Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Lufthansa will nur noch auf profitablen Strecken fliegen
Auf dem Luftfahrtgipfel am Freitag wollen nach den Airlines nun auch Flughäfen und Flugsicherung Milliardenhilfen vom Bund
FRANKFURT - Mit einem überraschend hohen Verlust von zwei Milliarden Euro hat die Deutsche Lufthansa das dritte Quartal abgeschlossen. Im eigentlichen Fluggeschäft schrieb sie zwischen Juli und September zwar nur 1,3 Milliarden Euro Miese, hinzu kamen jedoch Abschreibungen auf stillgelegte Passagierjets als auch Absicherungsgeschäfte für Treibstoff. Damit stand für die ersten neun Monate unter dem Strich ein Verlust von 5,6 Milliarden Euro bei einem Umsatz von elf Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr, als noch niemand an eine Corona-Pandemie dachte, hatte die Kranich-Airline in diesem Zeitraum noch eine Milliarde Euro Gewinn geschrieben und 27,5 Milliarden Euro umgesetzt.
Ein Ausblick auf das Gesamtjahr fiel Lufthansa-Chef Carsten Spohr schwer, sicher sei nur eines: Der Winter werde eine „enorme Belastung“für die gesamte Luftfahrt- und Tourismusbranche. So rechnet Lufthansa mit einer weiter niedrigen Nachfrage wegen der schnell steigenden Corona-Infektionen, der Lockdowns und der Reisebeschränkungen. Deshalb passt der Konzern seine Kapazitäten weiter an – auf maximal ein Viertel des Vorjahres. Es sollen nur Flüge angeboten werden, auf denen die Lufthansa keine Verluste einfliegt. Die Passagierzahlen dürften sogar auf unter ein Fünftel gegenüber 2019 sinken. Die Fluggesellschaft setzt auf ein weiter gutes Geschäft mit der Fracht, die auch in
Passagierflugzeugen transportiert wird. Diese Sparte war auch im dritten Quartal der einzige Lichtblick – mit einem Gewinn von knapp 170 Millionen Euro verhinderte sie einen noch höheren Konzernverlust.
Im Sommer war die Lufthansa von Deutschland, Österreich, der Schweiz und Belgien mit insgesamt neun Milliarden Euro gerettet worden. Davon waren Ende September 6,3 Milliarden Euro noch nicht abgerufen. Rechnet man diese ein, dann stehen Lufthansa aktuell noch 10,1 Milliarden Euro an liquiden Mitteln zur Verfügung. Das sollte reichen, ist Konzernchef Spohr überzeugt, um das nächste Jahr, notfalls auch den nächsten Winter zu überstehen. „Es gibt keine Notwendigkeit für Notverkäufe oder andere Maßnahmen”, versicherte Spohr.
Immerhin hat die Lufthansa inzwischen endlich gut zwei Milliarden Euro an Kunden erstattet, die ihre Flüge nicht antreten konnten. 230 Millionen Euro seien derzeit noch offen, sagte Spohr. Sparen will der Konzern auch weiter beim Personal. Die Kurzarbeitsregelung hilft dabei. Von den 138 000 Menschen, die vor der Krise bei Lufthansa beschäftigt waren, sollen zumindest noch 100 000 Jobs erhalten bleiben. 14 000 Stellen waren schon bis Ende September gestrichen worden, davon 2000 in Deutschland. Spohr hofft auf ein Entgegenkommen der Gewerkschaften. Für das Bodenpersonal hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Gespräche im August abgebrochen, sie werden nun wieder aufgenommen genau wie die mit der Pilotenvereinigung Cockpit. Nur die Flugbegleitergewerkschaft Ufo hatte bisher einen Krisenpakt mit dem Management abgeschlossen.
Auf dem Luftfahrtgipfel mit der Bundesregierung an diesem Freitag will Spohr darauf drängen, auf Schnelltests statt Quarantäneregelungen zu setzen, damit wieder mehr Reisen möglich werden. Zudem sollten die Corona-Regelungen für die Kunden verständlich sein und international einheitlich. Im Gespräch ist auch eine finanzielle Unterstützung der Flughäfen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will diese mit einer Milliardenspritze beglücken und hofft dafür auf die Zustimmung des Finanzministers.
Der Flughafenverband ADV verweist darauf, dass es schließlich der ausdrückliche Wunsch von Bund und Ländern sei, alle Flughäfen zur Absicherung der Versorgungsketten und für die zunehmenden Krankentransporte offen zu halten. Damit seien die Flughäfen Teil der Daseinsvorsorge, und das müsse honoriert werden. Wie sehr die Flughäfen leiden, das war am Mittwoch auch an den Zahlen des Flughafenbetreibers Fraport abzulesen: Nach neun Monaten schrieb der mehr als eine halbe Milliarde Euro Verlust.