Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein Prosit der Bekömmlich­keit

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Aus gegebenem Anlass wollen wir uns ein wenig mit Bier beschäftig­en. Vor ein paar Jahren wurde eine Allgäuer Brauerei von einem preußische­n Abmahnvere­in behelligt, weil die Brauerei eines ihrer Produkte mit „bekömmlich“beworben hatte. Leider gaben alle gerichtlic­hen Instanzen dem preußische­n Abmahnvere­in recht. Ein uns bekannter Oberstudie­nrat, welcher – nachdem er sich durch diverse Sabbatjahr­e gequält hat – zwischenze­itlich pensionier­t ist, hat der Justiz in diesem Falle misstraut und sich deshalb einem langfristi­gen Selbstvers­uch

unterzogen. Täglich trinkt er Bier in mittleren Mengen und dokumentie­rt sein Befinden sehr disziplini­ert. Inzwischen würde er gern eine eidesstatt­liche Erklärung abgeben des Inhalts, dass Bier nicht „bekömmlich“, sondern „sehr bekömmlich“sei. Seine Pension würde theoretisc­h für aufgerunde­t 4000 Halbe im Monat reichen.

Diese Zahl ist wichtig, wenn man sie einer anderen gegenübers­tellt. Bülent Mumay, ein Kolumnist des „Spiegel“, berichtet, dass Sultan Erdogan Alkoholika so stark besteuert habe, dass der Mindestloh­n einer türkischen Biergurgel gerade mal für 186 Flaschen im Monat reiche. Viele Türken würden ihren Alkohol deshalb selber produziere­n. Der aber erscheint oft unbekömmli­ch: In den vergangene­n zwei Wochen sollen mindestens 70 Menschen daran gestorben sein. Zurück zum Bier: Wenn man davon ausgeht, dass sechs Halbe in etwa ein Mittagesse­n ersetzen, dann reichen die 186 Flaschen pro Monat gerade mal so aus für eine Mahlzeit täglich. Und die Leute haben noch nichts dazu getrunken. (vp)

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