Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Jugendarbeit in Corona-Zeiten
Haus Nazareth informierte Riedlinger Gemeinderat über Betreuung von Kindern und Jugendlichen
RIEDLINGEN - „Jeder ist willkommen“ist eines der Prinzipien der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Riedlingen, betreut vom Haus Nazareth Sigmaringen. Referatsleiter Klaus Kappeler und Sozialpädagogin Corinna Zeh gaben über sie vor dem Riedlinger Gemeinderat Auskunft. Krankheitsbedingt fehlte Erzieher Markus Wolf. Beide arbeiten zu je 50 Prozent für Riedlingen. Nicht gelungen sei bisher, Eugen Husch zu ersetzen, der die Hauptamtlichen bis Februar 2020 als Honorarkraft bei der aufsuchenden Arbeit unterstützt hat. Man sei jedoch um eine zeitnahe Lösung bemüht.
Sie, die „Gemeinwesenarbeit“, das Jugendhaus und die Freizeitangebote stellte Kappeler als die Bausteine ihrer Arbeit vor. Sie wollen den Kindern und Jugendlichen einen Ort bieten, an dem sie sich wohlfühlen. Die Freiwilligkeit ist oberstes Gebot. Man sei Ansprechpartner für alle Lebenslagen, was auch Corinna Zeh in ihren Ausführungen bestätigte. Während des Lockdowns seien die Besucherzahlen im Jugendhaus zurückgegangen, doch habe man Online-Kontakte gepflegt und Anliegen bei Spaziergängen beredet. Neben schulischer, beruflicher, familiärer, aber auch Beziehungs-Probleme habe die Corona-Pandemie mit Informationen über die Vorgaben für Gesprächsbedarf gesorgt. Angebote und Aktionen wurden über soziale Medien organisiert, wie ein Foto- oder Komplimente-Wettbewerb, eine Seifenblasen-Aktion. In dieser Zeit wurde täglich aufsuchende Arbeit geleistet, war zu hören.
Nach der Wiedereröffnung im Juni war die Zahl der Anwesenden zu reduzieren. Höchstens neun durften sich im Jugendhaus Trap aufhalten. „Das ist nicht einfach“, sagte die Sozialpädagogin. Ab Juli wurde es dann wieder großzügiger gehandhabt. Im Oktober wurden die Öffnungszeiten neu festgelegt und während der Herbstferien Rätselrunden organisiert, bis am 7. November die nächsten Einschränkungen kamen: maximale Besucherzahl zehn, Voranmeldung, Dokumentationspflicht,
generelle Mund-NasenSchutz-Pflicht. Das Angebot kann aktuell fortgesetzt werden, das Training im Boxraum jedoch nicht stattfinden. „Junge Menschen in Zeiten von Corona“ist das Ergebnis einer Fotoaktion.
Besucherzahlen nannte Zeh bis zum ersten Lockdown am 17. März 2020. Dienstags waren es durchschnittlich 18, donnerstags 20, freitags 24 und samstags 15 Jugendliche. Den Kids-Treff bildet eine konstante Gruppe von sieben Kindern. Es wird gebastelt, gebacken, gekocht. Spielenachmittage und Tischtennis- und Tischkicker-Turniere stehen auf dem Programm, Ausflüge, Seminare. Coronabedingt musste einiges gestrichen werden, so das Billardtraining.
2019 war das noch anders. Da gab es einen Workshop zur Gewaltprävention mit dem Rapper „Dizzepticon“. In Filmprojekten durften Jugendliche auf Schule in ihren Heimatländern hinweisen. Besonders spannend war für den Nachwuchs ein Roboter-Projekt. Er wurde zuerst zusammengebaut und dann programmiert.
Zum Thema Gemeinwesen nannte sie die Teilnahme an der Straßenfasnet und der Markungsputzete. Am Flohmarkt 2019 wurden Kaffee und Cupcakes angeboten und am Gallusmarkt und dem Sonntag davor schenkte die offene Jugendarbeit Einblick in ihre Räumlichkeiten.
Ein zweitägiges erlebnispädagogisches Seminar führte 14 Jugendliche nach Bad Saulgau. Teilhabe und Gemeinschaft erfahren waren die Themen in Zusammenarbeit mit der Schulsozialarbeit Herbertingen.
„Was bedeutet es ein Mädchen zu sein – Umgang mit Schönheitsidealen und Zukunftsgestaltung“nannte sich am selben Ort ein ebenfalls zweitägiges Seminar in Zusammenarbeit mit der Schulsozialarbeit Bad Buchau.
Mit einem erweiterten Sommerferien-Angebot hat das Haus Nazareth in diesem Jahr auf Corona reagiert und noch Kreativ-Nachmittage organisiert mit Lavendeldruck oder Töpfern.
Besonders interessiert verfolgten die Stadträte die Aussagen zur aufsuchenden Arbeit. Am Wochenende ist man – ergänzend zu der beauftragten Security – nach 21 Uhr unterwegs, immer in Absprache mit der Polizei. Schulen, Spielplätze, die Donauinsel, der Bauhof und der Stadtgraben, das Tennisheim und der Tourist- und Energy-Point werden hier angesteuert. Bekannten, aber auch unbekannten Leuten begegne man hier, sagte Corinna Zeh und offenbarte, bei über 18-Jährigen werde „das Gespräch schwieriger“. Als wichtig erachtet wird von den Sozialarbeitern die Netzwerkarbeit – mit Stadt, Polizei, Schulsozialarbeit, offener Kinder- und Jugendarbeit auf Landkreisebene.
2021 sollen wieder die Angebote stattfinden, die bislang erfolgreich waren. Außerdem hat sich die offene Jugendarbeit die Renovierung und Verschönerung des Jugendhauses vorgenommen.
Bürgermeister Marcus Schafft lobte den wertschätzenden Umgang mit den Jugendlichen und hörte seinerseits, dass nicht nur die Stadt, sondern auch die Mitarbeiter des Hauses Nazareth die Zusammenarbeit mit der Verwaltung schätzen.