Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Merkel appelliert an Bürger
Kanzlerin schließt weitere Einschränkungen über den November hinaus nicht aus
BERLIN (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am ersten Tag des coronabedingten Teil-Lockdowns dazu aufgerufen, die neuen Regeln zu befolgen. Sie zeigte Verständnis für den Unmut vieler Bürger über das erneute weitgehende Herunterfahren des öffentlichen Lebens – dies sei aber unabdingbar, um die Zahl der Neuinfektionen zu senken. Zugleich machte die Kanzlerin deutlich, dass es auf absehbare Zeit keine Rückkehr zur Normalität der VorCorona-Zeit geben könne.
„Ob diese große gemeinsame Kraftanstrengung etwas bringt im Monat November, das hängt nicht nur von den Regeln ab, sondern vor allem auch davon, ob diese Regeln befolgt werden“, sagte Merkel am Montag in Berlin in der Bundespressekonferenz nach einer Sitzung des Corona-Kabinetts. „Jeder und jede hat es in der Hand, diesen November zu unserem gemeinsamen Erfolg zu machen, zu einem Wendepunkt wieder zurück zu einer Verfolgbarkeit der Pandemie.“Wenn es gelinge, im November die Ausbreitung des Virus zu bremsen, „dann schaffen wir uns die Voraussetzung dafür, einen erträglichen Dezember zu haben, natürlich weiter unter Corona-Regeln (…), aber wieder mit mehr Freiraum“. Allerdings: „Es wird am 1. Dezember nicht die Normalität einkehren, wie wir sie vor Corona kannten.“Großveranstaltungen und Partys werde es während der gesamten vier Wintermonate absehbar nicht geben. „Dass es die großen, rauschenden Silvesterpartys gibt, das glaube ich nicht“, fügte sie hinzu. Die nun geltenden Einschränkungen seien hart. Es reiche aber jetzt nicht, halbherzige Maßnahmen zu ergreifen. „Das Virus bestraft Halbherzigkeit.“
In ganz Deutschland hat am Montag ein vierwöchiger Teil-Lockdown begonnen, der die zweite CoronaWelle brechen soll. Seit Mitternacht gilt in allen Bundesländern, dass Hotels und Restaurants, Kinos, Museen und Theater sowie andere Freizeiteinrichtungen weitestgehend geschlossen sind. Die Kanzlerin betonte, es gehe darum die Zahl der Kontakte im täglichen Leben auf ein Viertel zu verringern. Ziel sei es, die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz – also wie viele Menschen pro 100 000 Einwohner sich innerhalb einer Woche neu infizieren – deutlich zu senken. Aktuell liege dieser Wert bei 127,8. „Wir müssen wieder runter in den Bereich von unter 50“, sagte Merkel. Denn erst dann seien die Gesundheitsämter wieder in der Lage, Infektionsketten umfassend nachzuverfolgen und dann auch zu durchbrechen.
Merkel verteidigte die Schließung der Gastronomie im November und sagte den Betroffenen erneut schnelle Hilfe zu. Sie würden mit den Einnahmeausfällen nicht alleine gelassen, versicherte sie. Die Bundesregierung hatte bereits Nothilfen von zehn Milliarden Euro beschlossen. Die Hilfen sollten auch die Kultur erreichen, betonte Merkel.
Die Kanzlerin wollte sich nicht festlegen, wie es nach dem Teil-Lockdown im November weitergehen wird. Sie kündigte an, dass es am 16. November ein weiteres Gespräch mit den Ministerpräsidenten der Länder geben werde. Sollte sich herausstellen, dass die jetzt ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Zahl der Neuinfektionen stark zu reduzieren, seien womöglich auch zusätzliche Einschränkungen nötig.