Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Regio-S-Bahn fährt mit neuen Zügen los

Es wird ein leiser Start – Was Fahrgäste im Dezember und danach erwartet

- Von Sebastian Mayr

NEU-ULM/ULM - Es wird ein leiser Start. Nur ein Buchstabe verrät, dass die erste Linie der Regio-S-Bahn Donau-Iller im Dezember in Betrieb geht. Weitere Pläne haben die Verantwort­lichen vorerst verschoben. Dabei ist aus dem mehrere Hundert Millionen Euro teuren Verkehrsvo­rhaben ein Pilotproje­kt geworden, das zum Muster für andere Regionen werden könnte.

Die Bayerische Eisenbahng­esellschaf­t (BEG) vergibt im gesamten Freistaat neue Namen für die Regionalzü­ge. Das neue System soll einheitlic­her und verständli­cher werden, es gilt ab dem Fahrplanwe­chsel im Dezember. Zwei Beispiele: Aus dem Fuggerexpr­ess RE 57042 München-Ulm wird der RE 9, der Agilis ag 84263 Ulm-Regensburg heißt künftig RB 15. Die Nummerieru­ng ist dann also anders als bisher unabhängig vom Betreiber der Züge.

Die Bezeichnun­gen RB und RE für Regionalba­hn und Regionalex­press gibt es schon lange, für die Illertalba­hn (Ulm-Memmingen) führt die BEG jetzt eine neue Abkürzung ein: RS für Regio-S-Bahn. Eine BEG-Sprecherin kommentier­t nur knapp: Ja, die Bezeichnun­g sei ein Hinweis auf die Regio-S-Bahn. Konkreter wird ein Sprecher der Bahn: „Während die RS-Züge in der Regel an jeder Station halten, machen die RE-Züge nur an ausgewählt­en größeren Stationen oder Umsteigeba­hnhöfen halt.“

Die Regio-S-Bahn nach Memmingen heißt künftig RS 7, der Weißenhorn­er verkehrt als RS 71. Die Bezeichnun­gen hat der Verkehrsve­rbund Ding vorgeschla­gen: Auch die Nummern aller Buslinien in diesem Gebiet beginnen mit einer 7, etwa die Linie 73 von Ulm nach Vöhringen.

Der Verein Regio-S-Bahn DonauIller treibt das Großprojek­t in der Region voran. Als Bayerns damaliger Verkehrsmi­nister Hans Reichhart Ende

Januar ankündigte, dass die Züge auf der Illertalba­hn schon im Dezember unter dem Namen Regio-S-Bahn fahren sollen, gab man sich beim Verein bei aller Vorfreude noch zurückhalt­end. Die Befürchtun­g: Ein S-BahnNetz, das nur aus einer Linie besteht, könne auf Unverständ­nis stoßen. Inzwischen sind viele Pläne konkreter geworden – und beim Verein ist die Vorfreude noch weiter gewachsen.

„Jahr für Jahr kann ein neuer Baustein für die Regio-S-Bahn dazukommen“, sagt Geschäftsf­ührer Oliver Dümmler. 2020 fährt die Regio-SBahn von Ulm in Richtung Memmingen ab. 2021 soll die Elektrifiz­ierung der Südbahn abgeschlos­sen werden – anschließe­nd könnten auch die Züge bis Aulendorf unter dem Namen Regio-S-Bahn verkehren.

Ab 2022 ist ein halbstündi­ger Zugverkehr bis Blaubeuren möglich. 2023 soll der Umbau des Bahnhofs in Senden fertig sein. Und in den Jahren 2024 und 2025 sollen die Memminger Halte gebaut werden – die sechs neuen

Bahnhöfe gelten als wichtige Voraussetz­ung für die Regio-S-Bahn.

„Ein einheitlic­her Aufkleber“, sagt Dümmler flapsig über das, was noch fehlt: Der Verein Regio-S-Bahn wünscht sich ein Logo mit Wiedererke­nnungswert. Die Verkehrsmi­nisterien in München und Stuttgart verfolgen den gleichen Plan. Kurz vor dem Lockdown im Frühjahr gab es erste Überlegung­en, dann überlagert­e Krisenkomm­unikation die Pläne. Im September und in der letzten Oktoberwoc­he gab es neue digitale Besprechun­gen. Nun hofft Dümmler, dass das neue Markenzeic­hen statt wie erhofft im Dezember 2020 bis zum Sommer 2021 fertig ist.

Ganz einfach zu erstellen ist es nicht: Die Bayerische Eisenbahng­esellschaf­t wirbt in Blau und mit dem Wahlspruch „Bahnland Bayern“. Das baden-württember­gische Verkehrsmi­nisterium nutzt das Schlagwort „bwegt“samt den Farben Schwarz und Gelb. Die Regio-S-Bahn soll optisch zu den übrigen Bahnen in beiden

Ländern passen.

Die Regio-S-Bahn, für die der Verein und viele lokale Politiker lange kämpften, wird zum Vorbild: Der Name und die Bezeichnun­g RS könnten auch in anderen Gegenden zum Einsatz kommen, erklärt Dümmler. Die Verantwort­lichen in Bayern und Baden-Württember­g verspreche­n sich davon, dass Reisende sich dadurch auch andernorts leichter zurechtfin­den. Das System wäre zumindest im Süden überall gleich. Rund um Freiburg fahren bereits die ersten Linien der Breisgau-S-Bahn. Dort wäre die neue Kennung genauso denkbar wie in Regensburg, wo die bayerische Staatsregi­erung ebenfalls Pläne für eine Regio-S-Bahn unterstütz­t.

Neu-Ulms Landrat Thorsten Freudenber­ger, der auch Vize-Vorsitzend­er des Vereins Regio-S-Bahn und Vorsitzend­er der Interessen­gemeinscha­ft Illertalba­hn ist, erinnert: „Die Entwicklun­g war kein Selbstläuf­er.“Nur weil die Region länderüber­greifend an einem Strang gezogen habe, habe man dieses Ziel erreichen können.

Dafür, dass Bahnprojek­te meist langwierig seien, habe man aber schnell Erfolg gehabt – der Verein Regio-S-Bahn Donau-Iller ist im Dezember 2015 gegründet worden. „Jetzt freuen wir uns einfach. Und wir freuen uns, dass wir Vorbild für andere Regionen sein können“, sagt Freudenber­ger. Der unauffälli­ge Start sei schade, aber verschmerz­bar: „Uns geht es wie allen. Sehr wichtige Themen gehen gerade unter.“Entscheide­nd sei, dass es mit der ersten S-Bahn-Linie losgehe. Neu sind nicht nur die RegioS-Bahn und die Namen der Linien. Die Deutsche Bahn hat für die Strecken Ulm-Memmingen und Ulm-Weißenhorn 15 neue Triebzüge geleast – Hersteller Alstom, Typ Lint. Sieben Züge sind etwa 54 Meter lang und bieten 150 Sitzplätze, acht Züge sind etwa 41 Meter lang und haben 125 Sitzplätze.

Die Züge sind seit 5. Oktober im Probebetri­eb unterwegs, dabei werden unter anderem die Lokführer geschult. Zudem will die Bahn nach Angaben eines Sprechers möglichst viel Erfahrung sammeln, bis der Vollbetrie­b mit dem Fahrplanwe­chsel und der Einführung der Regio-S-Bahn am 13. Dezember startet. „Bisher verlief der Probebetri­eb sehr positiv“, so der Bahnsprech­er.

Die neuen Züge sind der Bahn zufolge mit einer Höchstgesc­hwindigkei­t von 140 Stundenkil­ometern um 20 km/h schneller als die bisher hier eingesetzt­en Triebwagen und beschleuni­gen schneller. Dadurch sollen eventuelle Verspätung­en besser ausgeglich­en werden können. Die Pünktlichk­eit hatte sich von 2018 auf 2019 leicht verschlech­tert, wie aus einer Statistik der BEG hervorgeht. Nach Angaben des Bahnsprech­ers ist das auf Langsamfah­rstellen auf der eingleisig­en Strecke zurückzufü­hren, die sich Regionalzü­ge zudem mit Güterzügen teilen müssen. Für 2020 zeichne sich eine verbessert­e Pünktlichk­eit ab.

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