Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Bekenntnis­se eines Fußball-Süchtigen

Sänger Campino legt sportlasti­ge Autobiogra­fie vor

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DÜSSELDORF (dpa) - Tote-HosenSänge­r und Schauspiel­er Campino ist um eine Profession reicher. Er ist nun auch Buchautor. Campino, bürgerlich Andreas Frege, hat mit seinem Debüt „Hope Street – wie ich einmal englischer Meister wurde“eine mehr als 350 Seiten starke Autobiogra­fie vorgelegt. Anekdotenr­eich berichtet er von seiner Kindheit als eines von sechs Geschwiste­rn in Düsseldorf, wo er als Kleinkind beinahe aus dem fünften Stock gefallen wäre – und von den weiteren Jahren im Eigenheim in der Vorstadt Mettmann. Seine englische Mutter war Lehrerin, sein Vater Richter und treues CDU-Mitglied.

Der staunende Leser erfährt, dass der heute 58-jährige Campino als Kind allein auf einer Wiese seiner Tante in England stand und die Fahne, den Union Jack, für Königin Elizabeth II. schwenkte – die Monarchin habe sekundenla­ng zurückgewu­nken, als sie mit der königliche­n Jacht „Britannia“das Ufer-Grundstück und den kleinen Andreas passierte. Campino erklärt die in seiner Kindheit verankerte besondere Beziehung zum Königreich, und dass seine Karriere als aktiver Fußballer beim TSV Metzkausen nur zwei Jahre währte – und recht kläglich auf der Ersatzbank endete.

Etwa in dieser Zeit begann seine Leidenscha­ft für den FC Liverpool. Oder sollte man besser sagen: Sucht? Denn Dauerkarte­ninhaber Campino fliegt nicht nur für möglichst viele Heimspiele nach Liverpool, sondern verfolgt auch nahezu jedes sonstige Spiel seiner Mannschaft an einem Bildschirm – und sei es auf der Bühne mit einem eigens dafür bereitgest­ellten Monitor – während der Auftritte mit den Toten Hosen.

Tourpläne und sonstige Engagement­s müssen seit Jahren mit dem Spielplan der Premier-LeagueMann­schaft abgestimmt werden. Campino pellt sich in aller Herrgottsf­rühe

in New York aus dem Bett, um trotz Zeitversch­iebung in einem Pub ein Spiel seiner „Reds“zu sehen.

Über jedes normale Ligaspiel des FC Liverpool erfährt der Leser in dem Buch mehr als über Campinos eigene Hochzeit in New York: ein scheinbar belanglose­s Intermezzo zwischen zwei Liverpool-Spielen. Wenn er mit Tausenden die letzten Kilometer zu einem Stadion zu Fuß zurücklege, weil ein Stau alles lahmgelegt habe, dann sei er glücklich, bekennt er. Aber wenn der FC Liverpool verliert, kann es sein, dass der Deutsch-Brite die Contenance verliert und so sehr gegen einen Mülleimer tritt, dass er mit gebrochene­m Fuß und Gips auf die Bühne muss. Begegnen sollte man ihm besser ebenso wenig, wenn die Übertragun­g eines Spiels nicht funktionie­rt.

Dass dies den Rahmen des Üblichen sprengt, ist dem 58-Jährigen selbst nicht verborgen geblieben und er konsultier­te in der Sache schließlic­h einen Psychologe­n, wie er verrät. Dass dieser die Liverpool-Manie des Düsseldorf­ers als harmlos eingestuft haben soll, zählt zu den großen Rätseln des Buches. Seit Montag ist „Hope Street“im Handel.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA

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