Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Tiefgründige Maschinenarbeit
Entwässerung für Gewerbegebiet Neufra und künftigen Lkw-Rastplatz: Herausfordernde Durchpressung
RIEDLINGEN - Die vorbereitenden Bauarbeiten für die Errichtung eines Lkw-Autohofs auf dem Gewerbegebiet Neufra an der Bundesstraße 311 gehen voran: Am Mittwoch und Donnerstag haben Bauingenieure und Facharbeiter rund 80 Meter Entwässerungsrohre unter der Trasse der Bundesstraße 311 und eines Bahndamms durchgepresst.
Unter Federführung des Bauunternehmens Beller aus Herbertingen bohrte das beauftragte Fachunternehmen RBS Bohrtechnik aus Österreich zunächst Stahlschutzrohre in einer Bodentiefe von 4,5 Metern horizontal in den Untergrund. Der Bohrkopf der Bohrpressmaschine trieb die Rohre in ost-westlicher Richtung voran. „Je nach Bodenkonsistenz geschieht das in der Regel mit 80 bis 250 bar. Unsere Maschine wird für jedes Projekt individuell aufgebaut und angepasst“, sagt Bohrmeister Ralf Butschl vorn der Firma RBS. Das Bohrmaterial, die Erde im Untergrund, wird aus dem Inneren der Rohre maschinell entfernt. Später werden Kunststoffrohre mit einem Durchmesser von etwa 300 Millimetern durch den Hohlkörper gezogen. Wasser, das sich in Zukunft auf dem versiegelten Teil des insgesamt 6,5 Hektar großen Grundstücks östlich der Bundesstraße 311 sammeln wird, fließt durch das neue Rohr in Richtung eines Kanals in der Nähe der Schwarzach ab.
Grundsätzlich gilt das Durchpressen von Rohren als Routinearbeit. Aber in dem schmalen Abschnitt zwischen Bundesstraße und
Schwarzach haben die Fachleute auf der Baustelle topografische Herausforderungen zu bewältigen. Denn die Abwasserohrleitung mit einem Gefälle von fünf Prozent muss sowohl die Bundesstraße als auch einen Bahndamm queren, an dem auch eine Gashochdruckleitung liegt. „Die Vorbereitungen waren aufwendig. Der Vorlauf für diese Bauarbeiten dauerten insgesamt sechs Monate“, erzählt Winfried Beller, Geschäftsführer des gleichnamigen Bauunternehmens. Er blickt in eine offene Pressgrube, die mit einer Stahlspundwand gesichert ist. Sie befindet sich nur einige Meter von der Fahrbahn der Bundesstraße und dem Bahndamm entfernt. Autos und Züge rollen vorbei.
Dort unten steht die Bohrpressmaschine im Schlamm in etwa zwei Metern Tiefe. Hier quillt das Grundwasser hervor, das mit Hilfe eines Dieselaggregats permanent abgepumpt wird. Jenseits der Bahntrasse wird ebenfalls an einer zweiten Pressgrube gearbeitet. „Normalerweise dürfen wir an dem Bahndamm nichts durchpressen. Wir haben allerdings eine Ausnahmegenehmigung der Deutschen Bahn erhalten“, erklärt Beller. Bahnmitarbeiter sind gekommen und laufen auf dem Gleisen herum, beobachten die Bauarbeiten. Sie messen aber auch in regelmäßigen Abständen, ob der Damm und Trasse infolge der Bauarbeiten Veränderung aufweist. Das ist nämlich unerwünscht. „Die Gleise dürfen sich nicht einmal um einen Millimeter absenken“, sagt Beller. Auch Sicherheitspersonal der Bahn sorgt dafür, dass die Regionalzüge ungehindert passieren.
Parallel zur eingleisigen Trasse zwischen Herbertingen und Riedlingen liegt auch eine Gashochdruckleitung, die in einem 90 Grad-Winkel auf die neue Abwasserleitung trifft. Ein Mitarbeiter des Gasnetzbetreibers Netze Südwest beobachtet das Baugeschehen: Er achtet darauf, dass die Abwasserrohre und die Arbeiter ausreichend Abstand zum Gasrohr halten. Nichts soll hier zu Schaden kommen. Immerhin wird das Gas hier mit einem Druck von 70 bar durch die Leitung transportiert.
Auch wenn die eigentlichen Press-Arbeiten innerhalb von zwei Tagen erledigt sind, war das Projekt logistisch aufwendig: Zunächst hatte das Unternehmen Beller eine rund 700 Meter lange Straße auf dem an der Baustelle angrenzenden Feld angelegt, damit Fahrzeuge von der Bundesstraße zur Pressgrube gelangen konnten. „Wir mussten 70 Zentimeter Schotter aufschütten. So konnte die 60 Tonnen schwere Maschine anrollen, um die elf Meter langen Stahlträger für die Spundwand in den Boden zu rammen“, sagt Joachim Holzheu, Projektleiter bei der Firma Beller. Schließlich mussten die Arbeiter auch den Aushub und eine ganze Menge Humus rund um die Baugrube entfernen. Diese Vorbereitungen für die eigentliche Durchpressung dauerten etwa zehn Tage. Nachdem die Baufirmen die Abwasserleitung verlegt hatten, füllten die Bagger die Pressgrube wieder mit Erde. Abschließend ist an dieser Stelle ein Schacht errichtet worden.
Nun liegt die Abwasserleitung – und somit sind die Erschließungsarbeiten für Autohof- und Gewerbefläche bis Ende des Jahres abgeschlossen. Beller will nun baldmöglichst den Autohof bauen und dafür Wasser, Strom, Straßen und Parkplätze bereitstellen. Der Lkw-Autohof, einschließlich Tankstelle, Duschen, Toiletten, gegebenenfalls ein Restaurant und Hotel, soll mit Hilfe eines Tankstellenbetreibers hochgezogen werden. „Wir haben bereits Fördermittelanträge beim Land eingereicht“, sagt Winfried Beller. Der AutohofStandort in der Nähe der sich kreuzenden Bundesstraßen 311 und 312 habe große Potenzial. Die Fläche des Autohofs soll verpachtet werden. Lkw-Fahrer hätten ein gutes Stellplatz-Angebot, er und Co-Investoren könnten Geld verdienen. „Wir ziehen dieses Projekt durch“, meint Beller.