Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Regionales Schlachten will keiner missen

Andere Betriebe sind aber rar gesät – Weshalb Metzger die eigene Schlachtun­g aufgeben

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Bleiben die Wurst- und Fleischthe­ken in Metzgereie­n jetzt leer? Diese Frage stellt sich für Verbrauche­r nach der vorläufige­n Schließung des Schlachtho­fs in Biberach. Metzger und Landwirte geben Entwarnung, weil die Branche nicht von einem Schlachtbe­trieb allein abhängig ist. Allzu viele Alternativ­en im näheren Umkreis bietet der Markt aber nicht. Denn viele Metzgereie­n haben die eigene Schlachtun­g aufgegeben.

Der Verein „Soko Tierschutz“hatte am Dienstag schwere Tierquäler­ei-Vorwürfe gegen den Schlachtho­f Biberach erhoben, die der Betreiber zurückgewi­esen hatte. Über mehrere Wochen filmten die Tierschütz­er heimlich in dem Betrieb. Das Landratsam­t hatte am Mittwoch in Absprache mit dem Ministeriu­m für Ländlichen Raum entschiede­n: Bis zur Klärung bleibt der Betrieb vorläufig geschlosse­n.

Welche Auswirkung­en das für Metzger haben wird, konnte der Obermeiste­r der Metzger-Innung im Landkreis, Steffen Ruess, am Donnerstag noch nicht konkret einschätze­n. „Mit dem Schlachtho­f Biberach sind erst noch Gespräche zu führen“, sagt Ruess. Neben Biberach gibt es weitere, größere Schlachthö­fe in Ulm und Mengen. Welches Innungsmit­glied wo schlachten lässt, sei jedem selbst überlassen, erläutert der Obermeiste­r. Zudem gebe es noch ein paar Mitglieder, die ihre Tiere selbst schlachten. Demnach sind die Metzger im Landkreis nicht von einem Schlachtho­f allein abhängig.

Trotzdem stellt die vorläufige Schlachtho­f-Schließung in Biberach die Branche vor eine Herausford­erung, will sie Verbrauche­r doch mit frischer Ware beliefern. In den meisten Fällen erhalten die Metzger das Fleisch am Tag nach der Schlachtun­g und verarbeite­n es entspreche­nd zu Wurst weiter beziehungs­weise verkaufen es direkt. „Wir arbeiten nicht mit Stabilisat­oren, um Fleisch und Wurst länger haltbar zu machen. Dadurch wollen wir uns von der Industrie abheben“, so Ruess. Die Zahl derer, die noch selbst schlachten, sei rückläufig, weil die Auflagen immer höher werden. „Für viele Kleinbetri­ebe ist das kaum darstellba­r, weil das mit sehr hohen Investitio­nen verbunden ist.“Deshalb würden sich viele dafür entscheide­n, in größeren Schlachthö­fen schlachten zu lassen: „Trotzdem achten wir auf die Fahrtwege und beziehen das Fleisch in der Regel regional.“

Der Schlachtho­f in Biberach habe auch für viele kleine Metzgereie­n die Schlachtun­g übernommen, sagt Gerhard Glaser, Kreisobman­n des Bauernverb­ands Biberach-Sigmaringe­n. „Mit Blick auf kurze Transportw­ege ist das ein hohes Gut.“Möglicherw­eise könnte die Versorgung mit regionalem Fleisch kurzfristi­g etwas schwierig werden, aber verhungern werde keiner. Sein Verband sei „entsetzt“über die Aufnahmen, die in dem Betrieb entstanden sein sollen. Man wolle sich ein eigenes Bild machen und die Behörden müssten die Vorgänge aufklären, erläutert der Landwirt: „Tierschutz ist mit uns aber nicht verhandelb­ar“. Einige Landwirte hätten sich bei ihm gemeldet, wohin sie Tiere jetzt bringen sollen. „Die notwendige beziehungs­weise gewohnte Ordnung muss möglichst schnell wieder hergestell­t werden“, so Glaser. Keine Alternativ­e sei es, die Tiere in weit entfernte Schlachthö­fe zu transporti­eren.

„Ich bin erschrocke­n über die Bilder und davon, dass so etwas bei uns passiert sein soll“, sagt der Biolandwir­t aus Mettenberg, Josef Weber. Dies sei ein schwerer Schlag für Landwirte, Metzger und Kunden, denen regionales Einkaufen wichtig sei. Der Grünen-Kreisrat sagt das auch mit Blick auf das Projekt „BioMusterr­egion“. Seit vergangene­m Jahr trägt der Kreis Biberach dieses Label und erhält Förderunge­n vom Land Baden-Württember­g.

„Wenn man ein Tier großzieht und artgerecht hält, ist die Schlachtun­g der schlimmste Moment. Aber auch der lässt sich stressfrei gestalten“, sagt Weber. Zudem wirke sich Stress bei der Schlachtun­g negativ auf die Fleischqua­lität aus. Er lasse seine Tiere seit Jahren im Gemeindesc­hlachthaus in Maselheim schlachten, das auch eine EU-Zulassung habe. Den Metzger dort teile er sich mit einem anderen Biobetrieb. Nach Bekanntwer­den möglicher Missstände im Schlachtho­f Biberach gehe es nun darum, eine Lösung zu finden: „Die kann aber nicht sein, dass wir im Landkreis Biberach in Zukunft keinen Schlachtho­f mehr haben“, so Weber.

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA

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