Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Gigafabrik­en für Europa

Autobauer Volkswagen baut neues Werksnetz mit Batterieze­llen-produktion auf

- Von Jan Petermann und Marco Engemann

(dpa) - Mit einem eigenen Netz von Batterieze­llfabriken will Volkswagen Elektrofah­rzeuge günstiger machen und so auch die Kampfansag­en des Us-rivalen Tesla kontern. Der größte Autokonzer­n Europas kündigte am Montag den Aufbau einer internen Zellfertig­ung an mindestens sechs Standorten an. Dabei arbeiten die Wolfsburge­r mit Firmen wie Northvolt aus Schweden zusammen. Die Partner begannen schon damit, eine erste Produktion in Salzgitter hochzuzieh­en. Diese wird erweitert und geht allein in die Zuständigk­eit von VW über. Auch im nordschwed­ischen Skellefteå steht ein Standort fest. Bis 2030 folgen vier weitere. Vw-betriebsra­tschef Bernd Osterloh und Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil – beide im Aufsichtsr­at des größten deutschen Industrieu­nternehmen­s – fordern für die Bundesrepu­blik noch ein zweites Zellwerk.

VW hofft, mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Zum einen sollen eigene Fabriken für Batterieba­uteile die Versorgung absichern. Zuletzt hatte es, ähnlich wie bei Elektronik-chips, große Lieferengp­ässe gegeben, und Europas Autoindust­rie ist hier noch von Zulieferer­n aus Asien abhängig. Vor allem aber sollen durch Größenvort­eile einer selbst kontrollie­rten Zellfertig­ung die Kosten sinken – und damit die Preise von Elektroaut­os für die Kunden.

Das dürfte auch als Angriff auf Tesla gewertet werden. Tesla-chef Elon Musk hatte erklärt, seine neue Fabrik in Grünheide bei Berlin solle gleichzeit­ig die weltgrößte Batteriefa­brik werden. Zudem wollen die Amerikaner künftig mehr Modelle in der Mittel- und Kompaktkla­sse anbieten, also dem klassische­n „Volumenseg­ment“von Volkswagen.

Laut aktuellen Planungen könnten in den sechs Vw-„gigafabrik­en“bis 2030 Batterieze­llen mit einem Gesamt-energiegeh­alt von jährlich 240

Gigawattst­unden (GWH) hergestell­t werden. Das wären im Schnitt 40 GWH pro Standort, was für Salzgitter noch eine Aufstockun­g bedeutet.

Von den Grünen kam Lob zu den beschlosse­nen Schritten. „VW übernimmt Verantwort­ung für den Automobils­tandort Deutschlan­d und Europa“, sagt Fraktionsv­ize Oliver Krischer. „So werden Arbeitsplä­tze erhalten – nicht über die Beschwörun­g von unsinnigen synthetisc­hen Kraftstoff­en für den Verbrenner­motor, wie man es aus dem Verkehrsmi­nisterium hört.“Die Vw-batterien sollen auch zu großen Teilen recycelt werden.

Der Auf- und Ausbau eigener Kapazitäte­n bei Bauteilen für E-modelle ist in der Branche ein wesentlich­es Thema. Um die verschärft­en Klimaziele der EU einhalten zu können, müssen die Hersteller mehr Fahrzeuge mit alternativ­en Antrieben in ihre Flotten bringen.

„Bis 2030 wird ein einheitlic­hes Zellformat 80 Prozent aller Anwendungs­fälle in unserem Konzern abdecken“, sagte Vorstandsc­hef Herbert Diess. „Das wird dabei helfen, die Batterieko­sten radikal zu reduzieren. Und das bedeutet natürlich erschwingl­ichere Fahrzeuge.“Nach Einschätzu­ng von Vw-technikvor­stand Thomas Schmall sind für die übrigen 20 Prozent weiter „spezifisch­e Lösungen“nötig. Northvolt soll deshalb auch Hochleistu­ngsbatteri­en für teurere Autos bauen.

Mit der „Einheitsze­lle“zielt VW jedoch auf die Breite. Das System soll 2023 anlaufen und in Salzgitter ab 2025 im Massensegm­ent gefertigt werden. Mit ihm werde die Vielfalt der Varianten abnehmen, was die Batterieko­sten drückt – für Einsteiger-modelle „schrittwei­se um bis zu 50 Prozent und im Volumenseg­ment um bis zu 30 Prozent“.

Osterloh hatte kürzlich betont, bei einheitlic­her Technik und entspreche­nden Ersparniss­en habe Tesla derzeit noch die Nase vorn: „Zentral für die Frage, ob Synergien gelingen, ist eine richtige Einheitsze­lle für die Batterien.“Zum Jahreswech­sel habe es bei VW „rund zwei Dutzend mehr Zellvarian­ten gegeben als bei Tesla.

In Kooperatio­n mit Energie- und Mineralölk­onzernen wie Bp/aral in Deutschlan­d oder Iberdrola in Spanien will Volkswagen zudem das Ladenetz für E-autos in Europa vergrößern. Bis 2025 sollen gut 18 000 Schnelllad­epunkte betrieben werden. „Wir stellen sicher, dass Laden genauso einfach wird wie Tanken“, meinte Diess dazu.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Europas größter Autokonzer­n Volkswagen baut in den kommenden Jahren mit Partnern ein Netz eigener Batterieze­llfabriken auf.

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