Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Tod am Eselsberg: hohe Haftstrafe verhängt
Tod eines 59-jährigen Mannes nach Einbruch in Ulm – Fall war Schwerstarbeit für die Ermittler
ULM - Ein 34-jähriger Mann ist vom Ulmer Schwurgericht zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren und drei Monaten unter anderem wegen schweren Raubes mit Todesfolge verurteilt worden. Der 34-Jährige besitzt neben der kirgisischen Staatsangehörigkeit nach eigenen Angaben auch die israelische.
Angeklagt war er wegen gemeinschaftlichen Mordes. Die neuntägige Beweisaufnahme überführte nach Ansicht der zweiten Strafkammer den Angeklagten als Mittäter im sogenannten Eselsberg-Prozess. Ein 59-Jähriger kam zu Tode, als er sich drei Räubern entgegenstellte. Der Fall am 6. Januar 2018 hatte für Entsetzen gesorgt und musste nach einer ersten Verurteilung noch einmal aufgerollt werden, nachdem der neue Angeklagte aus Israel nach Deutschland ausgeliefert worden war. Im ersten Prozess wurde der mutmaßliche Haupttäter aus Georgien, der in Ulm lebte, wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, seine russische Frau zu drei Jahren Gefängnis. Sie hatte als Haushaltshilfe den entscheidenden Tipp für das Verbrechen gegeben.
Das Motiv der Tat war extreme Geldnot. Dem in Deutschland angemeldeten Georgier wurde Geld entzogen, das er vom Staat bekam. Mit seiner Frau stand er plötzlich vor dem Nichts. Denn auch sie verlor ihren Job als Hauswirtschaftlerin, nachdem sie krank geworden war. Betreut hatte sie unter anderem eine damals 81-jährige vermögende Frau, die mit ihrem leicht behinderten 59-jährigen Sohn in einem geräumigen und technisch gut abgesicherten Haus wohnte. Sie wusste auch, dass es sich die alte Dame zur Gewohnheit gemacht hatte, ihren Schmuck im Wert von Zehntausenden Euro im Bett und im Schlafzimmerschrank zu verstauen. Nachdem das Ehepaar bei Einbruchstouren etwa in Kirchen und Kapellen nur wenig Geld erbeutet hatte, machte die Frau ihrem Mann den Mund wässerig. Sie wisse, wo man auf einen Schlag ein kleines Vermögen bekommen könne, das reiche, um einen Traum des Mannes zu verwirklichen: einen Kiosk in Ulm oder Neu-Ulm.
Der jetzt lebenslang hinter Gittern sitzende Mann nahm Kontakt mit dem Kirgisen und einem georgischen Berufseinbrecher auf, die gerade auf krimineller Tour durch Deutschland waren. Der Kirgise wurde nun verurteilt, der Georgier lebt in seinem Heimatland sicher vor Verfolgung, weil es keinen Auslieferungsvertrag mit der EU hat.
Der Vorsitzende Richter des Schwurgerichts schilderte minutiös den Ablauf des Verbrechens mit jenem tödlichen Ausgang, mit dem auch die Täter nicht gerechnet hatten. Penibel wurde über Weihnachten 2017 von den drei Männern das Verbrechen geplant. Um für alle Fälle gerüstet zu sein, kauften sie Brecheisen. Dann kam der Dreikönigstag: Die ortskundige Frau gab genaue Tipps, wie man ins abgesicherte Haus kommen könnte, während die Opfer – die Seniorin und ihr Sohn – in getrennten Zimmern schliefen.
Während die Einbrecher nach dem Schmuck und anderen Wertsachen sowie Bargeld in den Morgenstunden des 6. Januar 2018 suchten, wachte der Sohn von Geräuschen auf, die ihn stutzig machten. Der körperlich kräftige und gelegentlich jähzornige Mann ging in den unteren Stock und stellte sich den Einbrechern entgegen. Weil er laut schrie, brachten sie ihn zum Schweigen. Gegen drei Männer, einer mit Brecheisen, einer mit großem Schraubenzieher, kam der Hausbewohner nicht an. Weil er weiter schrie, schlug einer der drei Täter – wer das war, konnte in den beiden Prozessen nicht ergründet werden – mit der Metallstange zu. Die Angeklagten schoben sich die Schuld gegenseitig zu. Die Indizien, insbesondere Spuren des Erbguts, überführten sie aber jeweils zweifelsfrei. Jedenfalls ging der 59-jährige Mann blutend zu Boden. Es wurde aber weiter auf ihn in Richtung Gesicht eingeschlagen. Als das Nasenbein brach und Blut sprudelte, kam Klebeband zum Einsatz. Das wurde so fest um den Mund des Opfers gewickelt, dass er langsam erstickte und später jede ärztliche Hilfe vergebens war. Es war, wie vor Gericht festgestellt wurde, eine lange quälende Todesangst, die der Mann erleiden musste.
Mit dem Schmuck und anderer Beute verschwanden die Einbrecher und stiegen in den Wagen der Russin, die vor dem Haus wartete. Die Täter flüchteten nach Italien. Der jetzt angeklagte Mann aus Kirgisien nahm ein Flugzeug nach Israel. Dort wurde er bei seiner Familie aufgenommen.
Der Oberstaatsanwalt sagte in seinem Plädoyer, es habe keine Beweise gegeben, dass der jetzt angeklagte Mann bei der Gewaltanwendung und Fesselung des Opfers beteiligt war. So könne man ihm keinen gemeinschaftlichen Mord nachweisen. Das sah auch das Gericht so. Der Verteidiger hingegen hielt eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten wegen schweren Raubs mit Sachbeschädigung und gefährlicher Körperverletzung für ausreichend.
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