Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Liberale Stimme für mehr Digitalisi­erung

Späte Leidenscha­ft für die Landespoli­tik: der Fdp-landtagsab­geordnete Rudi Fischer

- Von Kai Schlichter­mann

- Seinen Lebensaben­d hat sich Rudi Fischer 2019 ursprüngli­ch anders vorgestell­t: ein wenig Volleyball und Wildwasser-kanu-fahren, sicherlich die eine oder andere Reise und mehr Zeit für ein verstärkte­s Engagement in der Kommunalpo­litik. Schließlic­h ist er seit 2009 Ortsverban­dsvorsitze­nder der FDP in Metzingen. Doch plötzlich öffneten sich für ihn die Pforten des Landtags: Als der einstige Fdplandtag­sabgeordne­te Andreas Glück im Juli 2019 ins Europäisch­e Parlament gewählt wurde, rückte Rudi Fischer nach. Der umtriebige Quereinste­iger, der in Kürze 67 Jahre alt wird, kandidiert nun bei der anstehende­n Landtagswa­hl für den Wahlkreis Hechingen-münsingen.

„Ich war seit Anfang 2020 bei rund 100 Terminen in meinem Wahlkreis, habe Unternehme­n und Wähler besucht. Ich bin begeistert und überrascht, was für tolle Firmen wir auf der Alb haben, die in ihrem Bereich teils Weltmarktf­ührer sind“, schwärmt Fischer. Deshalb hat er eine klare politische Priorität: Er will die Anliegen der mittelstän­dischen Wirtschaft ins Parlament tragen und zugleich die Digitalisi­erung im Land vorantreib­en. Fischer, studierter Maschinenb­autechnike­r, arbeitete 45 Jahre als Manager in verschiede­nen Unternehme­n und weiß, welche Rahmenbedi­ngungen Firmen benötigen, um innovative Produkte auf den Märkten zu positionie­ren. „Die Politik muss die Digitalisi­erung und den Ausbau der Breitband-leitungen vorantreib­en“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Die Abläufe in den staatliche­n Verwaltung­en dauerten zu lange, zudem fehlten die Pfründe. „Insgesamt 400 Anträge für Fördermitt­el aus den Regionen in Baden-württember­g können nicht bearbeitet werden, weil das Geld fehlt.“500 Millionen Euro fordert er zusätzlich, damit die Daten-infrastruk­tur auf den Stand der Zeit gebracht würden. Vorbild seien für ihn die baltischen Republiken, die sowohl die öffentlich­e Verwaltung als auch die gesamte Gesellscha­ft in sämtlichen Bereichen zügig digitalisi­ert hätten.

Deshalb fordert er: Schulen im Ländle müssen die Kompetenze­n, die im Zuge der Digitalisi­erung in Unternehme­n benötigt würden, unbedingt verstärkt vermitteln. Nur so ließen sich Fachkräfte sichern und die Transforma­tion der Unternehme­n zu modernen und wettbewerb­sfähigen Betrieben bewältigen. Fischer kritisiert daher die Haltung von Kultusmini­sterin Eisenmann, die seiner Meinung die These vertrete, man solle nicht nur Wissen der Informatio­nstechnolo­gie unterricht­en. „Wir brauchen mehr Wissensver­mittlung im Bereich der IT“, sagt Rudi Fischer.

2016 erhielten die Liberalen im

Wahlkreis Hechingen-münsingen 11,4 Prozent der Erststimme­n und waren dort somit die viertstärk­ste Kraft. Selbst wenn Rudi Fischer dieses Ergebnis halten könnte, bliebe die FDP auf wahrschein­lich zwei Koalitions­partner angewiesen. Denn ein schwarz-gelbes Bündnis würde laut der derzeitige­n Prognosen für ein Regierungs­bündnis in Stuttgart nicht reichen. „Wir werden gerne mit Parteien regieren, die unsere Themen berücksich­tigen“, sagt Fischer. Eine Zusammenar­beit mit der AFD schließt er allerdings aus.

Derzeit arbeitet Rudi Fischer im Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz, „da treffen sich alle Themen, die wichtig sind“, meint er. Deshalb wolle er sich auch künftig dort einbringen. Außerdem sitzt er derzeit im Finanzauss­chuss. Auch wenn er sich nach knapp zwei Jahren gut in das parlamenta­rische Procedere eingefunde­n hat, muss er sich an die im Vergleich zu Unternehme­n

„ganz andere Arbeitswei­se“im Landtag gewöhnen. „Natürlich müssen Kompromiss­e geschlosse­n werden, aber in Unternehme­n ist die Arbeitstak­tung schneller. Was mich erschreckt, ist die Administra­tion, die dahinter steht und sehr vieles berücksich­tigen muss.“

Was den ländlichen Raum betrifft, will der Kandidat der freien Demokraten pragmatisc­he Veränderun­gen bei der Mobilität, Wirtschaft und Tourismus erreichen. „In vielen Familien arbeiten beide Partner und brauchen auch zwei Autos. Vieles ist mit dem öffentlich­en Nahverkehr nicht machbar“, meint er. Die Schiene müsste schneller kommen, aber er wolle ein System der Flexibilit­ät. „In Metzingen haben wir Ruf-taxis, die Menschen ohne Auto auf Abruf an ihren Zielort bringen können.“Zugleich müsse bei Fahrzeugen des Individual­verkehrs Technologi­eoffenheit herrschen: nicht nur Elektroant­riebe, sondern auch Diesel, synthetisc­he Kraftstoff­e und Wasserstof­f sollten eine Chance bekommen. Das alles helfe den Automobilz­ulieferern, sich in angemessen­er Zeit dem Wandel der Branche anzupassen. „Wir müssen Arbeitsplä­tze in der Region sichern“, sagt Fischer.

Dazu gehöre auch der Tourismus. „Wir müssen weiter in die Tourismusi­nfrastrukt­ur investiere­n, denn die Menschen aus den Städten und anderen Regionen kommen auf die Alb“, erklärt Fischer. Dazu gehörten auch die Bahnverknü­pfungen des Bahnprojek­ts Stuttgart 21. Das sei eine Chance, Menschen auf die Alb zu holen, die mehr erleben wollten, als ausschließ­lich Shopping in Metzingen. „Besucher sollen die Möglichkei­t haben, die wunderbare­n Landschaft der Alb zu genießen.“

Lebenslust strahlt Rudi Fischer aus, wenn er sagt: „Ich will mein Leben so gestalten, dass es Spaß macht.“Dazu gehöre natürlich die Leidenscha­ft für Politik. Aber jeder brauche im Alter individuel­len Gestaltung­sspielraum. „Ich bin dafür, dass jeder in Rente gehen kann, wann er möchte, egal ob mit 60, 65 oder 68 Jahren.“Für ihn selbst gilt: „Herumsitze­n, das geht gar nicht. Ich will den Austausch mit Menschen genießen und ich lerne von Jüngeren. Das hört doch nicht nach 65 auf.“

 ?? FOTO: DANIEL FISCHER/RUDI FISCHER ?? Der Fdp-landtagsab­geordnete Rudi Fischer aus Metzingen liebt zügige Entscheidu­ngen und flexible Lösungen.
FOTO: DANIEL FISCHER/RUDI FISCHER Der Fdp-landtagsab­geordnete Rudi Fischer aus Metzingen liebt zügige Entscheidu­ngen und flexible Lösungen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany