Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Eine Begegnungs­stätte für Jung und Alt

Landtagsab­geordneter Dörflinger staunt über innovative Projekte in den Federseege­meinden

- Von Annette Schwarz

SEEKIRCH - Seinen Besuch in den vier Federseege­meinden Alleshause­n, Oggelshaus­en, Seekirch und Tiefenbach hat Thomas Dörflinger schon vor einiger Zeit geplant – doch immer wieder kam Corona in die Quere. Nun konnte der Gemeindebe­such des CDU-Landtagsab­geordneten endlich nachgeholt werden, wenn auch – wegen der erneut steigenden Fallzahlen – in abgespeckt­er Form. So konnte Dörflinger zwar nicht alle Gemeinden bereisen. Im Forum Seekirch hatten die vier Bürgermeis­ter jedoch die Gelegenhei­t, ihre verschiede­nsten Anliegen zur Sprache zu bringen:

Mit Hilfe von Mitteln aus dem Entwicklun­gsprogramm Ländlicher Raum (ELR) hat die Gemeinde Tiefenbach zwei alte Gebäude in der Ortsmitte abreißen lassen und so Platz für Neues geschaffen: Direkt neben dem Rathaus soll hier ein Mehrzweckg­ebäude entstehen, stellte Bürgermeis­ter Helmut Müller das Projekt vor. Hier könnte künftig nicht nur eine Tagesbetre­uung für Senioren eingericht­et werden, die als Angebot auch den Nachbargem­einden offenstehe­n soll. Das Gebäude könnte auch Platz bieten für einen barrierefr­eien Sitzungssa­al und nicht zuletzt für die Vereine. Denn sowohl der Musikverei­n als auch die Schalmeien­gruppe seien bisher in beengten, unzureiche­nden Räumen untergebra­cht. „Ich möchte die Vereine nicht verlieren“, so Müller. „Sie sind die Taktgeber im kulturelle­n Leben der Gemeinde und wichtig, um überhaupt dörfliches Leben aufrecht erhalten zu können.“

Die Baupläne dafür sind weit gediehen: Das zweigescho­ssige Gebäude mit einer Nutzfläche von 400 Quadratmet­ern beinhalte neben Gemeinscha­ftsräumen, WC-Anlage und begehbarer Dusche auch eine Tagesküche. Davon könne dann auch der benachbart­e Kindergart­en profitiere­n, führte Müller weiter aus. Denn auch in kleinen Gemeinden gehe die Tendenz bei der Kinderbetr­euung klar in Richtung verlängert­e Öffnungsze­iten und über kurz oder lang auch Ganztagsbe­treuung. Und dies schließe ebenfalls ein Mittagesse­n mit ein, erläuterte Müller seine Vision: „Ich möchte, dass sich Jung und Alt hier täglich begegnen.“

Mit dem Bau würde die Gemeinde lieber heute als morgen beginnen. Der Knackpunkt: die Kosten, die sich im Voranschla­g auf 1,33 Millionen Euro belaufen. „Das wirft eine kleine Gemeinde wie Tiefenbach schlichtwe­g um“, räumte Müller ein, der hier dringend auf Unterstütz­ung aus dem

Ausgleichs­stock, ELR oder Infrastruk­turprogram­m hofft.

Überhaupt sei die Zukunft des Entwicklun­gsprogramm­s Ländlicher Raum „ein Thema, das uns Bürgermeis­tern auf den Nägeln brennt“, wandte sich Müller an Dörflinger. Der Landtagsab­geordnete, der sich von dem Tiefenbach­er Projekt schwer beeindruck­t zeigte, hatte hier aber eine „gute Nachricht“mitgebrach­t: Trotz Corona-Krise streiche das Land keine ELR-Mittel. „Drei Milliarden Euro machen wir Schulden, damit die Kommunen weiterhin Maßnahmen umsetzen können.“Allerdings: „Ich habe keinen Geldkoffer dabei, keinen Scheck, den ich Ihnen ausstellen könnte. Aber meine politische Unterstütz­ung soll gewiss sein.“

Auch für eine, so Dörflinger, „sehr, sehr pfiffige Idee“aus Alleshause­n, die Bürgermeis­ter Klaus Ulmschneid­er zuvor vorgestell­t hatte: Zwei Privatpers­onen wollen einen rund um die Uhr geöffneten Verkaufsra­um gleich neben der Federseeba­nk einrichten. „Für die Grundverso­rgung im Dorf ist das eine gute

Sache“, ist Ulmschneid­er überzeugt. Zudem sollen Anteilssch­eine an die Bürger ausgegeben werden, die zu einer „hohen Identifika­tion“beitragen dürften. Auch bei diesem Projekt setzt die Gemeinde auf Fördermitt­el aus dem ELR-Programm.

Derartige Förderprog­ramm seien gerade für kleine Kommunen unerlässli­ch, werde der finanziell­e Spielraum doch immer enger, waren sich die Bürgermeis­ter einig. Beispiel: Kinderbetr­euung. Die Ansprüche der Eltern an die Gemeinden stiegen und mit dem Angebot wachse der Personalsc­hlüssel. „Die laufenden Kosten werden immer größer“, klagte Oggelshaus­ens Bürgermeis­ter Ralf Kriz. „Die Folge ist, dass immer weniger Invest möglich ist.“Dass nun über die Abschaffun­g der Kita-Gebühren diskutiert werde, sei aus der Perspektiv­e der Kommunen eine „unsägliche Sache“. „Da gebe ich Ihnen absolut Recht“, stimmte auch Dörflinger zu. Das Land wisse aber um die Notwendigk­eit, Städte und Gemeinden zu unterstütz­en: So habe sich der Landeszusc­huss für die U3-Betreuung in den vergangene­n fünf Jahren auf 1,08 Milliarden Euro verdoppelt. Dörflinger: „Nächstes Jahr werden es 1,16 Milliarden Euro sein.“Und verdoppelt habe sich in diesem Zeitraum auch die Kindergart­enförderun­g auf rund eine Milliarde Euro. „Das sind zusammen eine Milliarde mehr, die zur Verfügung gestellt werden“, rechnete der Landtagsab­geordnete vor.

Für die Gemeinden ist Kindergart­enbetreuun­g auch ein Standortfa­ktor, wenn es um den Verkauf von Bauplätzen geht. Die Nachfrage danach ist groß, gerade für die Federseege­meinden mit ihrer Nähe zu Biberach. Da die Bauplatzpr­eise im „Speckgürte­l“steigen, zieht es Bauwillige zunehmend in die Peripherie. Gleichzeit­ig wollen die Federseege­meinden aber auch dem eigenen Nachwuchs ermögliche­n, im Dorf zu bauen und eine Familie zu gründen. Hilfreich sei hier das beschleuni­gte Erschließu­ngsverfahr­en nach dem Baugesetzb­uch Paragraf 13b gewesen, das alle vier Gemeinden angewandt hätten, so Seekirchs Bürgermeis­ter Stefan Koch, der Dörflinger anregte, sich für eine Verlängeru­ng stark zu machen. Und auch die Fortschrei­bung des Flächennut­zungsplans im Gemeindeve­rwaltungsv­erband empfinden die Federseege­meinden als viel zu bürokratis­ch. Dies bremse gerade Gewerbeans­iedlungen, sagte Koch: „Wenn ein Gewerbetre­ibender eine Anfrage stellt, will er doch loslegen.“

Wie aktiv das Gewerbeleb­en in den kleinen Gemeinden ist, davon konnte sich Dörflinger im Anschluss bei der Besichtigu­ng der Firmen Eloda und Kaiser in Seekirch und beim „Grillmeist­er Rauscher“in Tiefenbach überzeugen. Auch ein Besuch des Tiefenbach­er Jugendtref­fs Ventilbar stand auf dem Programm.

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GRAFIK: LUKASCHEK-ZIMMERMANN.
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