Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Warum sich Festgeld lohnen kann
Dank Nullinflation erzielen verzinste Geldanlagen wieder reale Gewinne
RAVENSBURG - Eine Nebenwirkung der Corona-Krise sind sinkende Inflationsraten. Dies kommt Zinssparern zugute, denn dank Nullinflation erzielen verzinste Geldanlagen wieder reale Gewinne. Anleger sollten aber einige Punkte beachten. Laut Statistischem Bundesamt lag die Inflationsrate in Deutschland im September und Oktober bei minus 0,2 Prozent. Damit ist sie bereits das dritten Mal in diesem Jahr negativ, im Juli lag sie bei minus 0,1 Prozent. Haupttreiber für die sinkende Teuerung sind die gesunkene Mehrwertsteuer und niedrigere Energiepreise.
Realzins steigt: Für Zinssparer ist dies positiv, denn sinkende Inflationsraten verbessern ihre Renditeaussichten. Zwar verharren die nominalen Zinsen von Tagesgeldkonten und Festgeldanlagen auf niedrigem Niveau, aber die realen Zinsgewinne legen zu. Denn dank Nullinflation werden die Zinserträge nicht durch Kaufkraftverlust geschmälert. Unterm Strich bleibt mehr Nettoertrag übrig. Wer zum Beispiel 50 000 Euro als Festgeld bei der italienischen FCA Bank anlegt, bekommt bei 24 Monaten Laufzeit und einer aktuellen Verzinsung von 1,05 Prozent insgesamt 1050 Euro Zinsen. Pendelt die Inflationsrate weiterhin um den Nullpunkt, entspräche dieser Ertrag dem realen Gewinn.
Einlagensicherung: In Krisenzeiten ist eine hohe Einlagensicherheit wichtig. Italien gilt mit einem Länderranking BBB zwar als akzeptabel, die Stiftung Warentest ist jedoch trotz der EU-weit vorgeschriebenen Kapitalgarantie von 100 000 Euro je Sparer und Bank skeptisch. Die Verbraucherschützer empfehlen nur Banken aus EU-Staaten, die von den drei großen Ratingagenturen Fitch, Moody’s und Standard & Poor die Topbewertung AAA oder AA erhalten haben. Hierzu zählen neben Deutschland unter anderem die Niederlande, Schweden, Österreich und Frankreich. Bei einjähriger Laufzeit stechen zum Beispiel die Angebote von Bank 11 mit 0,55 Prozent sowie Merkur und Ziraat Bank mit 0,50 Prozent Zinsen heraus. Alle drei Geldhäuser sind zusätzlich Mitglied im Einlagensicherungsfonds der privaten Banken, so dass Einlagen weit über 100 000 Euro hinaus abgesichert sind. Bei zweijähriger Laufzeit bietet die Grenke Bank 0,75 Prozent, Leaseplan Bank und Klarna 0,65 Prozent Zinsen pro Jahr. Eine Einlage von 50 000 Euro erzielt nach 24 Monaten Gewinne von 750 beziehungsweise 650 Euro. Wer weiter sinkende Zinsen befürchtet, kann Geld länger festschreiben. Die französische Renault Bank direkt zahlt für vierjähriges Festgeld 0,95 Prozent.
Die Aussichten: Die Mehrheit der Analysten rechnet bis Ende 2020 mit einer Inflationsrate nahe Null. Einige sehen sie sogar weiter sinken. Erst im neuen Jahr, wenn die Umsatzsteuer wieder auf die vorherige Höhe steigt, dürfte die Inflation leicht anziehen. Ein Inflationsschub ist jedoch nicht zu erwarten. Die Experten des Internationalen Währungsfonds IWF rechnen für 2021 mit einer durchschnittlichen deutschen Inflationsrate von 1,2 Prozent.
Minuszinsen: Wer größere Beträge anlegen möchte, sollte prüfen, ob dies bei der jeweiligen Bank überhaupt möglich ist. Viele Geldinstitute nehmen höhere Beträge gar nicht mehr an oder berechnen Minuszinsen. Dies geschieht vereinzelt bereits ab 5000 oder 10 000 Euro.
Zinseszins und Steuern: Bei mehrjähriger Festgeldanlage ist es vorteilhaft, wenn die Zinsen nicht ausgezahlt, sondern wiederangelegt und mitverzinst werden – so entsteht ein Zinseszinseffekt. Die Stiftung Warentest hält Angebote für unseriös, die die Erträge ohne Zinseszins ansammeln und am Laufzeitende auf einen Schlag auszahlen. Das täusche eine falsche Ertragskraft vor, außerdem könne der Sparerpauschbetrag überschritten und die Zinsen steuerpflichtig werden, so die Verbraucherschützer von der Stiftung Warentest.
Kündigungsfristen: Sparer sollten nicht vergessen, ihr Festgeld rechtzeitig vor Fälligkeit zu kündigen. Wird dies verpasst, verlängert die Bank oder Sparkasse in der Regel das Geld zu aktuellen Konditionen für die gleiche Laufzeit.
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