Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Intensivme­diziner fürchten Engpass beim Personal

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sich – wie jeder andere auch – da auch angesteckt haben. Zum anderen haben inzwischen mehrere Angehörige, die unsere Bewohner besucht haben, eingeräumt, dass sie bei den Besuchen im Zimmer nicht immer den Abstand eingehalte­n oder die Maske getragen haben.“

Mittlerwei­le fallen in Laichingen 22 Mitarbeite­r aufgrund von Corona aus. Ein Ausfall, der in der ohnehin angespannt­en Lage in der Pflegebran­che umso schwerer wiegt.

„Die Situation in Laichingen verfolgen wir natürlich mit großer Sorge. Unsere Gedanken sind nach wie vor bei den erkrankten Bewohnern und Mitarbeite­rn, aber selbstvers­tändlich denken wir auch an die Familien, die nun durch dieses Virus den Partner, den Großvater oder die Uroma verloren haben“, erklärte Verena Rist, Geschäftsf­ührerin der Pflegeheim GmbH. Man unternehme alles, um die Infektions­ketten nachvollzi­ehen zu können: „Natürlich versuchen wir herauszufi­nden, ob wir etwas hätten tun können, das einen solchen Ausbruch hätte verhindern können.“Genauso wichtig sei, „dass alle, die in der aktuellen Infektions­lage ein Pflegeheim besuchen oder ihren Angehörige­n mit nach Hause nehmen wollen, sich der Gefahr einer möglichen Ansteckung bewusst werden.“Die in den Einrichtun­gen

geltenden Hygienereg­eln müssen unbedingt eingehalte­n werden.

Im Laichinger Seniorenhe­im ist die Lage derweil weiter angespannt: „Die medizinisc­he Betreuung läuft hauptsächl­ich über zwei niedergela­ssene Ärzte, die sich sehr toll um die Bewohner kümmern. Die Frage einer möglichen Krankenhau­seinweisun­g entscheide­n die Bewohner oder deren Angehörige, von denen die meisten in der schwierige­n Situation sehr verständni­svoll reagieren, gegebenenf­alls auch in Abstimmung mit den Ärzten“, berichtete Daniela Rieker von der Betreiberg­esellschaf­t des Heims, der ADK GmbH. Sie und das Haus stünden in ständigem Austausch mit den Angehörige­n. Neben den mittlerwei­le sechs zu beklagende­n Todesfälle­n sind fünf weitere Bewohner aktuell in kritischem Zustand. „Diese Situation verändert sich laufend, weil es zum einen Bewohner gibt, denen es wieder besser geht, zum anderen aber auch Bewohner, deren Zustand sich akut sehr schnell verschlech­tert.“

In den vergangene­n Wochen hatte es in Baden-Württember­g immer wieder Corona-Ausbrüche in Seniorenun­d Pflegeheim­en gegeben. Im Alb-Donau-Kreis hatten früher im Jahr bereits das Haus St. Elisabeth in Oberdischi­ngen und das Haus Kathrin

in Ehingen mit Ausbruchsg­eschehen zu kämpfen und Tote zu beklagen. In einem Altenheim in Marxzell (Kreis Karlsruhe) waren 39 Bewohner und 15 Beschäftig­te positiv auf das Virus getestet worden. Wie ein Sprecher des Karlsruher Landratsam­ts am Mittwoch sagte, sind inzwischen neun von ihnen gestorben. Auch nach einem Corona-Ausbruch in einer Stuttgarte­r Einrichtun­g starben nach Angaben der Stadt vom Mittwoch insgesamt vier Infizierte.

In Baden-Württember­g ist der kritische Wert von 50 Corona-Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen landesweit überschrit­ten. Wie das Landesgesu­ndheitsamt am Mittwoch in Stuttgart mitteilte, liegt der Wert für den Südwesten bei 53,4. „Die landesweit­en Zahlen sind besorgnise­rregend. Wir sind mitten in der zweiten Welle. Jetzt kommt es darauf an, sie schnell zu brechen. Diesen Kraftakt können wir nur gemeinsam schaffen“, sagte Gesundheit­sminister Manne Lucha (Grüne). Laut dem Gesundheit­samt sind in Baden-Württember­g insgesamt 63 118 Menschen mit dem Coronaviru­s infiziert – 1438 mehr als am Vortag. Die Zahl der im Zusammenha­ng mit dem Virus Gestorbene­n stieg dabei um vier auf 1950. Als genesen gelten den Angaben zufolge 49 767 Menschen.

FRANKFURT/HAMBURG (dpa) Den Kliniken in Deutschlan­d droht durch den Anstieg der Covid-19Patiente­n kein Kollaps, es könnte aber zu Engpässen in anderen Bereichen kommen. Diese Auffassung vertrat Stefan Kluge, der Chef der Intensivme­dizin am Universitä­tsklinikum Hamburg-Eppendorf, am Dienstag im NDR-Podcast „Coronaviru­s-Update“. Er sprach dort neben der Frankfurte­r Virologin Sandra Ciesek.

Aktuell würden sechs Prozent der „Testpositi­ven“stationär im Krankenhau­s aufgenomme­n, sagte Kluge. Ungefähr zwei Prozent der Infizierte­n müssten auf eine Intensivst­ation.

Die Gesamtzahl der Intensivpa­tienten mit Covid-19 sei derzeit „noch relativ moderat“.

Auch auf weiter steigende Patientenz­ahlen sei das Gesundheit­swesen vorbereite­t: „Es wird keiner in Deutschlan­d sterben, weil er kein Beatmungsb­ett bekommt. Das wird nicht passieren“, sagte Kluge. Freie Intensivbe­tten gebe es derzeit genug – der Engpass sei das Personal. „Der Pflegemang­el ist unser Hauptprobl­em.“Das sei schon vor Corona so gewesen. Wenn mehr Covid-19Patiente­n auf Intensivst­ationen behandelt werden müssen, müsse man Personal innerhalb der Klinik umverteile­n „und das führt zu einer Leistungse­inschränku­ng der übrigen Bereiche, das muss uns ganz klar sein.“

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