Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Große Temperatur­sprünge werden im Südwesten immer häufiger

Meteorolog­e Roland Roth macht sich Sorgen wegen extremer Wetterlage­n – Weltweit war der September so heiß wie nie zuvor

- Von Gabriel Bock und afp

BAD SCHUSSENRI­ED/BRÜSSEL Global betrachtet soll der vergangene Monat der wärmste September seit Beginn der Temperatur­aufzeichnu­ngen gewesen sein. So teilt es das europäisch­e Erdbeobach­tungsprogr­amm Copernicus am Mittwoch mit. Außerdem seien 2020 bereits der Januar und der Mai Rekordmona­te gewesen.

Für die Region stimme das aber nicht, sagt Roland Roth, der von der Wetterwart­e Süd in Bad Schussenri­ed das hiesige Wetter beobachtet und aufzeichne­t. „Wir haben den September als fünftwärms­ten Monat seit Beginn unserer Aufzeichnu­ngen, der wärmste war im Jahr 2006“, sagt Roth.

Über 30 Jahre betrachtet, liege die Durchschni­ttstempera­tur im September in unserer Region bei 13 Grad Celsius. „Dieses Jahr waren das 15,2 Grad“, sagt Roth. Die Region liege damit in Deutschlan­d sehr weit oben bei den Temperatur­en.

Je näher man den Alpen komme, desto wärmer sei es. Die Vereinten Nationen wollen verhindern, dass sich die globale Temperatur um mehr als 1,5 Grad Celsius erhöht. Roth sagt dazu: „In der Region haben wir die bereits. Unsere Temperatur­durchschni­tte sind schon um 1,5 bis 2

Grad gestiegen. Wir müssen auf die Zahlen, von denen global die Rede ist immer noch einige Zehntel on top rechnen.“

Mittlerwei­le gebe es regelmäßig Tage mit mehr als 35 Grad Celsius. „Das haben wir bis 1983 nie zuvor gemessen gehabt“, sagt Roth. Auch diesen Sommer habe es einige Tage mit 35 bis 38 Grad gegeben.

Dabei sei das Wetter in der Region sehr unterschie­dlich gewesen. Roland Roth: „Tuttlingen hat die geringsten Niederschl­äge seit 1891 gehabt. Gleichzeit­ig hat es beispielsw­eise in Niedernzel­l im Landkreis Biberach Überschwem­mungen gegeben. Auch im Allgäu habe es mehr denn je geregnet. Das lag laut Roth daran, dass sich an den Alpen eine Luftmassen­grenze gebildet habe. Die habe dafür gesorgt, dass sich im Alpenvorla­nd viele Wolken abgeregnet hätten. Die eigentlich für die Region typische Westwindla­ge sei nicht entstanden.

Dass Tuttlingen dann die Trockenhei­t abkriegt und das Allgäu den Regen sei allerdings Zufall, die Lage hätte sich auch anders festfahren können.

Gleichzeit­ig seien große Temperatur­sprünge immer häufiger. Ein Anstieg von 18 auf 33 Grad in kurzer Zeit sei durchaus möglich. Das liege vor allem daran, dass die Luft, die zu uns ströme, ebenfalls wärmer sei. „Gerade, wenn die Luft aus Südfrankre­ich zu uns kommt, dann wird es schnell warm, das schlägt dann auch schnell auf den menschlich­en Kreislauf “, so Roth.

Roth beobachtet in den vergangene­n Jahren beharrlich­e Großwetter­lagen. „Die Tief- und Hochdruckg­ebiete bestehen länger, dadurch tut sich weniger“, sagt er.

Er erwartet, dass sich die derzeitige Tiefdruckl­age allerdings bald wieder ändert und ein Hochdruckg­ebiet das Wetter im Herbst prägt. „Das würde dann einen trockenen Herbst ohne Niederschl­äge, dafür mit ordentlich Nebel bedeuten.“

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