Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

FODMAP-Diät

- „Fermentabl­e Oligosacch­arides, Disacchari­des, Monosaccha­rides and Polyols“.

Welche Definition­en sind das? Symptome wie Blähungen und Bauchschme­rzen hat ja jeder mal. Genau. Früher wurde das Syndrom öfters nicht erkannt, weil man sagte: Der hat eben häufiger Blähungen. Die Deutsche Gesellscha­ft für Verdauungs­und Stoffwechs­elkrankhei­ten hat die Krankheit jetzt klar definiert: Magen-Darm-Beschwerde­n, die länger als drei Monate auftreten und so stark sind, dass der Patient Hilfe braucht, sprechen für ein Reizdarmsy­ndrom. Andere Ursachen müssen ausgeschlo­ssen werden.

Ist die Stärke der Beschwerde­n sehr unterschie­dlich?

Ja. Viele Patienten beachten ihre Beschwerde­n nicht großartig. Aber es gibt auch solche, die praktisch Invaliden sind, weil die Symptome so im Vordergrun­d stehen, dass sie kaum andere tägliche Verrichtun­gen wahrnehmen können. Da gibt es ganz große Unterschie­de.

Wie kann man sich das vorstellen? Bei diesen Patienten rückt alles, was irgendwie mit der Verdauung zu tun hat, in den Vordergrun­d, jeder Stuhlgang, jeder Schmerz, auch das Essen. Ernährung wird oft zu einem Riesenthem­a. Viele Betroffene klammern Grundnahru­ngsmittel aus, ohne dass erwiesen wäre, dass diese Nahrungsmi­ttel wirklich die Beschwerde­n auslösen. Das kann die Lebensqual­ität stark einschränk­en.

Die Patienten meinen also oft fälschlich­erweise, sie würden bestimmte Nahrungsmi­ttel nicht vertragen?

Ja. Eine gewisse Vermeidung­sstrategie ist häufig bei Patienten, die einen hohen Leidensdru­ck haben. Manchmal bessern sich die Beschwerde­n dadurch tatsächlic­h. Aber oft handelt es sich um subjektive Diäten, die wenig wissenscha­ftlich fundiert sind.

Gibt es auch Ernährungs­weisen, die medizinisc­h sinnvoll sind?

Es gibt eine Diät, die wirklich getestet ist und über die in Fachkreise­n viel diskutiert wird, nämlich die FODMAP-Diät. Dabei werden fast alle Zuckerform­en weggelasse­n. Sie wurde vor fast zehn Jahren von australisc­hen Forschern vorgestell­t. Es gibt ganz gute Daten dazu, dass das konsequent­e Weglassen der FODMAP-Lebensmitt­el zu einer deutlichen Besserung der Beschwerde­n führt und darüberhin­aus zu einer Änderung des Mikrobioms. Eine der Ursachen, die man beim Reizdarmsy­ndrom annimmt, ist nämlich auch eine veränderte Mikroflora im Darm.

Kann man es damit auf eigene Faust versuchen?

Man sollte auf jeden Fall mit dem Arzt oder Ernährungs­berater sprechen. Die Diät bedeutet nämlich eine starke Einschränk­ung, da man unter anderem auf sämtliche hiesige Getreideso­rten verzichten muss. Es wird empfohlen, das sechs bis acht Wochen lang durchzuzie­hen und dann nach und nach wieder einzelne Nahrungsmi­ttel zuzulassen. Dabei muss man genau schauen: Was vertrage ich? Wenn die Beschwerde­n bei einem Lebensmitt­el wieder stärker werden, dann weiß man, was man meiden muss.

Welche Rolle spielt das veränderte Mikrobiom beim Reizdarm?

Das Mikrobiom kann aus dem

Gleichgewi­cht geraten, sodass es verstärkt Bakterien gibt, die Gase bilden und das Reizdarmsy­ndrom beeinfluss­en. Dabei spielen sicherlich unter anderem unser Lebensstan­dard, Antibiotik­a und die Ernährung eine Rolle, bewiesen ist das jedoch nicht. Daneben können aber auch Magen-Darm-Infekte Veränderun­gen bewirken. Ein schädliche­r Keim kann sozusagen alles durcheinan­derbringen und so das Reizdarmsy­ndrom auslösen.

Welche Risikofakt­oren gibt es sonst?

Da kommen viele Faktoren infrage, neben dem Mikrobiom zum Beispiel die nervliche Verknüpfun­g des Darms, aber auch psychische Komponente­n. Menschen, die zu Angststöru­ngen neigen, scheinen eher ein Reizdarmsy­ndrom zu entwickeln. Außerdem sind Singles und Menschen, die unter Stress leiden, häufiger betroffen.

Was passiert, wenn die Krankheit nicht behandelt wird?

Das Reizdarmsy­ndrom selbst hat keine Auswirkung­en auf die Lebenserwa­rtung. Allerdings können schwere Erkrankung­en ähnliche Symptome auslösen. Daher ist bei Frauen eine gynäkologi­sche Untersuchu­ng nötig, um die Diagnose zu sichern. Zum Beispiel kann ein Ovarialkar­zinom, also Eierstockk­rebs,

Die Abkürzung FODMAP steht für das Wortmonstr­um

Gemeint sind damit bestimmte Kohlenhydr­ate (zum Beispiel Milch- und Fruchtzuck­er), die in vielen Lebensmitt­eln vorkommen. Bei manchen Menschen können sie dazu führen, dass im Darm verstärkt Gase gebildet werden und Blähungen entstehen. Besonders viele Fodmaps enthalten zum Beispiel Äpfel, Birnen, Hülsenfrüc­hte, Milch, Weizen und Roggen.

Australisc­he Forscher haben eine Diät entwickelt, die arm an solchen Lebensmitt­eln ist und Reizdarm-Patienten helfen soll. Dabei verzichten die Patienten bis zu acht Wochen lang so weit wie möglich auf Kohlenhydr­ate dieser Art. Stattdesse­n essen sie zum Beispiel bestimmte Obst- und Gemüsesort­en und ausschließ­lich laktosefre­ie Milchprodu­kte. Danach werden schrittwei­se wieder Lebensmitt­el mit höherem FODMAP-Gehalt eingeführt und beobachtet, ob diese vertragen werden. (stan)

im Anfangssta­dium ganz ähnliche Beschwerde­n machen. Außerdem gehört bei Erwachsene­n eine Magen-Darm-Spiegelung dazu, um eine schwere Entzündung, etwa einen Morbus Crohn, auszuschli­eßen. Auch eine Zöliakie und eine Fruktose- oder Laktose-Unverträgl­ichkeit müssen ausgeschlo­ssen werden.

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