Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Große Temperatursprünge werden im Südwesten immer häufiger
Meteorologe Roland Roth macht sich Sorgen wegen extremer Wetterlagen – Weltweit war der September so heiß wie nie zuvor
BAD SCHUSSENRIED/BRÜSSEL Global betrachtet soll der vergangene Monat der wärmste September seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen gewesen sein. So teilt es das europäische Erdbeobachtungsprogramm Copernicus am Mittwoch mit. Außerdem seien 2020 bereits der Januar und der Mai Rekordmonate gewesen.
Für die Region stimme das aber nicht, sagt Roland Roth, der von der Wetterwarte Süd in Bad Schussenried das hiesige Wetter beobachtet und aufzeichnet. „Wir haben den September als fünftwärmsten Monat seit Beginn unserer Aufzeichnungen, der wärmste war im Jahr 2006“, sagt Roth.
Über 30 Jahre betrachtet, liege die Durchschnittstemperatur im September in unserer Region bei 13 Grad Celsius. „Dieses Jahr waren das 15,2 Grad“, sagt Roth. Die Region liege damit in Deutschland sehr weit oben bei den Temperaturen.
Je näher man den Alpen komme, desto wärmer sei es. Die Vereinten Nationen wollen verhindern, dass sich die globale Temperatur um mehr als 1,5 Grad Celsius erhöht. Roth sagt dazu: „In der Region haben wir die bereits. Unsere Temperaturdurchschnitte sind schon um 1,5 bis 2
Grad gestiegen. Wir müssen auf die Zahlen, von denen global die Rede ist immer noch einige Zehntel on top rechnen.“
Mittlerweile gebe es regelmäßig Tage mit mehr als 35 Grad Celsius. „Das haben wir bis 1983 nie zuvor gemessen gehabt“, sagt Roth. Auch diesen Sommer habe es einige Tage mit 35 bis 38 Grad gegeben.
Dabei sei das Wetter in der Region sehr unterschiedlich gewesen. Roland Roth: „Tuttlingen hat die geringsten Niederschläge seit 1891 gehabt. Gleichzeitig hat es beispielsweise in Niedernzell im Landkreis Biberach Überschwemmungen gegeben. Auch im Allgäu habe es mehr denn je geregnet. Das lag laut Roth daran, dass sich an den Alpen eine Luftmassengrenze gebildet habe. Die habe dafür gesorgt, dass sich im Alpenvorland viele Wolken abgeregnet hätten. Die eigentlich für die Region typische Westwindlage sei nicht entstanden.
Dass Tuttlingen dann die Trockenheit abkriegt und das Allgäu den Regen sei allerdings Zufall, die Lage hätte sich auch anders festfahren können.
Gleichzeitig seien große Temperatursprünge immer häufiger. Ein Anstieg von 18 auf 33 Grad in kurzer Zeit sei durchaus möglich. Das liege vor allem daran, dass die Luft, die zu uns ströme, ebenfalls wärmer sei. „Gerade, wenn die Luft aus Südfrankreich zu uns kommt, dann wird es schnell warm, das schlägt dann auch schnell auf den menschlichen Kreislauf “, so Roth.
Roth beobachtet in den vergangenen Jahren beharrliche Großwetterlagen. „Die Tief- und Hochdruckgebiete bestehen länger, dadurch tut sich weniger“, sagt er.
Er erwartet, dass sich die derzeitige Tiefdrucklage allerdings bald wieder ändert und ein Hochdruckgebiet das Wetter im Herbst prägt. „Das würde dann einen trockenen Herbst ohne Niederschläge, dafür mit ordentlich Nebel bedeuten.“