Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Start mit vielen Unwägbarkeiten
Unter welchen Voraussetzungen die Eishockey-Oberliga am Wochenende in die neue Saison geht
LINDAU - Kurz gezittert haben Marc Hindelang und Bernd Wucher in den vergangenen Tagen schon noch einmal. Nachdem die Politik in der vergangenen Woche die Stilllegung des Amateursports beschlossen hatte, war noch nicht endgültig klar, ob die Eishockey-Oberliga zum Spitzenund Profisport gezählt wird und spielen darf oder nicht. Jetzt können der Präsident und der Vorsitzende der EV Lindau Islanders aufatmen. Seit Montag steht fest: Der Auftakt in die Oberliga-Saison 2020/21 am kommenden Freitag ist gesichert. „In solchen Zeiten ist man schon über derartige Botschaften glücklich“, sagt Bernd Wucher, der aber mit dieser Entscheidung gerechnet hatte.
Dass die Oberligisten in die Kategorie Spitzensport fallen, dafür haben die 26 Clubs der Staffeln Nord und Süd gemeinsam mit dem Deutschen Eishockey-Bund (DEB) bereits in den vergangenen Monaten hart gekämpft. Mit viel Engagement haben sie es geschafft, nachträglich noch in das staatliche Corona-Hilfspaket für den Profisport aufgenommen zu werden. Dieser Einsatz zahlt sich nun in gewisser Weise doppelt aus: Die Oberligisten bekommen finanzielle Unterstützung und dürfen spielen. „Wir sind sehr froh, dass diese OberligaSaison endlich beginnen kann. Wir haben viele Hindernisse nehmen müssen bis zu diesem Punkt“, sagt Hindelang, der EVL-Präsident und Vizepräsident des DEB ist.
Allerdings ist die Kuh noch längst nicht vom Eis. Dadurch, dass mindestens bis Ende November keine Zuschauer zugelassen sind, fehlen den
Clubs wichtige Einnahmen. „Das trifft alle Mannschaften hart“, sagt Hindelang, der nicht ausschließen kann, dass Vereine ohne die Eintrittsgelder in finanzielle Schieflage geraten könnten. „Das ist absolut denkbar. Inwieweit es gut geht, bleibt abzuwarten.“Der DEB-Vize teilt zudem die Sorge von Bernd Wucher, dass die ein oder andere Stadt ihr Eisstadion komplett schließen könnte, da sich ein Betrieb nur für die Profimannschaft und ohne Breitensport nicht lohnt. „Aber wir haben keinen Lockdown für ein halbes Jahr, sondern vorerst für vier Wochen. Ich erwarte von den Kommunen, dass sie die Eisstadien offen lassen. Für viele Standorte geht es ums Überleben“, betont Hindelang.
Auch stellt sich die Frage, inwiefern die Saison tatsächlich wie geplant durchgezogen werden kann. Die Beispiele der EV Lindau Islanders und des ECDC Memmingen, die bereits in der Vorbereitung in Quarantäne mussten, haben gezeigt, wie schnell es gehen kann, dass der Spielbetrieb wieder gestoppt werden muss. „Die unterschiedlichen Bewertungen durch die örtlichen Gesundheitsbehörden sind für uns ein großes Problem“, sagt DEB-Vize Hindelang. „Wenn die ganze Mannschaft in Quarantäne muss, nur weil ein Spieler in einer Halle mit einem Infizierten war, wird es schwierig. Das kann uns einige Spiele kosten.“
Klar ist schon jetzt, dass es keine normale Saison werden wird. „Wir sind immer darauf gefasst, den Modus in Abstimmung mit den Vereinen anzupassen“, sagt Hindelang. Schon vor dem Saisonstart steht fest, dass es keine Verzahnungsrunde mit der Bayernliga nach der Hauptrunde geben wird, da diese in den nächsten Wochen pausieren muss. Eine Alternative wird derzeit vom Verband und den Vereinen erarbeitet. Auch eine Verkürzung der Saison ist denkbar, sollte es aufgrund von Corona zu weiteren Einschränkungen kommen, etwa weil Mannschaften in Quarantäne müssen. „Es ist unser absoluter Wunsch, dass wir die Play-offs spielen können“, betont der DEB-Vizepräsident. Notfalls würden dafür weniger Spiele in der Hauptrunde stattfinden und gegebenenfalls der Play-off-Modus von Best-of-Seven auf weniger K.o.Spiele reduziert.
Die Clubs sind auf eventuelle Planänderungen vorbereitet. „Man weiß, dass sich sehr schnell alles ändern kann“, sagt EVL-Chef Bernd Wucher. „Aber wir haben uns klar dafür ausgesprochen, uns dieser Herausforderung zu stellen und notfalls zu reagieren.“Vorerst ist er einfach froh, dass ab Freitag endlich gespielt werden darf. „Am meisten freue ich mich für die Sportler. Sie können jetzt endlich loslegen und sehen, dass nicht alles umsonst war, was sie seit dem Sommer in die Vorbereitung gesteckt haben.“
Vor allem für die jungen Spieler sei es wichtig, endlich wieder aufs Eis zurückzukehren, meint auch Hindelang. „Wenn sie zu lange pausieren, werden viele Spieler in ihrer Entwicklung weit zurückgeworfen.“Auch für ihn ist es deshalb die richtige Entscheidung, jetzt zu starten. „Wenn der Sport nicht mehr stattfindet, verschwindet er aus der Wahrnehmung. Das müssen wir verhindern.“