Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Ein Bemühen ist nicht zu erkennen“
Schiedsrichterobmann Anton Guth zu Vereinen, zu Kritik und zur Zukunft der Gruppe
- Anton Guth ist vor zehn Tagen als Obmann der Schiedsrichtergruppe Saulgau bestätigt worden (die SZ berichtete). Guth bleibt für drei weitere Jahre im Amt. Doch der Riedlinger, der auch Bezirksobmann ist, hat seinen Rückzug in drei Jahren angekündigt. Sz-regionalsportredakteur Marc Dittmann hat mit Anton Guth darüber, aber auch über die Lage der Schiedsrichter im Allgemeinen gesprochen.
Die erste virtuelle Jahreshauptversammlung der Schiedsrichtergruppe ist Geschichte. Welches Fazit ziehen Sie?
In der jetzigen Zeit ist eine solche Veranstaltung nicht anders durchzuführen. Für eine erste virtuelle Hauptversammlung war die Beteiligung sehr groß. Natürlich muss man solche Veranstaltungen als Präsenz wieder durchführen, wenn es möglich ist. Für die Verantwortlichen sind Vorbereitung und Aufwand hier um einiges höher als bei einer Präsenzveranstaltung, als Beispiele seien nur Briefing und Vergabe der Wahlcodes genannt.
Wie sind Sie mit dem Votum zufrieden? Wie sehen Sie vor allem die Gegenstimmen?
Mit der Abstimmung bin ich im Großen und Ganzen zufrieden. Bei einem Onlinevotum ist die Hemmschwelle einfach geringer und bei so manchem Kameraden hat dies den wahren Charakter hervorgerufen. Enthaltungen und Gegenstimmen sind legitim. Diese Kameraden müssen sich jetzt zeigen und Vorschläge, Verbesserungen oder Änderungen vorbringen. Das war schon in den vergangenen drei Jahren nicht der Fall und wird auch jetzt nicht anders sein. Hauptsache gegen alles sein.
Sie haben Ihren Abschied in drei Jahren angekündigt. Was sehen Sie als Ihre Hauptaufgaben in den nächsten drei Jahren?
Einen geeigneten Nachfolger zu finden und diesen dann in die Geschäfte und Abläufe alsbald einzubinden. Natürlich auch die Gruppe in den nächsten drei Jahren weiterzubringen und das Laufende im Auge zu behalten. Es gilt die Gruppenstärke wieder zu stabilisieren, sodass wir weiterhin alle Spiele besetzen können. Dies gilt es vor allem durch Neulingskurse zu schaffen.
„Diese Kameraden müssen sich jetzt zeigen und Vorschläge, Verbesserungen oder Änderungen vorbringen“,
Die Schiedsrichtergruppe Saulgau wurde 2020 100 Jahre alt: Was bedeutet Ihnen das? Und wie und wann wird die Feier nachgeholt?
Ja, das 100-Jährige ist ein ganz besonders Fest. Wir sind die fünfte Schiedsrichtergruppe im Wfv-gebiet, die ein solches Jubiläum feiern kann. Stolz sind wir auf unsere 108seitige Festschrift, die wir zu diesem Jubiläum herausgebracht haben. Natürlich wollen wir diese Veranstaltung in diesem Jahr am Samstag, 11. September 2021 im Dorfgemeinschaftshaus in Friedberg in einem gebührenden Rahmen nachholen. Vorausgesetzt die epidemische Lage lässt dies bis dahin zu, was wir hoffen. Aber wir wollen keine Person gefährden. Ich hoffe, dass auch alle daran teilnehmen können.
Das Thema Gewinnung/erhalt bleibt ein Dauerthema: Denken Sie, die Vereine sind sich der Situation bewusst?
Den Vereinen ist die momentane Lage zwar bewusst, aber sie sehen momentan noch keine Not. Warum? Weil sie Woche für Woche Schiedsrichter zu ihren Spielen bekommen. Wie wir als Schiedsrichtergruppen dies schultern, ist eigentlich jedem egal. Dass hier Schiedsrichterkameraden aber von Freitag bis Sonntag auf den Sportplätzen stehen und Spiele pfeifen, interessiert die Vereine nicht. Hauptsache die Spiele sind besetzt. Dies sind meistens unsere älteren Schiedsrichter, darum sehen die Prognosen der Gewinnung und des Erhalts in den nächsten zwei bis drei Jahren sehr düster aus. Stand heute wird es schwer werden, in naher Zukunft alle Spiele mit geprüften Schiedsrichtern zu besetzen. Das bedeutet, dass wir die ersten Spiele in den unteren Jugenden sowie Reserven nicht mehr besetzen können und werden. Dieses Szenario wird sich dann in den kommenden Jahren bis in die höheren Jugenden und in die Kreisliga B ausweiten. Obwohl schon einige Vereine richtig zur Kasse gebeten werden, und Ausfallgebühren zahlen müssen, heißt es bei den meisten Vereinen: „Dann zahlen wir halt.“ sagt Anton Guth über die Gegenstimmen bei seiner Wiederwahl als Obmann.
Bemerken Sie ein Bemühen der Vereine, die ein Defizit haben, daran etwas zu ändern oder herrscht die Einstellung vor, es laufen zu lassen und die Einstellung zu haben zu zahlen? Und manche zahlen ja richtig viel Geld …
Nein, ein Bemühen der Vereine ist nicht zu erkennen. Die kommen dann eher noch und sagen: Jetzt haben wir ja die Ausfallgebühren bezahlt und jetzt haben wir Anspruch auf Schiedsrichter für unsere Spiele. Uns als Schiedsrichtergruppe bringt das ganze Geld nichts, denn uns fehlen weiterhin die Schiedsrichter. Wie soll das funktionieren, wenn uns diese fehlen. Geld für den Verband pfeift noch lange keine Spiele (die Ausfallgebühren gehen an den Württembergischen Fußballverband, nicht an die Schiedsrichtergruppe, d. Red.). Letztendlich spielt das Geld bei den Vereinen keine Rolle. Uns ist die momentane Situation auch bewusst. Niemand weiß, wie es weitergeht. Gerade in dieser Zeit müsste es möglich sein sich ein Bild im Verein zu machen und sich zu fragen „wie sind wir hier im SR- Wesen aufgestellt“. Bei manchem Verein müssten hier die Alarmglocken schrillen, denn es gibt Vereine, die haben gar keinen Schiedsrichter in ihren Reihen. Das wird dann richtig teuer. Unsere höherklassigen Vereine müssten sich Gedanken machen, was haben wir und was bräuchten wir an Schiedsrichtern. Denn so wie es im Moment bei einigen Klubs aussieht, werden diese richtig viel
Geld zahlen.
Gibt es Vereine, die auf Sie zukommen und fragen: Was können wir tun? Wie können wir es tun? Was können wir verändern?
Nein, wenn die
Vereine kommen, dann wollen sie was von mir. Letztendlich herrscht eine gewisse Gleichgültigkeit bei den Vereinen.
Welche Eigenschaften kennzeichnen die Vereine, in denen es für die Schiedsrichter gut läuft?
Eine gute Kameradschaft untereinander. Die Schiedsrichter werden im Verein anerkannt und wertgeschätzt. Außerdem hat der Verein einen Vereinsschiedsrichterbeauftragten, der sich um seine Schiedsrichter kümmert und nicht nur als „Alibi“auf der Liste steht und der seine Aufgabe mit dem bestmöglichen Engagement ausübt.
Ein weiterer Neulingskurs soll ab dem 30. März über die Bühne gehen: Wie viele Anmeldungen fehlen noch, um den Kurs durchführen zu können? Und welche Eigenschaften sollten die Interessenten mitbringen?
Es fehlen noch vier Anmeldungen, 15 Teilnehmer sollten es mindestens sein. Die Teilnehmer sollten Interesse für das Schiedsrichterwesen mitbringen. Vor allem muss Fußballwissen vorhanden sein. Die Vereine sollten nicht einfach wahllos durch den Verein gehen und dann Interessenten anmelden, die nicht einmal wissen, auf was sie sich einlassen. Den Interessenten müssen sie klar aufzeigen, auf was es ankommt, Attribute wie Zuverlässigkeit und Einsatzbereitschaft. Vor allem am Wochenende muss Einsatzbereitschaft vorhanden sein. Wir brauchen verfügbare Schiedsrichter, die eingesetzt werden können und auch mehr als die Sollzahl von 15 Spielen pfeifen. Die Vereine müssen sich im Klaren sein: Diejenigen, die sie uns zu den Kursen schicken, bilden wir aus und die pfeifen auch dann die Spiele, sie sind ein Aushängeschild des Vereins. Anfangs müssen die Schirineulinge lernfähig sein und nicht gleich nach den ersten Spielen schon wieder ans Aufhören denken, wenn es nicht so läuft. Wille, Ausdauer und Standfestigkeit sind gefragt.
„Anfangs müssen die Schirineulinge lernfähig sein und nicht gleich nach den ersten Spielen schon wieder ans Aufhören denken, wenn es nicht so läuft“,
sagt Guth über Neulingskandidaten.