Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Schreiben wie im Mittelalter
Vero Bobkes Leidenschaft gilt den alten Schriften
ZWIEFALTEN-GAUINGEN - Vero Bobke ist Kommunikationsdesignerin und Gestalterin für Print, Texte, Web und hat ein Gefühl für Typografie. Ihre Leidenschaft gilt den alten Schriften. Seit drei Jahren schreibt sie begeistert Tagebücher, exakt, wertvoll, originell, eine Augenweide. Nach einem Kurs in Heiligkreuztal über Kalligrafie wurde ihre Liebe zum aufwendigen Schreiben und Zeichnen entdeckt. Inzwischen gibt sie selbst Kurse und bildet sich immer weiter fort.
Eine deutliche Steigerung in ihren Aktivitäten entwickelte sie in der Zeit der Corona-Pandemie: Plötzlich hatte sie mehr Zeit für das Schreiben wie im Mittelalter und das Verzieren der Seiten mit Farben, Bordüren und vielerlei Elementen. Die äußeren Bedingungen bilden ein passendes Umfeld. In dem typischen Albbauernhaus blickt sie im Sommer von der Holzveranda aus über
Zwiefalten ins Aachtal und nimmt die herrliche Landschaft auf. In der übrigen Zeit sitzt sie am Fenster des Gästezimmers am Tisch voller Federn, Halter, Tinten, Tuschen und Lampen.
Die Tagebücher sind gebunden im Format DIN A5 quer mit starkem Papier (180 Gramm). Vieles wird mit Bleistift vorgezeichnet und dann perfekt ausgeführt mit verschiedenen Schriften und Zeichnungen. Durch die Form und Stärke der Feder, unterschiedlichem Druck und Stilrichtungen ergeben sich abwechslungsreiche „Bilder“.
Alle wesentlichen Ereignisse der Tage werden erfasst. In diesem Jahr umständehalber viele Seiten mit dem großen Thema „Corona“. Erlebnisse, Geschichten und Tabellen füllen Seite für Seite. Entsprechend dem Inhalt, den Farben und den Ereignissen sind auch Stimmungen ablesbar.
Voraussetzung für gute Geschichten und spannende Erlebnisse
ist immer vorher das gute Beobachten und das Erfassen der wesentlichen Ereignisse. Erst wenn das Thema abgeschlossen ist, wird die Dokumentation niedergelegt und dann an einem Stück fertiggemacht. Die Verzierungen und Bemalungen setzen die Glanzpunkte und ziehen alle Blicke auf sich.
Warum schreibt Vero Bobke Tagebuch? „Schreiben ist Leidenschaft“, erklärt die gewandte Schreiberin und blättert aufmerksam in den fertigen Tagebüchern, mal mit einem schelmischen Lächeln,
mal mit traurigem Blick bei einer Todesanzeige oder einem Nachruf für einen lieben Menschen. Manch markanter oder auch nachdenklicher Spruch ziert die Seiten. Für jede Seite gibt es einen originellen Abschluss. Jeder Akt hat erst eine würdige Zusammenfassung, wenn alle Details hineingelegt sind und die Schreiberin „ihre Energie“verbraucht hat.
Für den Leser oder die Leserin ist die perfekte Schrift („wie bei den Mönchen im Kloster“) eine besondere Augenweide. Die Symbole und
Verzierungen weisen auf wichtige Einzelheiten hin und das harmonische Gesamtbild lässt die Geschichte umfassend verstehen. So sind die Tagebücher wertvolle Erinnerungen an liebe Menschen und nette Ereignisse. Sie würdigen gute Taten und schließen andere Geschichten ab. Jedes Jahr werden die Aufschriebe wertvoller. Gleichzeitig ist die Schreiberin oder der Schreiber mit sich im Reinen und mit dem Ergebnis stets befriedigt. Da bleibt nur das Urteil: „Eigentlich sollten viel mehr Leute Tagebuch schreiben.“