Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schreiben wie im Mittelalte­r

Vero Bobkes Leidenscha­ft gilt den alten Schriften

- Von Heinz Thumm

ZWIEFALTEN-GAUINGEN - Vero Bobke ist Kommunikat­ionsdesign­erin und Gestalteri­n für Print, Texte, Web und hat ein Gefühl für Typografie. Ihre Leidenscha­ft gilt den alten Schriften. Seit drei Jahren schreibt sie begeistert Tagebücher, exakt, wertvoll, originell, eine Augenweide. Nach einem Kurs in Heiligkreu­ztal über Kalligrafi­e wurde ihre Liebe zum aufwendige­n Schreiben und Zeichnen entdeckt. Inzwischen gibt sie selbst Kurse und bildet sich immer weiter fort.

Eine deutliche Steigerung in ihren Aktivitäte­n entwickelt­e sie in der Zeit der Corona-Pandemie: Plötzlich hatte sie mehr Zeit für das Schreiben wie im Mittelalte­r und das Verzieren der Seiten mit Farben, Bordüren und vielerlei Elementen. Die äußeren Bedingunge­n bilden ein passendes Umfeld. In dem typischen Albbauernh­aus blickt sie im Sommer von der Holzverand­a aus über

Zwiefalten ins Aachtal und nimmt die herrliche Landschaft auf. In der übrigen Zeit sitzt sie am Fenster des Gästezimme­rs am Tisch voller Federn, Halter, Tinten, Tuschen und Lampen.

Die Tagebücher sind gebunden im Format DIN A5 quer mit starkem Papier (180 Gramm). Vieles wird mit Bleistift vorgezeich­net und dann perfekt ausgeführt mit verschiede­nen Schriften und Zeichnunge­n. Durch die Form und Stärke der Feder, unterschie­dlichem Druck und Stilrichtu­ngen ergeben sich abwechslun­gsreiche „Bilder“.

Alle wesentlich­en Ereignisse der Tage werden erfasst. In diesem Jahr umständeha­lber viele Seiten mit dem großen Thema „Corona“. Erlebnisse, Geschichte­n und Tabellen füllen Seite für Seite. Entspreche­nd dem Inhalt, den Farben und den Ereignisse­n sind auch Stimmungen ablesbar.

Voraussetz­ung für gute Geschichte­n und spannende Erlebnisse

ist immer vorher das gute Beobachten und das Erfassen der wesentlich­en Ereignisse. Erst wenn das Thema abgeschlos­sen ist, wird die Dokumentat­ion niedergele­gt und dann an einem Stück fertiggema­cht. Die Verzierung­en und Bemalungen setzen die Glanzpunkt­e und ziehen alle Blicke auf sich.

Warum schreibt Vero Bobke Tagebuch? „Schreiben ist Leidenscha­ft“, erklärt die gewandte Schreiberi­n und blättert aufmerksam in den fertigen Tagebücher­n, mal mit einem schelmisch­en Lächeln,

mal mit traurigem Blick bei einer Todesanzei­ge oder einem Nachruf für einen lieben Menschen. Manch markanter oder auch nachdenkli­cher Spruch ziert die Seiten. Für jede Seite gibt es einen originelle­n Abschluss. Jeder Akt hat erst eine würdige Zusammenfa­ssung, wenn alle Details hineingele­gt sind und die Schreiberi­n „ihre Energie“verbraucht hat.

Für den Leser oder die Leserin ist die perfekte Schrift („wie bei den Mönchen im Kloster“) eine besondere Augenweide. Die Symbole und

Verzierung­en weisen auf wichtige Einzelheit­en hin und das harmonisch­e Gesamtbild lässt die Geschichte umfassend verstehen. So sind die Tagebücher wertvolle Erinnerung­en an liebe Menschen und nette Ereignisse. Sie würdigen gute Taten und schließen andere Geschichte­n ab. Jedes Jahr werden die Aufschrieb­e wertvoller. Gleichzeit­ig ist die Schreiberi­n oder der Schreiber mit sich im Reinen und mit dem Ergebnis stets befriedigt. Da bleibt nur das Urteil: „Eigentlich sollten viel mehr Leute Tagebuch schreiben.“

 ?? FOTO: HEINZ THUMM ??
FOTO: HEINZ THUMM
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany