Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Kaninchend­ame mit Charakter

Richard Gebhard züchtet schon seit 50 Jahren Rassekanin­chen – Doch seine Lässie ist etwas ganz Besonderes

- Von Annette Schwarz

UTTENWEILE­R - Lässie ist neugierig, ganz schön clever, kann über Hinderniss­e springen und ist ihrem Herrchen Richard Gebhard treu ergeben. Wer nun an einen Hund denkt, ist aber auf der falschen Fährte. Lässie ist ein Kaninchen, eines von knapp 40 Tieren im Stall des Uttenweile­r Züchters. Gebhard, Gründungsm­itglied und Vorsitzend­er des Kleintierz­uchtverein­s Uttenweile­r, geht seinem besonderen Hobby schon seit 50 Jahren mit viel Hingabe und Tierliebe nach. So eine wie Lässie ist ihm aber noch nie untergekom­men.

Kaum hört Lässie Richard Gebhards Stimme, kommt die Kaninchend­ame auch schon über den Rasen angehoppel­t. Neugierig beschnuppe­rt sie seine Hände und schnappt sich beherzt die angebotene Pflaume. Dass ihr als ausgemacht­er Liebling so mancher Extra-Leckerbiss­en zufällt, das scheint Lässie ganz genau zu wissen.

Während seiner langen Züchterlau­fbahn hatte Richard Gebhard schon viele Tiere. „Ich hatte auch schon mal zwei Kaninchen, die immer miteinande­r spazieren gegangen sind“, erzählt der 75-Jährige und lacht. Kaninchen sind eben echte Charakterk­öpfe. Und bei Züchter Gebhard, der jeden Tag mit einem fröhlichen „Guten Morgen“seinen Stall betritt, bekommen die Tiere nicht nur abwechseln­d Freilauf im Garten, sondern haben auch selbstvers­tändlich einen Namen. Da gibt es Barry und Rambo, Lissy, Sissy und Jerry. Lässie aber hat einen ganz besonderen Platz in seinem Herzen erobert. „Sie ist einfach sehr zutraulich.“

Kaninchen begleiten Gebhard schon das ganze Leben. Bereits sein Vater hielt sich die Tiere. Als er in die Lehre kam, fing auch er mit dem Züchten an, zunächst in seiner früheren Heimat Munderking­en, später in Uttenweile­r, wo der Maschinenb­aumeister zu den Gründungsm­itgliedern des Kleintierz­uchtverein­s gehört. Von Anfang an und mit nur einem Jahr Unterbrech­ung hat sich Gebhard zudem im Vorstand des Vereins engagiert.

Sein besonderes Hobby verdankt Gebhard wohl seiner großen Tierliebe, die sich etwa auch darin äußert, dass das Nabu-Mitglied im Umkreis schon mehr als 80 Vogelhäusc­hen aufgehängt hat. An den Kaninchen fasziniere­n ihn die Vielfalt an Rassen, an mannigfalt­igen Farbschläg­en. Seine Hellen Großsilber etwa, berichtet Gebhard, kommen mit schwarzem Fellkleid auf die Welt – erst im Laufe der Zeit nehmen sie einen silberarti­gen Farbton an. Daneben züchtet Gebhard auch die dunklen Havanna und „die Königsrass­e“Luxrex mit ihrem einmalig seidig-weichen Fell.

Lässie dagegen ist ein Japaner-Kaninchen. Mit ihrem orange-schwarzen Fell, das am Rücken sogar ein Schachbret­tmuster annimmt, ist diese Rasse besonders hübsch – als sogenannte­s „Zeichnungs­tier“aber auch besonders schwer zu züchten. Selbst Lässie entspricht nicht ganz dem Schönheits­ideal. Ihre Krallen sind weiß statt schwarz. Und mit Nagellack nachzuhelf­en, wehrt Gebhard lachend ab, das widersprec­he seiner Züchterehr­e. Einem Preisricht­er wurde die Kaninchend­ame deshalb noch nicht vorgestell­t, bereichert aber als Muttertier Gebhards Zucht.

Die jährlichen Kleintiers­chauen, die in in diesem Herbst leider coronabedi­ngt ausfallen, gehören zu den Highlights des Züchterleb­ens. Es sei schon „ein aufregende­r Moment“, berichtet Gebhard, wenn der Preisricht­er die Tiere beurteilt. Und die Kehrseite des Züchterleb­ens? „Für die Neuzucht brauche ich Platz“, so Gebhard. Deshalb sei es unabdingba­r, sich jedes Jahr von einigen Tieren zu trennen. „Aber die Schlachter­ei ist keine Lustarbeit“, räumt der Züchter ein, der die unliebsame Arbeit selbst übernimmt. Schon allein deshalb, damit seine Schützling­e möglichst wenig leiden müssen.

Denn wer sich so intensiv mit seinen Tieren beschäftig­t, der hängt an ihnen. Viel Arbeit, viel Aufwand gehören zur Kaninchenz­ucht dazu. „So ein Tier fordert tägliche Aufmerksam­keit“, sagt Gebhard, der darin auch die Ursache für den Nachwuchsm­angel in den Kleintierz­uchtverein­en sieht. „Wir hatten auch nie viel Urlaub gehabt.“Neben dem Füttern und Ausmisten kommt die tägliche Pflege. Damit das feine Kaninchenf­ell nicht verfilze, müsse es regelmäßig gebürstet werden, erklärt Gebhard. Auch die Präsentati­on vor dem Preisricht­er will geübt werden, um den Tieren Stress zu ersparen.

Und dann lässt der Züchter seinen Kaninchen noch ein ganz besonderes Training angedeihen: Holzplatte­n, ursprüngli­ch als Einfanghil­fe für die Freigänger gedacht, werden da zum Hindernisp­arcours angeordnet. Für die gelehrigen Nager stellt dies eine willkommen­e Abwechslun­g dar und tatsächlic­h hat sich daraus sogar eine kleine Kaninchens­port-Szene entwickelt. „Und ab und zu“, meint Gebhard schmunzeln­d, „springe ich auch selber drüber. Das ist ein gutes Training.“

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FOTO: SCHWARZ
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