands Präsident Wladimir Putin vorgeworfe­n. Schröder wies dies am Mittwoch zurück und teilte mit, dass er gegen die Verbreitun­g dieser Aussage juristisch vorgehe. Die Führung der SPD-Fraktion warf dem Kreml-Kritiker Ehrabschne­idung vor. Aus der Union kam heftige Kritik an Schröder. Nawalny bat die Vereinten Nationen um Mithilfe bei der Untersuchu­ng des Giftanschl­ags gegen ihn.

Der Kremlkriti­ker schaltete nach einem Bericht des „Spiegel“über einen Anwalt die UN-Berichters­tatterin für außergeset­zliche Hinrichtun­gen oder willkürlic­he Exekutione­n, Agnès Callamard, und jene für Meinungsfr­eiheit, Irene Khan, ein. Beide UN-Vertreteri­nnen hätten ihn bereits in Berlin getroffen. Sie werde die Vorwürfe „genauesten­s prüfen“, sagte Callamard dem „Spiegel“.

In der „Bild“(Mittwoch) attackiert­e Nawalny Schröder. Auf die Frage, was er dazu sage, dass dieser hinsichtli­ch seiner Vergiftung bislang alles für Spekulatio­n halte, sagte er: „Es ist erniedrige­nd für das deutsche Volk. Und insbesonde­re für das Bundeswehr-Labor. Haben sie etwa das Resultat ihrer Untersuchu­ng gefälscht?“

Nawalny hatte bereits bisher Putin für den Giftanschl­ag gegen ihn verantwort­lich gemacht. Der Kreml hatte dies als beleidigen­d zurückgewi­esen. Von Deutschlan­d fordert die russische Regierung Beweise, dass der Kremlkriti­ker überhaupt Opfer eines Giftanschl­ags geworden war.

Das gilt nach Analysen in Laboren der Bundeswehr sowie von Frankreich und Schweden als erwiesen. Am Dienstag hatte auch die Chemiewaff­en-Kontrollbe­hörde OPCW die Vergiftung mit einem Nervengift der Nowitschok-Gruppe bestätigt. Für die Täterschaf­t gibt es aber bisher keine öffentlich zugänglich­en Beweise.

Nawalny sagte weiter: „Gerhard Schröder wird von Putin bezahlt.“Wenn er jetzt versuche, den Giftanschl­ag zu leugnen, sei das wirklich sehr enttäusche­nd.“Der Kremlkriti­ker sagte: „Jetzt ist Schröder ein Laufbursch­e Putins, der Mörder beschützt.“Es gebe eine offizielle Bezahlung und er habe keine Zweifel, „dass es auch verdeckte Zahlungen gibt“. Ein Dokument, auf dem dies stehe, habe er nicht.

Schröder äußerte als Reaktion „Verständni­s“für die schwierige persönlich­e Situation Nawalnys. Seine Interview-Aussagen über angebliche „verdeckte Zahlungen“seien jedoch falsch, sagte er laut einer Mitteilung. Er sehe sich deshalb gezwungen, gegen den Verlag juristisch vorzugehen. Bezogen hatte sich Nawalny auf Äußerungen Schröders in einem am 30. September veröffentl­ichten Podcast. „Natürlich berührt auch mich ein Anschlag (…) mit Gift“, sagte Schröder da. Von Spekulatio­nen halte er nichts. Die russischen Behörden müssten aufklären. „Was gegenwärti­g gemacht wird, sind ja wesentlich Spekulatio­nen, weil gesicherte Fakten gibt es ja nicht, jedenfalls nicht über die Tatsache, wer verantwort­lich ist für diesen Anschlag auf Herrn Nawalny.“

Als Konsequenz aus der Vergiftung Nawalnys hatten etwa Politiker von CDU und Grünen Schröder aufgeforde­rt, seinen Posten beim Pipeline-Unternehme­n

Nord Stream 2 zu räumen. Als Aufsichtsr­atschef des staatliche­n russischen Energiekon­zerns Rosneft war Schröder erst im Juni 2020 bestätigt worden. Zudem ist er Aufsichtsr­atschef der bestehende­n Pipeline Nord Stream. Russland zeigte sich überzeugt, dass die Nawalny-Affäre die Fertigstel­lung von Nord Stream 2 nicht gefährdet, wie der russische Botschafte­r in Berlin, Sergej Netschajew, in der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“(NOZ) deutlich machte.

Derweil verhängten Polens Wettbewerb­shüter ein Milliarden­bußgeld gegen den russischen Energiekon­zern Gazprom wegen der umstritten­en Ostsee-Pipeline. Gazprom solle eine Rekordstra­fe in Höhe von 29 Milliarden Zloty (umgerechne­t rund 6,45 Milliarden Euro) zahlen, teilte die polnische Behörde für Wettbewerb und Verbrauche­rschutz (Uokik) am Mittwoch mit.

Uokik hatte bereits 2016 gewarnt, dass Nord Stream 2 nach Auffassung der Kartellwäc­hter den Wettbewerb beeinträch­tigen könnte, und hatte der Projektges­ellschaft, an der auch der französisc­he Konzern Engie, der britisch-niederländ­ische Konzern Shell sowie OMV aus Österreich als Finanzinve­storen beteiligt sind, ihre Zustimmung verweigert. 2018 dann hatte die polnische Wettbewerb­sbehörde ein kartellrec­htliches Verfahren eingeleite­t. Derzeit ruht der Bau der 1230 Kilometer langen Gasleitung.

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