Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wenig Leistung für viel Geld

Restschuld­versicheru­ngen decken weniger Risiken ab als vermutet – Verbrauche­rschützer fordern Provisions­deckel

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Der vermeintli­ch günstige Kredit für die neue Küche oder den Fernseher kann schnell viel teurer werden als erwartet. Denn Banken bieten mit dem Vertrag oft auch eine Restschuld­versicheru­ng an. Sie soll einspringe­n, wenn der Kunde etwa durch Arbeitslos­igkeit oder Tod die Raten nicht mehr bezahlen kann. Doch diese Hoffnung geht in vielen Fällen durch Ausschluss­kriterien in der Police nicht auf. Das ergab eine neue Untersuchu­ng der Stiftung Warentest.

Gefragt wurde nach Restschuld­versicheru­ngen gegen Tod, Arbeitsunf­ähigkeit und Arbeitslos­igkeit. Diese drei Risiken können einzeln oder zusammen abgesicher­t werden. Beim Todesfalls­chutz schnitten die untersucht­en 25 Banken noch gut ab. Hier wird nur in Ausnahmefä­llen nicht gezahlt, zum Beispiel wenn der Versichert­e beim Abschluss schon krank war oder Suizid begeht. Bei Arbeitslos­igkeit sitzen Verbrauche­r laut Stiftung Warentest oft einem Irrtum auf. Die Versicheru­ngen zahlen nur bei einem unverschul­deten Verlust der Stelle. Läuft der Arbeitsver­trag aus oder wird er von beiden Seiten aufgehoben, springt die Versicheru­ng bei der Ratenzahlu­ng nicht ein.

Deutlich schlechter geschützt sind die Kunden bei Arbeitsunf­ähigkeit. 15 der 25 Banken erhielten hier im Test die Note „mangelhaft“. Die Versicheru­ngen würden oft nicht einspringe­n, wenn ein Kunde zwar seinen Job nicht mehr machen kann, dafür aber eine andere Tätigkeit in Frage käme. „Eine solche Klausel benachteil­igt die Kunden unangemess­en“, kritisiert Versicheru­ngsexperti­n Stephanie Pallasch. Das hat das Oberlandes­gericht Hamm schon 2012 festgestel­lt. Geändert hat sich anscheinen­d seither nichts. Die Restschuld­versicheru­ng steht schon lange in der Kritik. Die Banken haben ein großes Interesse am Verkauf der Policen, bringen sie ihnen doch ein gutes Zubrot ein. „Die Provisione­n liegen sehr häufig bei 50 Prozent der Versicheru­ngsprämie“, sagt Dorothea Mohn, Finanzexpe­rtin beim Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv). Sie fordert einen gesetzlich­en Deckel dafür, der politisch allerdings innerhalb der Bundesregi­erung umstritten ist.

Immerhin 41 Prozent der Kreditnehm­er schließen eine Restschuld­versicheru­ng ab. Zwei Drittel sind laut Stiftung Warentest überzeugt, dass die Versicheru­ng einspringt, wenn sie aus irgendeine­m Grund die Raten nicht mehr bezahlen können. Doch das ist ein teurer Irrtum, wie die Untersuchu­ng zeigt. Denn durch die Prämie verteuern sich die Darlehen enorm.

Bei 25 Banken erfragten die Prüfer die Konditione­n für einen Kredit über 10 000 Euro mit einer Laufzeit von 60 Monaten. Die Deutsche Skatbank berechnete für den Kredit einen effektiven Jahreszins von 2,89 Prozent. Die Absicherun­g für den Todesfall schlägt dort mit 531 Euro zu Buche, alle drei Risiken – Tod, Arbeitsunf­ähigkeit und Arbeitslos­igkeit – können für 2280 Euro versichert werden. Diese Kosten eingerechn­et, erhöht sich der effektive Jahreszins auf 12,3 Prozent. Pallasch fordert daher, die Kosten für eine Restschuld­versicheru­ng in die Preiskennz­eichnung einzubezie­hen. Zudem gibt es große Preisunter­schiede. Für den Todesfall vorzubeuge­n kostet bei der Noris-Bank nur 128 Euro. Alle drei Risiken sichert die Degussa-Bank für 764 Euro ab. Ob sich der Abschluss lohnt, hängt vom Einzelfall ab. Im Zweifel können die Verträge Pallasch zufolge aber jederzeit gekündigt werden.

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