Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mit „Maultäschle“auf den Versorgungsmarkt
Statt Gallusmarkt mit 350 Ständen bieten 50 Händler ihre Waren an – Die Resonanz ist positiv
RIEDLINGEN - Statt Gallusmarkt mit 350 Ständen hat es am Montag in Riedlingen einen Versorgungsmarkt mit 50 Marktbeschickern gegeben. Waren von A bis Z wurden feilgeboten. Selbst Mund-Nasen-Schutz – ganz schwäbisch als „Maultäschle“betitelt – gab es zu kaufen. Marktbesucher machten rege Gebrauch vom Angebot. Die Händler zeigten sich zufrieden, auch wenn der Montag wettertechnisch nicht gerade ideal war.
„Es ist Gallusmarktwetter“, sagt Rudolf Kleinknecht, der zusammen mit Egon Köhn den Markt organisiert hat. Seit 5 Uhr sind die beiden auf dem Stadthallenplatz unterwegs, weisen ein, legen Stromkabel, stellen Schilder auf. Zwei Grad Celsius habe das Thermometer beim Aufbau angezeigt. Sechs Stunden später sind die Temperaturen auf 5 Grad geklettert. Das macht den Händlern nichts aus. Sie sind meteorologisch einiges gewöhnt.
Trotz Regen sind bereits früh morgens Marktbesucher unterwegs. Am Stand von Emma aus Hausen im Killertal läuft’s. Die Markthändlerin hat sich schon warm geredet und preist ihren Multihobel an. „Der ist sauscharf und aus Edelstahl.“Das Publikum unterm Regenschirm nickt wissend. Man kennt sich. Einige haben den Hobel bereits und sind voll des Lobes. Während Emma Gurken hobelt, Karotten stiftelt und Kartoffeln einen Wellenschliff verpasst, gibt es ein paar lockere Sprüche. Das Publikum lacht und kauft.
Stand an Stand reiht sich auf dem Stadthallen-Areal – Gewürze, Bekleidung, Waffeln, Staubsaugerzubehör,
Mützen, Schals und Gürtel. Drei Gassen mit genügend Abstand machen es möglich, dass die Besucher Distanz halten. Vorbildlich tragen die meisten einen Mund-NasenSchutz. Den hat Markthändler Bernhard Gut dieses Jahr zum ersten Mal im Angebot. In zweiter Generation, seit über 60 Jahren, ist seine Familie auf dem Riedlinger Gallusmarkt vertreten. Das Hauptgeschäft sind Strickwaren und Schals. Die Schutzmasken
seien eher ein Nebenprodukt, würden aber gut gekauft, sagt er. Seine Frau fügt an, dass sie froh seien, dass es statt des abgesagten Gallusmarktes einen Versorgungsmarkt gebe.
Das geht anderen Händlern genauso. Viele Märkte werden abgesagt, weiß Egon Köhn, der von allen „Onkel Egon“genannt wird. Er hat gebrannte Mandeln und Naschwerk im Angebot. Beides ist für viele Marktbesucher ein
Muss. Aber sein Kinderkarussell hat er für dieses Jahr endgültig weggepackt. Mehrere Weihnachtsmärkte, wie der in Ochsenhausen, seien abgesagt. „Da packt einen schon die Existenzangst“, sagt er.
Gegen 10 Uhr lässt der Regen nach. Die Besucher klappen ihre Schirme zusammen. Immer mehr Menschen strömen auf den Markt. Ein Auge auf die Zahl hat Hans Palberg. Er gibt den Kontrolleur und schreitet die Gassen ab, zählt die Besucher. 499 dürfen auf dem Markt unterwegs sein. „Wenn es zu viele werden, wird kurz abgesperrt“, sagt er. Palberg beobachtet aber, dass die Menschen sehr vernünftig seien und Abstand hielten – auch beim obligatorischen Gallusmarkt-Schwätzle. „Mit Maultäschle darf man doch näher beieinander stehen“, merkt eine Besucherinnen an und zupft ihren Mund-Nasen-Schutz zurecht.
Viele Besucher haben am Montag extra Urlaub genommen. Bei manchen gehöre der Besuch des Gallusmarktes einfach dazu, weiß Organisator Rudolf Kleinknecht. Andere hatten den Urlaub schon eingereicht, als Corona noch gar kein Thema war. Und so nutzen sie den Tag, um auf dem Markt einzukaufen, was es sonst im Einzelhandel immer seltener gibt. Zum Beispiel einen Teppichklopfer, den Korbmacherin Susanne Emhardt neben ihren 400 Körben und Taschen am Montag im Angebot hat. Sie hatte noch nie einen Stand auf dem Gallusmarkt, wollte den Versorgungsmarkt nun als Test für den Gallusmarkt 2021 nutzen.
Auch wenn das Wetter mit seinen Temperaturen im einstelligen Bereich und Regenschauern alles andere als marktfreundlich war, freuten sich Marktbeschicker und -besucher über den „Gallusmarkt light“, wie ihn ein Besucher bezeichnete.