Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Politik fürs große Auto

Gutverdien­er werden laut Studie durch Verkehrspo­litik bevorzugt

- Von Hanna Gersmann

BERLIN - Teure E-Autos, steigende Abgaben für klimaschäd­liche Autos: Geht der Klimaschut­z im Verkehr zulasten der Ärmeren? Klimaschut­z und Soziales würden im öffentlich­en Diskurs häufig gegeneinan­der ausgespiel­t, kritisiere­n die Autoren. Dabei sei das aktuelle Mobilitäts­system an vielen Stellen sozial unausgewog­en und begünstige die Automobili­tät.

Das geht aus einer Studie hervor, die das Ökoinstitu­t im Auftrag des Nabu durchgefüh­rt hat. Ergebnis: Wer ein niedriges Einkommen habe, profitiere von vielen Vergünstig­ungen für Autofahrer kaum. „Dabei besitzen diese Menschen seltener ein Auto, fahren durchschni­ttlich weniger Kilometer und nutzen dafür häufiger umweltfreu­ndliche Verkehrsmi­ttel wie Bus, Bahn oder Fahrrad“, kritisiert die Vizepräsid­entin des Sozialverb­andes Deutschlan­d (VdK), Ursula Engelen-Kefer. Umwelt- und klimafreun­dliche Mobilität müsse aber keineswegs auf Kosten der Armen gehen – vielmehr müsse man bei den gutverdien­enden Autofahrer­n ansetzen.

Im Schnitt ist laut Studie jeder Deutsche am Tag 38 Kilometer unterwegs. Doch das Einkommen macht einen Unterschie­d, bei den Reicheren sind es 50 Kilometer. Das Gros der Haushalte in den oberen Einkommens­klassen (2500 Euro netto pro Person und mehr) hat zwei oder mehr PKW, von jenen in den untersten Einkommens­klassen besitzen hingegen mehr als 40 Prozent gar kein Auto. So profitiere­n Besserverd­ienende finanziell besonders von steuerlich­en Vorteilen für Dienstwage­n, von der Entfernung­spauschale, auch von Kaufprämie­n für Neuwagen. Die Autoren der Studie schreiben: „Es kommt letztlich zu einer Umverteilu­ng von unten nach oben.“

Mehr als 40 Prozent der Führungskr­äfte und mehr als 50 Prozent aller Arbeitnehm­er mit einem Jahreseink­ommen von mehr als 100 000 Euro hätten einen Dienstwage­n. Diese genössen steuerlich­e Vorteile, von denen Geringverd­ienende ohne Dienstwage­n ausgeschlo­ssen seien. Dann rechnet Ruth Blanck, eine der Studienaut­orinnen, vor: Frau Müller hat eine Führungspo­sition, ihr Jahreseink­ommen: 100 000 Euro. Der Arbeitgebe­r stellt einen Dienstwage­n, mit dem sie auch privat fahren kann. Es ist ein Audi A6 mit Dieselmoto­r. Würde sich Frau Müller dasselbe Auto privat zulegen, würde es sie einschließ­lich Wertverlus­t und Kraftstoff­kosten rund 17 400 Euro pro Jahr kosten, so sind es aber nur 13 302 Euro.

Vorschlag von Blanck: „Auch die private Fahrleistu­ng besteuern.“Zudem solle die Besteuerun­g umso höher ausfallen je höher der CO2-Ausstoß des Wagens ist.

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FOTO: SYLVIO DITTRICH/IMAGO IMAGES
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