Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Zu wenige Ärzte: Versorgungskrise bahnt sich an
Sigmaringer Kreisärzteschaft warnt vor Mangel – Altersdurchschnitt der Mediziner besorgniserregend hoch
SIGMARINGEN - Stau im Wartezimmer und gestresste, hektische Mediziner – das dürfte vielen Patienten bekannt vorkommen. Doch warum ist das so? Gefühlt scheint das Gesundheitssystem nicht erst mit dem Beginn der Corona-Krise unter Druck geraten zu sein. Lautet der Grund dafür tatsächlich Ärztemangel?
Ein Blick auf die Statistik schafft Klarheit: 2010 gab es nach Informationen der Kassenärztlichen Vereinigung noch 97 Hausärzte im Kreis Sigmaringen, 2020 waren es nur noch 83. Das entspricht einem Verlust von rund 15 Prozent. Da die Bevölkerung im Kreis nicht geschrumpft ist, bedeutet das auch für das Betreuungsverhältnis eine Verschlechterung in ähnlichem Ausmaß: 2010 kamen auf einen Allgemeinmediziner im Kreis 1355 Kreisbewohner, der Landesdurchschnitt lag bei 1501. Stand 2020 ist ein Hausarzt im Kreis Sigmaringen durchschnittlich für 1559 Patienten zuständig.
„Wir steuern auf eine schwere Krise zu“, sagt Dr. Bettina Boellaard, die Vorsitzende der Sigmaringer Kreisärzteschaft. „44 Prozent der Allgemeinmediziner im Kreis sind über 60, weitere 25 Prozent zwischen 55 und 60 Jahre alt – und es kommt einfach niemand mehr nach“, sagt sie. Es werde zunehmend schwieriger, Ärzte für den ländlichen Raum zu bekommen. Die Ursachen dafür sind vielfältig.
So arbeiteten derzeit 54 Prozent der Neueinsteiger im Arztberuf in Teilzeit. Mit ein Grund dafür ist nach Boellards Einschätzung der hohe Frauenanteil in der Branche: „62 Prozent der Studienabsolventen in der Medizin sind weiblich“, sagt Boellaard. Die Ursachen für den überproportionalen Frauenanteil seien im Bildungssystem zu verorten und bedürften einer grundlegenden Korrektur, so die Vorsitzende. Die Möglichkeiten,