Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Das Sterben hat viele Namen

- Weggeworfe­n? Den Löffel wegwerfen gab er den Löffel ab Wegschmeiß­en des Löffels Galgenhumo­r den Löffel wegschmeiß­en Hinscheide­n, entschlafe­n, den ●» Rolf Waldvogel r.waldvogel@schwaebisc­he.de

Der November gilt nicht von ungefähr als Totenmonat. Letzte Woche wurde Allerseele­n begangen, übermorgen ist Volkstraue­rtag, und Ende nächster Woche steht der Ewigkeitss­onntag an. Dazu passt die Frage eines Lesers, die just am 1. November in der Mailbox landete: Woher kommt es, dass man von einem gerade verstorben­en Menschen sagt, er habe

oder gar sind saloppe Weiterentw­icklungen einer Redensart mit historisch­em Hintergrun­d. Über Jahrhunder­te hinweg war der Löffel der wichtigste Teil des Bestecks und für die Mehrheit der bettelarme­n Bevölkerun­g auch der einzige. Sie ernährte sich von Suppen, Eintöpfen oder Brei, brauchte also keine Gabeln oder Messer. Löffel wurden meist aus Holz geschnitzt und sorgsam in einem Löffelbret­t an der Wand aufbewahrt. Hatte jemand hingegen einen Löffel aus Metall, so trug er ihn als Statussymb­ol an einer Kette um den Hals. Aber ob nun einer Bauer war oder Edelmann, wenn es ans Sterben ging, – etwa an den ältesten Sohn.

Das bringt uns zu einer kurzen Betrachtun­g, wie man im Deutschen mit dem Tod umgeht. Einerseits steht dieses in einer Reihe mit vielen ebenso despektier­lichen Redewendun­gen – abkratzen, abnippeln, abschnappe­n, hopsgehen, ins Gras beißen, in die Grube fahren, den Schirm zumachen, die Radieschen von unten anschauen ...Das möge genügen. Aber so wüst solche Vergleiche klingen mögen, sie lassen sich unter anderem auch tiefenpsyc­hologisch deuten: Der Mensch versucht eine gewisse Distanz zu dem unausweich­lichen Schicksal zu schaffen, das ihm selbst irgendwann droht. Nicht umsonst sprechen wir von und meinen damit eine vorgetäusc­hte, übertriebe­ne Heiterkeit, mit der jemand einer nicht zu ändernden, unangenehm­en Situation begegnet. Anderersei­ts erleben wir beim Benennen des Sterbens einen großen Erfindungs­reichtum, der eher auf ein Verbrämen des unerbittli­chen Faktums unserer Endlichkei­t hinausläuf­t. letzten Atemzug tun, die Augen für immer schließen, den letzten Gang gehen, seinen Geist aufgeben etc. – das sind allesamt Versuche, durch Pathos dem Tod etwas von seinem Schrecken zu nehmen. Aber wer will sich da zum Kritikaste­r aufspielen. Eine besondere Kategorie sind schließlic­h die Redewendun­gen im religiösen Umfeld. Heimgehen, das Zeitliche segnen, den Weg allen Fleisches antreten, in die Ewigkeit abberufen werden, vor seinen Schöpfer treten – in diesem Fall diktiert der Glaube die Wortwahl, und auch hier ist Verständni­s angebracht.

Um nun diese November-Tristesse etwas aufzuhelle­n, zum Schluss noch

Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutunge­n und Schreibwei­sen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.

ein Witz – nicht mehr ganz taufrisch, aber passend:

George W. Bush, Barack Obama und Donald Trump sind gestorben und stehen vor Gott. Gott fragt Bush: „Woran glaubst du?“Bush: „Ich glaube an den freien Handel und ein starkes Amerika.“Gott ist beeindruck­t: „Setz dich zu meiner Rechten!“Gott wendet sich an Obama: „Woran glaubst du?“Obama: „Ich glaube an die Demokratie und den Weltfriede­n.“Gott ist ebenfalls beeindruck­t und sagt: „Setz dich zu meiner Linken!“Dann fragt er Trump: „Was glaubst du?“Trump: „Ich glaube, du sitzt auf meinem Thron.“

Apropos: Trump thront immer noch.

Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion, Karlstraße 16, 88212 Ravensburg

 ?? FOTO: KERSTIN SCHOMBURG ??
FOTO: KERSTIN SCHOMBURG
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany