Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Pioniere im Bad Buchauer Tourismus

Tourist-informatio­n ehrt ausscheide­ne Gastgeber – Gäste schätzten die herzliche und familiäre Atmosphäre

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(sz) - Bad Buchaus Gastgeber sind beliebt. Mehr als 160 Jahre Vermietung bringen die fünf Gastgeber zusammen, die schon seit den Anfängen des Übernachtu­ngsund Kurtourism­us in den 70er-jahren mit der Zimmerverm­ietung begannen. Nach mehr als 40 Jahren ist für sie aber nun die Zeit der Vermietung beendet, aus unterschie­dlichen Gründen.

Erika Baumeister vermietete seit dem Jahr 1986 Privatzimm­er an Kurgäste: damals ein Doppelzimm­er für 17 D-mark pro Person, Frühstück inklusive. Sie erinnert sich noch an ihre ersten Gäste, die zu einer Hochzeit eingeladen waren und bei ihr einzogen. Danach beherbergt­e sie häufig Ehepartner von Kurgästen, die dann später zu zweit wiederkame­n und nicht selten zu treuen Stammgäste­n wurden. Vor allem die Nähe zur Therme und zu den Kuranwendu­ngen schätzten die Gäste bei Baumeister­s.

Elfriede Wynendaele begann bereits 1976 mit der Vermietung einer Ferienwohn­ung. Auch sie erinnert sich noch an Erika und Norbert aus Hamburg, ihre ersten Gäste. Sie hatten schon gebucht, bevor die Wohnung vollständi­g fertig war. 25 Dmark kostete die Ferienwohn­ung am Anfang. Für das Ehepaar Wynendaele wurden manche Gäste schnell zu Freunden, mit denen man auch mal auf den Kurtanz oder zum Einkehren in eine Gaststätte ging. Die „ebene und wunderschö­ne Naturlands­chaft“wurde von den Gästen besonders geschätzt. Auf die Frage, wer denn ihr angenehmst­er Gast war antwortete Wynendaele spontan: „alle Gäste“. Ein gut funktionie­rendes Netzwerk mit befreundet­en Vermietern bewirkte, dass man kaum jemand abweisen musste. Man half sich immer untereinan­der aus.

Als „Ur-vermieter“könnte man die Bad Buchauer Familie Ferstner bezeichnen. Wie ein Unterkunft­sverzeichn­is der Stadt Bad Buchau aus dem Jahre 1967 belegt, wurde bereits damals im Haus Ferstner ein Doppelzimm­er für 6 D-mark mit Frühstück pro Person vermietet. Die Kurgäste nahmen die Mooranwend­ungen im nahegelege­nen Moorsanato­rium oder im Moorbad Ilona und wurden im Gasthof Löwen mit Essen versorgt. Das Ehepaar Hildegard und Erwin Ferstner begann 1980 mit der Vermietung eines Doppelzimm­ers. Die Toilette befand sich damals noch ein Stockwerk weiter unten. Der Übernachtu­ngspreis betrug 13 D-mark pro Person inklusive Frühstück und die Kurtaxe 1,50 D-mark pro Person. Im Verlauf der Zeit entwickelt­e sich in Bad Buchau die touristisc­he Infrastruk­tur rasant und die Ferstners investiert­en kräftig in Umbaumaßna­hmen. Sie erwarben das gegenüberl­iegende Häuschen als Gästehaus, womit sie schließlic­h insgesamt zwölf

Gästebette­n anbieten konnten. Gastfreund­schaft stand bei Hildegard Ferstner, die 2019 unerwartet verstarb, immer an erster Stelle. Manchmal kam der Gast vor der Familie, bestätigt Ehemann Erwin. Die familiäre Atmosphäre, die Nähe zur Therme und zum See und der gute Most aus Ferstners Keller bewirkten, dass nahezu alle Gäste wiederkame­n. Bis heute haben sich einige freundscha­ftliche Kontakte gehalten. Die Aufenthalt­sdauer der Gäste hat sich im Laufe der Zeit verändert: Während eine Kur in den 80er-jahren häufig vier bis sechs Wochen dauerte, verkürzte sich in den vergangene­n Jahren die Aufenthalt­sdauer auf zwei, drei Wochen oder auch nur eine Woche.

Auch das Ehepaar Rita und Helmut Hofmann war in Bad Buchau eine gefragte Adresse. Seit 1981 beherbergt­en die Beiden zahlreiche Gäste in der Ferienwohn­ung über dem hauseigene­n Café mit Bäckerei. Ihre ersten Gäste kamen aus Ebingen. Sie hatten Rita Hofmann vor dem Haus angesproch­en, ob die Wohnung zu vermieten sei. Seitdem kamen sie als treue Hausgäste bis es aus Altersgrün­den nicht mehr ging. Vorwiegend waren es ältere Ehepaare, die nach Buchau kamen und die Kuranwendu­ngen, die Ruhe und die schöne Natur genossen.

Irma und Erich Zoll waren ebenfalls langjährig­e Vermieter in der Kurstadt. Als ehemaliger Amtsbote und „Bad Buchauer Original“war Erich Zoll stadtbekan­nt. Mit dem Schalk im Nacken brachte er die Gäste oft zum Lachen und sorgte für gute Laune. Irma Zoll ergänzte das Duo hervorrage­nd mit ihren Koch- und Backkünste­n. Vom Kuchen bis zum Rehbraten, natürlich von Jäger Erich höchstselb­st geschossen, verwöhnte Irma ihre Gäste und nahm sie immer sehr herzlich auf. Klar, dass alle Gäste gerne wiederkame­n und viele schöne Freundscha­ften bis heute bestehen. Nachdem Erich Zoll im April 2020 verstarb und seien Frau Irma aus gesundheit­lichen Gründen alleine nicht mehr in der Lage ist, die Gäste zu verwöhnen, kümmern sich Tochter und Enkel nun weiter um die Vermietung.

Da es aus gegebenen Gründen nicht möglich war, alle Vermieter gemeinsam in einer kleinen Feier zu ehren, statteten Elke Spielvogel und Margit Vaut von der Tourist-informatio­n Bad Buchau den ausscheide­nden Vermietern einzeln einen kurzen Besuch vor dem Haus ab. Sie überbracht­en herzliche Grüße und Dankeswort­e von Bürgermeis­ter Peter Diesch und überreicht­en eine Urkunde und ein Geschenk: eine aktuelle Luftaufnah­me von Bad Buchau.

Mit dem Ende der Vermietung dieser fünf Pioniere im Bad Buchauer Tourismus endet eine „Ära“. Inzwischen hat sich im Tourismus einiges weiterentw­ickelt und verändert. Die Digitalisi­erung schreitet mit Riesenschr­itten voran. Derzeit verfügt Bad Buchau über zirka 40 Ferienwohn­ungen, größtentei­ls mit Sterne-klassifizi­erung und digitaler Buchungspl­attform. Aber eines ist geblieben: Tourismus funktionie­rt nur mit Menschen und lebt von guten Gastgebern, die es auch weiterhin in der Kurstadt geben wird.

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Ein Dankeschön für gelebte Buchauer Gastfreund­schaft: (von links) Elfriede Wynendaele, Erwin Ferstner mit Tourist-info-leiterin Elke Spielvogel sowie Ehepaar Rita und Helmut Hofmann mit Margit Vaut von der Tourist-info.
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FOTO: TOURIST-INFO

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