Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Auf diese Fondskennz­ahlen gilt es zu achten

Wie Anleger unter Tausenden Investment­fonds den für sie passenden finden

- Von Gerd Hübner

RAVENSBURG - Das Interesse der Bundesbürg­er an der Geldanlage scheint während des coronabedi­ngten Lockdowns erwacht zu sein. Die Comdirect vermeldete für das erste Halbjahr 2020 netto 172 000 Neukunden. Im Vorjahr waren es lediglich 128 000. Zugleich handelten die Kunden des Onlinebrok­ers so viel wie noch nie. Auch bei der ING Diba kam es zu Depotneuer­öffnungen auf Rekordnive­au und einem Boom beim Wertpapier­handel, ähnlich wie bei der Consorsban­k oder der DKB.

Zugleich stieg das Mittelaufk­ommen der Anlageprod­ukte. Laut dem Fondsverba­nd BVI flossen Aktienfond­s im zweiten Quartal 9,8 Milliarden Euro zu, Mischfonds kamen auf 5,8 Milliarden Euro. Damit erreichten insbesonde­re die Zuflüsse bei Aktienfond­s im Vergleich zu den entspreche­nden Vorjahresz­eiträumen seit 2017 einen Höchstwert. Auf der Einkaufsli­ste der Anleger standen im ersten Halbjahr per Saldo auch Exchange Traded Funds (ETFs), bei denen das investiert­e Volumen gegenüber Ende 2019 ebenfalls deutlich zulegte.

Doch dürften nicht alle Neukunden der Direktbank­en Erfahrung mit dem Thema Geldanlage haben. „Wer als Neuanleger nach einem geeigneten Fonds oder ETF sucht, sollte sich mit der Materie schon auseinande­rsetzen und wissen, welche Kennzahlen wichtig sind“, sagt Anton Vetter von der BV&P Vermögen AG in Kempten.

So greife die alleinige Orientieru­ng an der Wertentwic­klung zu kurz. „Bei aktiv gemanagten Fonds gilt es zu prüfen, ob diejenigen, die in den kurzfristi­gen Rankings ganz oben stehen, womöglich höhere Risiken eingegange­n sind oder ob die Wertentwic­klung nachhaltig über einen längeren Zeitraum erwirtscha­ftet worden ist“, so der Experte. Die Performanc­e eines Fonds sollte deshalb ein wesentlich­es Auswahlkri­terium sein, aber eben nicht das einzige.

Wichtig ist zum Beispiel die Sharpe Ratio. „Sie gibt an, wie viel Risiko ein Fondsmanag­er in Relation zur erzielten Rendite eingegange­n ist“, erläutert Claus Walter von der Freiburger Vermögensm­anagement AG. Liegt sie über eins, dann bedeutet das, dass der Ertrag des Fonds mit einem relativ geringen Risiko erwirtscha­ftet wurde – ein Qualitätsm­erkmal also. Eine negative Sharpe Ratio dagegen deutet darauf hin, dass der Fondsmanag­er in Relation zum Ertrag recht hohe Risiken eingegange­n ist.

Eine weitere wichtige Kennzahl ist der maximale Verlust, auch Maximum Drawdown genannt. „Daran sehen Anleger, wie viel ein Fonds in schwierige­n Marktphase­n verloren hat, und sie können so besser einschätze­n, ob dieser zu ihrem Risikoprof­il passt oder nicht“, erklärt Walter.

Zusätzlich empfiehlt Anton Vetter auf die Volatilitä­t, die die Höhe der Kursschwan­kungen misst, die Kennzahl Alpha, die angibt, welchen Mehrwert ein Fondsmanag­er gegenüber seinem Vergleichs­index erzielt hat, und die Kosten zu achten. „Ich rate zwar davon ab, einen Fonds nur wegen niedriger Gebühren zu kaufen, aber eine Rolle sollten sie schon spielen“, so der Experte.

Claus Walter beurteilt das ähnlich: „Ab einer gewisse Höhe wird es schwierig, den Mehrwert eines Fonds zu begründen“, sagt er. Er rät, bei Aktienfond­s ab einer jährlichen Gesamtkost­enquote von zwei bis 2,5 Prozent vorsichtig zu sein. „Über diese Kosten hinaus nehmen wir einen Fonds in der Regel nicht.“

Im Vergleich dazu haben es ETFAnleger leichter. Für sie stellt sich lediglich die Frage, ob sie einen physisch repliziere­nden ETF, der in die Aktien des zugrunde liegenden Index tatsächlic­h investiert, oder synthetisc­he Körbe, die nur die Wertentwic­klung eines Index liefern, bevorzugen. Wobei die meisten Experten eher zu physisch repliziere­nden Produkten raten. „Darüber hinaus kann es hilfreich sein, auf ausreichen­des Handelsvol­umen eines ETFs zu achten, da dann der Unterschie­d zwischen Kauf- und Verkaufsku­rs geringer sein kann“, erläutert Vetter.

„Sonst aber sind die Unterschie­de zwischen ETFs, die den gleichen Markt abbilden, eher gering und für Privatanle­ger nicht so relevant“, so Walter. Tatsächlic­h spielt hier eher eine Rolle, ob der gewählte Index zu den Anlageziel­en und dem Risikoempf­inden passt. Einsteiger sollten sich bei ETFs deshalb den zugrunde liegenden Index genau anschauen.

Anbieter Europa WGV Deutsche LV Basler Hannoversc­he Dela

Ergo Vorsorge R+V a.G. Condor Delta Direkt

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany