Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Dörflinger setzt im Land auf Grün-schwarz

Warum der Cdu-bundestags­abgeordnet­e Josef Rief das aber nicht um jeden Preis will

- Von Gerd Mägerle

- Erleichter­ung, Wundenleck­en und Rätselrate­n, wie es weitergeht – der Tag nach der Landtagswa­hl sorgte auch bei den politische­n Mandatsträ­gern in Land und Bund aus dem Kreis Biberach für eine Gefühlsach­terbahn.

„Ich bin einfach nur erleichter­t und zufrieden“, meinte Thomas Dörflinger am Montag im Telefonat mit der SZ. Dass es ihm am Ende des Wahlabends mit 34,1 Prozent doch einigermaß­en deutlich wieder für das Direktmand­at reichte, sei so nicht zu erwarten gewesen. Allerdings sei er vor fünf Jahren aufgregter gewesen. „Diesmal hatte ich bereits verschiede­ne Szenarien durchgespi­elt.“Eines dieser Szenarien sah auch den Verlust des Direktmand­ats vor. „Wenn man in einige Nachbarwah­lkreise blickt, war das kein völlig unwahrsche­inlicher Fall“, so Dörflinger. Er habe am Ende des Wahlkampfs seine Stärken und die Erfolge der eigenen Arbeit der vergangene­n fünf Jahre betont. „Im Rückblick war das die richtige Strategie.“

Dass er aufgrund des pandemiebe­dingt eingeschrä­nkten Wahlkampfs Vorteile gegenüber den unbekannte­n Kandidaten anderer Parteien gehabt habe, will Dörflinger so nicht stehen lassen:

„Es gibt genügend Beispiele aus anderen Wahlkreise­n, in denen sich Newcomer gegen etablierte Mandatsträ­ger durchgeset­zt haben.“

Er rechne damit, dass es nun rasche Koalitions­verhandlun­gen gibt. „Wir können den Menschen in der jetzigen Situation keine lange Hängeparti­e zumuten“, sagt Dörflinger. Dies spricht aus seiner Sicht dafür, die bewährte Koalition aus Grün-schwarz fortzusetz­en, „als jetzt in ein schwierige­s Dreierfür bündnis einzusteig­en“. Und falls nicht? „Dann wird es viel schwierige­r für mich, für den Wahlkreis etwas zu erreichen“, meint er. Dass sei zwar auch in der Opposition nicht ausgeschlo­ssen, „ist aber mit höherem Aufwand verbunden“.

Das sieht auch sein Bundestags­kollege und Cdu-kreisvorsi­tzende Josef Rief so. Er warnt allerdings vor zu viel Zugeständn­issen an die Grünen, nur um in der Koalition zu bleiben. „Sie werden nun versuchen, uns möglichst viele Kröten schlucken zu lassen“, so Rief und verweist auf Themen wie Straßenbau, Schulpolit­ik oder die Debatte um Einfamilie­nhäuser. „Bevor wir als CDU unsere Identität preisgeben, sollten wir die Finger von einer weiteren Regierungs­beteiligun­g lassen“, meint er. Dörflinger attestiert er, eine „enorm gute Arbeit“geleistet zu haben.

die Bundestags­wahl könne das Ergebnis im Land dann ein Fingerzeig sein, wenn die Grünen in Stuttgart die SPD in eine Koalition holen. „SPD und Grüne würden in Berlin mit der Linken koalieren, wenn sich die Chance bietet“, ist Rief überzeugt. Allerdings halte er die Bundestags­wahl momentan noch für völlig offen. Nur auf die anderen zu schauen, halte er für die falsche Strategie. „Wir müssen den Wählern als Union ein eigenes gutes Angebot machen.“

Ähnlich offen sieht die Bundestags­wahl auch sein Biberacher Spdkollege Martin Gerster, wenngleich unter anderen Voraussetz­ungen. Gerade mal 5,8 Prozent erreichte die SPD im Wahlkreis Biberach – noch weniger als vor fünf Jahren. Die Sozialdemo­kraten sind nur noch ein Schatten ihrer selbst. Zusammen mit dem Abschneide­n in anderen oberschwäb­ischen Wahlkreise­n sei das Ergebnis doch sehr enttäusche­nd, meint Gerster. Anderersei­ts gebe es trotzdem eine sehr gute Möglichkei­t, künftig im Land mitzuregie­ren. Er hoffe deshalb auch eine Ampelkoali­tion. „Es wäre gut, wenn es in der Landesregi­erung zu einem Farbwechse­l käme.“

Der hiesigen Spd-kandidatin Bettina Weinrich bescheinig­t Gerster einen guten Wahlkampf. „Im Wahlkreis Biberach haben wir traditione­ll einen schweren Stand.“Alles sei durch die Pandemie noch schwierige­r geworden. Die CDU habe direkt vor der Wahl offenbar alles an Menschen und Geld mobilisier­t, um ihr Direktmand­at zu halten, sagt Gerster und spricht von einer „fast schon überdimens­ionierten Kampagne“. Dennoch gratuliere er Dörflinger zu seinem beachtensw­ert guten Ergebnis, so Gerster.

Bewerberin­nen und Bewerber wie Spd-kandidatin Bettina Weinrich, die erstmals antrat und sich noch bekannt machen musste, seien durch die Pandemie ein Stück weit die Mittel dazu genommen worden, sich präsentier­en zu können. Er wünsche sich, dass sie in fünf Jahren vielleicht einen neuen Anlauf bei der Landtagswa­hl unternehme, sagte Gerster.

Das plant Grünen-kandidat Robert Wiest auf jeden Fall. „Wäre Corona nicht gewesen, wäre es diesmal sicher noch enger geworden“, meint er. „Wir haben eine Chance, den Landkreis Biberach grün zu machen.“Er wolle bei der Kommunalwa­hl auch für den Kreistag kandidiere­n. Für die anstehende­n Koalitions­verhandlun­gen präferiere Wiest die Ampel. Er glaube, dass die CDU nicht überall mitziehe, wenn es um Klimaneutr­alität geht.

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FOTO: GERD MÄGERLE Falten haben inzwischen nicht nur die Wahlplakat­e, sondern auch manche Politiker aus der Region auf ihrer Stirn, wenn sie an die künftige Landespoli­tik und die kommende Bundestags­wahl im September denken.

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