Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Eine Stunde voll beglückender Musik
Die Stargeigerin Vilde Frang gastierte mit dem Kammerorchester Basel in Weingarten
WEINGARTEN - Wieder restlos ausverkauft war das Konzert im Weingartener Kultur- und Kongresszentrum mit knapp 300 Besuchern. Wenn in dieser schwierigen Zeit die Programme verändert und die Konzerte kürzer werden müssen, damit sie ohne Gefährdung der Künstler und des Publikums verlaufen, dann hat das auch einen positiven Effekt. Eine gute Stunde konzentrierter Musik kann intensiver sein als die üblichen anderthalb Stunden mit Pause und Bewirtung. Vor allem, wenn sich diese Stunde als so beglückend erweist.
Das Kammerorchester Basel mit seiner Konzertmeisterin Anne Katharina Schreiber und der norwegischen Violinistin Vilde Frang spielte zwei Violinkonzerte von Bach und Orchestermusik von Grieg; die ursprünglich geplante Streichersinfonie von Mendelssohn fiel aus Zeitgründen aus.
Das Ensemble musiziert im Stehen, die Cellisten auf Podesten, alle gruppieren sich um ein barockgrünes Cembalo, zu dem die dezenten Kleiderfarben einiger Musikerinnen abgestimmt sind, Reseda, Mauve, Nachtblau, eine Augenfreude. Auftritt Vilde Frang in einem brombeerfarbenen Satinkleid mit kurzer Schleppe, eine ebenso hoch gewachsene wie grazile Gestalt, der Geigenbogen wirkt wie eine natürliche Verlängerung des rechten Arms, die ganze Erscheinung beseelt ohne Allüre. Sie steht vor dem Orchester im Blickkontakt
zur Konzertmeisterin, dann entwickelt sich das bekannte Violinkonzert a-moll so, als hörte man es zum ersten Mal. Die Violine führt nie völlig dominant, sondern schmiegt sich in die Textur der Stimmen – so scheint Bachs ursprünglich für Cembalo gedachte Komposition durch die Solovioline hindurch. Auch in den eigenen Verzierungen hält Vilde Frang, 1986 in Oslo geboren und früh von Mariss Jansons entdeckt, immer ein barockes Maß ein. Ihr Geigenton ist beschwingt, ernst und doch gesanglich, im E-Dur-Violinkonzert genauso leichthändig gespielt wie präzis ausgearbeitet, einfach exzellent.
Inhaltlich fügten sich Bach und Grieg durchaus zusammen, denn Edvard Grieg wurde zu seiner Suite im alten Stil „Aus Holbergs Zeit“durch die Barockmusik angeregt und legte seine Suite ebenso in Tanzsätzen wie Sarabande, Gavotte oder Rigaudon an. Eine hinreißende Musik, anregend und von höchster Raffinesse, ohne vordergründige Effekte, sondern von anrührender Harmonik und seliger Melancholie, schwungvoll, ideenreich, tänzerisch. Die Air, ein Andante religioso nennt es Grieg, zerreißt einem zuerst das Herz, um es alsbald behutsam wieder zusammenzufügen. Und im Schlusssatz blubbern die Pizzicati fast perkussiv, fröhlich beschwingt. Auch mit diesem oft gespielten Stück machte das exzellente Basler Ensemble gleichsam noch einmal neu bekannt, das Publikum dankte mit langem herzlichen Applaus.