Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Frage der Gerechtigk­eit

- Von Katja Korf ●» k.korf@schwaebisc­he.de

Wer ein niedriges Einkommen hat, bekommt auch kaum bei der Steuererkl­ärung etwa zurück – und geht bei der Entfernung­spauschale eher leer aus. Anders ist das bei jenen mit gutem Einkommen. Wieder

Fahrverbot­e in Stuttgart für alte Dieselfahr­zeuge? Kein Problem, kauft man sich eben ein neues Auto. Zu Beginn der Debatte um Fahrverbot­e in Stuttgart vertrat selbst Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) relativ unverhohle­n diese These. Erst im Laufe der Debatte ruderte er öffentlich zurück – „für normale Verbrauche­r ist ein Kraftfahrz­eug eine riesige Anschaffun­g“.

Das kann schon mal vergessen, wer sich wie viele Grünen-Wähler aus der Stuttgarte­r Halbhöhenl­age mit dem E-Boliden zum Unverpackt-Laden bewegt. Im reichen Südwesten können sich viele Klimaschüt­zer rechnet Blanck vor: Frau Huber, 60 000 Euro Bruttojahr­eseinkomme­n, wohnt im Speckgürte­l von München, pendelt 40 Kilometer an 220 Tagen pro Jahr mit dem Auto zur Arbeit. Für den Arbeitsweg kann sie

ihre Haltung auch leisten. Die Studie von VdK und Nabu zeigt: Wer gut verdient, profitiert sowohl von jenen Subvention­en, die dem Klimaschut­z zuwider laufen als auch von Zuschüssen etwa für teurere E-Autos. Das ist ungerecht. Die Politik in Bund und Land hat Verkehrspo­ltik bislang offenkundi­g ungerecht gestaltet. Dass muss sich ändern. Dazu zählt, Unterschie­de zwischen Stadt und Land zu berücksich­tigen. Außerhalb der Städte sind Bus und Bahn oft keine Alternativ­e. Wer Autofahren für alle teurer macht, bevorzugt die Städter. 2640 Euro als Werbungsko­sten in der Steuererkl­ärung angeben. Im Jahr 2020 bekommt sie dadurch 1109 Euro an Steuern zurück. Ab dem nächsten Jahr wird die Entfernung­spauschale angehoben. Das soll den CO2-Preis an Tankstelle­n ausgleiche­n. Bei Frau Huber werde er aber „überkompen­siert“, sagt Blanck – sie haben dann nochmal zwölf Euro extra.

Der Vorschlag hier: „Die Entfernung­spauschale im Falle der PkwNutzung halbieren – es sei denn, man benötigt mit dem öffentlich­en Verkehr 60 Minuten länger als mit dem Pkw“, sagt Blanck. In Norwegen und Schweden sind schon heute Fahrtkoste­n mit dem PKW nur absetzbar, wenn die Nutzung des öffentlich­en Verkehrs 120 Minuten länger dauert.

Was sonst noch besser zu machen wäre? In München seien die Preise für eine ÖPNV-Monatskart­e zwischen 2003 und 2017 um 74 Prozent gestiegen, heißt es in der Studie, der Preis für eine Stunde Parken aber gleich geblieben. Das müsse sich ändern, Parken teurer werden. Zudem solle es ein Bonus-Malus-System beim Kauf neuer Wagen geben – je klimaschäd­igender desto teurer die Zulassung. Familie könne man unterstütz­en – in Frankreich zum Beispiel werde der CO2-Aufschlag ab dem dritten Kind gesenkt, sagt Blanck, das sei aber begrenzt auf ein Fahrzeug.

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