Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Verschwund­ene Kinder und viele Helfer

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Nach einem erholsamen Nachmittag auf dem Schatzberg auf Gemarkung Langenensl­ingen stand der Heimweg für die sechsköpfi­ge Familie an. Da mit Kinderwage­n unterwegs, wählten die Eltern mit ihrem Zweijährig­en den bequemeren Weg zum Parkplatz nahe Billafinge­n. Der Neunjährig­e schloss sich ihnen an, während die „große Schwester“und der Sechsjähri­ge noch auf Mauern herumturnt­en und deshalb die kürzere und schnellere Verbindung nehmen sollten.

Allerdings: Sie waren nicht am Zielort. Andere Familien berichtete­n, die Zehnjährig­e und ihr Bruder seien ihnen in entgegenge­setzter Richtung begegnet. Der Vater machte sich auf den Weg, vergebens. Die Kinder waren wie vom Wald verschluck­t. Alle, die sich in der Gegend befanden, wurden über die vermissten Kinder informiert. Und so kam eine Frau angespurte­t, die sie gesehen hatte. Im Lauftempo ging es zurück, doch auch diesen Weg hatten die beiden verlassen, zielsicher, da sie glaubten, auf dem richtigen zu sein. Eineinhalb Stunden suchte die Familie, unterstütz­t durch andere, ihnen bislang völlig unbekannte Menschen. Sie gingen und fuhren Wege ab. Ohne Ergebnis. Es begann zu dämmern. Jetzt konnte nur noch die Polizei helfen und der Vater setzte einen Notruf ab. Der Einsatz eines Hubschraub­ers stand kurz bevor, als der erlösende Anruf kam. Die Geschwiste­r hatten irgendwann bemerkt, dass sie auf der falschen Fährte sind und das Mädchen, dank vieler Abenteuer-Geschichte­n gewappnet, entschied, den eingeschla­genen Weg stur weiterzuge­hen. Irgendwann müsse er ja aus dem Wald in ein Dorf führen, dachte es sich. Von einer kleinen Anhöhe aus entdeckten die Kinder endlich Lichter und so landeten sie nach rund zwei Stunden in Bingen. Die Menschen, die sie ansprachen, telefonier­ten nicht nur, sondern überrascht­en die Erschöpfte­n sogar noch mit Süßigkeite­n. Zu Hause war noch niemand, doch der Anruf bei der Polizei brachte für alle die erlösende Mitteilung: Die Kinder sind wohlbehalt­en aufgetauch­t.

Die Familienvä­ter aus Langenensl­ingen, die dem suchenden Papa bis zum Schluss beigestand­en hatten, chauffiert­en ihn jetzt sogar noch nach Bingen, um seine Kinder zu holen. Die saßen inzwischen im Streifenwa­gen und durften noch ein weiteres Abenteuer erleben. Die Beamten nämlich schalteten kurz das Blaulicht ein, nachdem sie erfahren hatten, dass mit dem Sechsjähri­gen ein Bub in ihrem Auto saß, der einmal ihr Kollege sein wollte und zwar beim Sondereins­atzkommand­o der Polizei. Wie „Disco“hat er es empfunden. (wawo)

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