Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Greensill-anlage: Noch ist nichts verloren
Verwaltung stimmt sich mit andern Kommunen ab – Finanzberater ist nicht aus Mengen
- Der Gemeinderat der Stadt Mengen ist in die Entscheidung über die Festgeldanlage der Kommune in Höhe von drei Millionen Euro bei der Greensill Bank AG in Bremen nicht involviert gewesen. Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“bestätigt Bürgermeister Stefan Bubeck, dass die Verwaltung für derartige Anlagen zuständig ist und dazu einen Anlagenberater hinzugezogen hat. Dieser komme nicht aus Mengen. Noch sei der Stadt kein Schaden entstanden, über die Höhe eines möglichen Verlusts entscheide das weitere Verfahren.
„Die Stadtverwaltung Mengen ist nicht fahrlässig mit dem Vermögen der Stadt umgegangen“, betont der Bürgermeister. Paragraf 89 der Gemeindeordnung regele im ersten Absatz, dass die Gemeinde durch eine Liquiditätsplanung die Verfügbarkeit liquider Mittel für eine rechtzeitige Leistung der Auszahlungen sicherzustellen habe. Dazu gehöre auch, Mittel anzulegen, bis sie endgültig verwendet werden. „Bei Geldanlagen ist auf eine ausreichende Sicherheit zu achten; sie sollen einen angemessenen Ertrag bringen.“So steht es in Paragraf 91, Absatz 2. Beide Bedingungen sind in den Augen von Bubeck erfüllt worden, sämtliche gesetzliche Vorgaben seien eingehalten worden. Bei der Auswahl der Greensill Bank sei ausschlaggebend gewesen, dass die Bank einen Standort in Deutschland habe, ein Arating vorweisen konnte und - soviel zu den „angemessenen Erträgen“im Gegensatz zu den regionalen Banken keine Negativzinsen verlange, sondern Zinsen in Höhe von 0,6 Prozent. Das hatte die Verwaltung bereits in einer Pressemitteilung am vergangenen Montag erklärt. Es sei vor allem darum gegangen, dass sich das Vermögen der Kommune nicht verringere.
Dass es für die Anlage in Höhe von drei Millionen Euro keine Einlagensicherung gibt, hat die Stadtverwaltung dabei in Kauf genommen wie auch rund 50 weitere Kommunen in Deutschland (darunter in Baden-württemberg Friedrichshafen, Neckarsulm, Bad Dürrheim, Weissach und Bötzingen). Bei ihrer Entscheidung haben der Bürgermeister und Kämmerer Holger Kuhn einen kommunalen Finanzdienstleister als Berater hinzugezogen. Dieser stammt nicht aus Mengen, wie viele Einwohner die Pressemitteilung zunächst interpretiert hatten. „Er hat seinen Firmensitz in einem anderen Bundesland und keinen örtlichen Bezug“, so Bubeck. Ob rechtliche Schritte gegen diesen Berater möglich sind, werde noch geprüft.
„Nachdem seitens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Strafanzeige gegen die Greensill-bank und gegen die Stuttgarter Wirtschaftsprüferkanzlei Ebner Stolz gestellt wurde, liegt es nahe, dass es sich bei der bevorstehenden Insolvenz der Greensill-bank um eines der größten Kapitalverbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte handelt“, glaubt der Bürgermeister. „Die Stadt Mengen wurde wie etwa 50 weitere Kommunen und das Bundesland Thüringen Opfer dieses Kapitalverbrechens.“Gleichwohl sei der Stadt aktuell noch keinerlei Schaden entstanden. Ob und in welchem Umfang der Stadt überhaupt ein Verlust entsteht, der gegebenenfalls nicht über eine Versicherung abgedeckt ist, werde das weitere Verfahren zeigen. Die Stadtverwaltung habe zu weiteren geschädigten Kommunen
und dem Land Thüringen Kontakt aufgenommen und befinde sich mit diesen in Abstimmung. Es bestehe die Absicht, gemeinsam mit einem Rechtsbeistand gegen die Greensill-bank und mögliche weitere Institutionen vorzugehen, um im Falle einer Insolvenz Ansprüche geltend zu machen. Darüber, wie sich der mögliche Verlust von drei Millionen Euro auf die Haushaltsplanung der Stadt auswirkt, möchte Bubeck angesichts den laufenden Verfahrens aktuell noch nichts sagen.
In einer Pressemitteilung hat sich auch der Bund der Steuerzahler zu Wort gemeldet. Er erinnert ebenfalls an die Gemeindeordnung, die den Sicherheitsaspekt von Geldanlagen betone, „und zwar noch vor der Ertrags-orientierung“.
Er kommt dabei zu einem anderen Schluss als Mengens Bürgermeister. „Wenn Kommunen ihr überschüssiges Geld bei einer kaum bekannten Bank wie der Greensill-bank“anlegen, erfordert das hauseigenes Expertenwissen, um die Risiken vollständig überblicken zu können – ein hundertprozentiger Verlass auf externe Berater oder die Positiv-einschätzung der Bafin genügt hierfür nicht.“Die betroffenen Kommunen seien nun gefordert Schadenersatzansprüche zu prüfen. „Vor allem muss in den Kommunen aber auch die jeweilige Anlagestrategie dahingehend hinterfragt werden, ob sie dem Sicherheitserfordernis entspricht“, heißt es.