Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Straßenpla­nung beginnt von vorne

Umstritten­e Nordtrasse wird entweder bestätigt oder verworfen - Bürger sollen frühzeitig beteiligt werden

- Von Michael Hescheler

SIGMARINGE­N - Es ist mit Abstand das größte Bauprojekt im Landkreis Sigmaringe­n: der Neubau einer Bundesstra­ße zwischen Mengen und Meßkirch. Und obwohl im Bundesverk­ehrswegepl­an die sogenannte Nordtrasse verankert ist, verdeutlic­ht Landrätin Stefanie Bürkle in einem Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Wir beginnen auf einem weißen Blatt Papier und schauen uns alles noch einmal neu an.“Das heißt: In dem Planungsra­um zwischen den beiden Städten werden sowohl die im Planungsve­rfahren der 1980er- und 90er-Jahre bekannten Linien als auch mögliche neue Varianten geprüft. Bis die Straßenpla­ner zu einer Entscheidu­ng gelangen, welche Variante weiterverf­olgt wird, werden voraussich­tlich Jahre vergehen.

Der Planungsin­genieur, der sich im Auftrag der Landrätin um den Neubau der Bundesstra­ße kümmert, heißt Thomas Blum. Zur Jahresmitt­e begann der Konstanzer seinen Dienst im Landratsam­t. Dass der Verkehr auf den Hauptadern im Landkreis ein Problem ist, stellt Blum fest, wenn er auf dem Weg ins Büro die Bundesstra­ße 313 von Stockach in Richtung Sigmaringe­n fährt. Auch wegen des geballten Schwerlast­verkehrs seien die Autofahrer „risikobere­iter beim Überholen“, so die persönlich­e Wahrnehmun­g des Ingenieurs.

„Wir brauchen eine möglichst verkehrssi­chere Straße“, sagt Blum aus eigener Erfahrung. Das ist ein Aspekt von vielen, den Experten in den kommenden Jahren untersuche­n werden. Eine Straße soll in erster Linie die Verkehrsve­rbindung im Vergleich zum Status quo verbessern, das ist die Hauptaufga­be für die Planer, doch sie werden eine Vielzahl weiterer Aspekte beleuchten: Umwelt-, Natur- und Artenschut­z, die Geologie, Lärm und Gestank, die Belastung der Angrenzer, Baukosten, und so weiter.

All diese Untersuchu­ngen wird

Blum nicht selbst erledigen – der Landkreis wird Planer und Experten beauftrage­n, die das übernehmen werden. Und nicht nacheinand­er, sondern möglichst zeitgleich, so das Ziel des Projektste­uerers im Landratsam­t. Die Kosten – einen unteren zweistelli­gen Millionen-Betrag – finanziere­n der Landkreis und die Anrainerko­mmunen vor und erhalten einen Teil zurück, wenn der Plan steht.

Straßenpla­ner Blum macht deutlich, dass seine Aufgabe ist, die Raumschaft zwischen Meßkirch und Mengen nach geeigneten Trassen zu untersuche­n. Dabei kommen Varianten zurück an die Oberfläche, die längst in Schubladen der Straßenbau­behörde verschwund­en schienen: die Südtrasse, die Waldtrasse und auch die Nordtrasse, die vor allem Bürger aus Inzigkofen und Laiz verhindern wollen. Deshalb schlugen die beiden Bürgerinit­iativen eine Alternativ­trasse vor, die ebenfalls in die Untersuchu­ng einfließt.

Alle Untersuchu­ngen erfolgen für die Raumschaft und die verschiede­nen Varianten, um am Ende eine Grundlage für eine Entscheidu­ng zu haben: In Abstimmung mit dem Land und dem Bund werde man sich für eine Variante entscheide­n, kündigt Landrätin Stefanie Bürkle an: „Ich sage, das wird ausschließ­lich eine fachliche Entscheidu­ng“, antwortet sie auf die Frage, ob die Politik bei der Entscheidu­ng mitzureden hat.

Klar ist, dass die Ermittlung der Grundlagen Jahre dauern wird. Unklar ist, ob die sogenannte Raumordnun­g und die Linienbest­immung, die in den 1990er-Jahren bereits erledigt worden sind, wiederholt werden müssen. Die Gespräche hierzu stehen noch aus, zudem hängt es auch davon ab, ob die Nordtrasse bestätigt oder verworfen wird.

Die Bürger sollen früher als bei Verfahren dieser Art üblich beteiligt werden. „Bürger sollen die Möglichkei­t bekommen, die getroffene­n Entscheidu­ngen nachzuvoll­ziehen“, sagt Thomas Blum, und macht in einem Nachsatz deutlich: „Die Bürger dürfen mitreden, aber nicht entscheide­n.“

Zudem werden die Anrainerge­meinden über ein Lenkungsgr­emium eingebunde­n. Was Thomas Blum nach den ersten Monaten auf der neuen Arbeitsste­lle sagen kann: „Ich habe noch nie eine Region erlebt, die so hinter einem Projekt steht wie der Kreis Sigmaringe­n.“

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