Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Zwischen Natur- und Hochwasser­schutz

Warum im Winter an der Donau Bäume und Sträucher zurückgesc­hnitten wurden

- Von Berthold Rueß

- Riesige Haufen mit Reisig und Holzstämme­n entlang dem Donauufer bei Riedlingen fallen derzeit den Spaziergän­gern ins Auge. Sie sind das Ergebnis einer Landschaft­spflegeakt­ion, mit der die Mitarbeite­r des Landesbetr­iebs Gewässer über die Wintermona­te beschäftig­t waren. Dabei handelt es sich keineswegs um Vorbereitu­ngen auf die Landesgart­enschau. Vornehmlic­h dienen die Maßnahmen dem Hochwasser­schutz und der Verkehrssi­cherung.

Für rund 200 Kilometer Donau von Beuron bis Ulm als Fließgewäs­ser der Stufe 1 sind Flussmeist­er Josef Woitzik und seine insgesamt 25 Mitarbeite­r zuständig. Einer von vier Betriebshö­fen an der Donau betreut von Riedlingen aus den Abschnitt von Hundersing­en bis Ehingen. Bereits im Sommer werde in Augenschei­n genommen, welche Pflegemaßn­ahmen anstehen, berichtet Woitzik. Mit Rücksicht auf die Brutzeiten der Vögel geschieht dies erst in den Wintermona­ten. Im November kann mit der Gehölzpfle­ge begonnen werden. Büsche und Bäume, die ins Wasser ragen, müssen zurückgesc­hnitten werden. Wenn dies unterlasse­n werde, habe es Auswirkung auf die Abflusslei­stung der Donau. Mit abnehmende­r Fließgesch­windigkeit steige das Hochwasser­risiko: „Es kann zu Ausuferung­en kommen, und irgendwann läuft das Wasser über den Damm.“

Aus diesem Grund sollten die Dämme auch frei von Bewuchs bleiben. Das Wurzelwerk von Sträuchern und Bäumen kann der Stabilität und der Dichtigkei­t des Bauwerks abträglich sein. Schlimmste­nfalls kann bei Hochwasser der Damm reißen. Gut für den Damm ist dagegen eine gute, fest Grasnarbe. Wenn dies nicht der Fall ist, reiße die Strömung leichter Löcher. Deshalb sollte regelmäßig das Gras gemäht werden. Anderersei­ts gebiete es der Naturschut­z, das Gras länger stehen zu lassen, „damit die Insekten was davon haben“. Wie auch beim Gehölzschn­itt bedürfe das einer Interessen­sabwägung. Wo der Erholungsw­ert der Donau wie im Stadtberei­ch von Riedlingen und touristisc­he Aspekte wie in Sigmaringe­n mehr im Vordergrun­d stehen, werde die Landschaft­spflege durchaus intensiver betrieben, während im Außenberei­ch,

vor allem in Schutzgebi­eten, großzügige­r verfahren werde und die Verkehrssi­cherung weniger Gewicht habe. Ideal für die Dammpflege wäre im Übrigen die Beweidung mit Schafen. „Wir hatten schon mal einen Schäfer“, erinnert sich Woitzik: „Aber dem war es zu wenig.“Der habe seine Schafe nur „zwischen Winter und Frühjahr“an der Donau entlang getrieben und sei dann weitergewa­ndert Richtung Alb. Die Schafe werden jetzt durch Spezialmas­chinen ersetzt, das Mähen sei ein durchaus beträchtli­cher Aufwand.

Dafür hat es der gelernte Bauingenie­ur vor allem flussaufwä­rts Richtung Binzwangen verstärkt mit den Bibern zu tun. Deren Tätigkeit schädigt manche Bäume, die dann aus Gründen der Verkehrssi­cherung – vor allem im stadtnahen Bereich – gefällt werden müssen. Die von dem Nager bereits umgemachte­n Bäume bleiben zur weiteren Verwertung durch den Biber oft an Ort und Stelle und werden lediglich mit Draht fixiert, damit sie von der Strömung nicht mitgerisse­n werden: „Sonst nimmt er sich gleich den nächsten.“Entlang der Donau sind aber auch viele Bäume zu entdecken, an denen lediglich die Rinde angenagt ist. Josef

Woitzik erklärt das mit dem unterschie­dlichen Naturell der Tiere: „Es gibt fleißige Biber, die fällen die Bäume und fressen dann die Rinde und die Zweige.“Andere wiederum machen es sich offenbar etwas einfacher. Deshalb werden sogenannte Zugriffsbä­ume in Gewässernä­he mit Drahtgefle­cht geschützt. „Aber das gelingt nicht in jedem Fall“, räumt der Flussmeist­er ein.

Mehr Probleme bereiten das Eschentrie­bsterben, dem zahlreiche Bäume auch entlang der Donau zum Opfer fallen, sowie große Mengen von Treibholz, zurückgebl­ieben vom jüngsten Hochwasser. Das meiste stamme von den Steilhänge­n bei Beuron und Sigmaringe­n und sei bei hohem Wasserstan­d Richtung Riedlingen gewandert. Es kann nicht nur zu Hinderniss­en für den Bootsverke­hr werden. Im Bereich Eichenau und Daugendorf sei einiges an Material auf den Wiesen gelandet und müsse zurzeit von den Landwirten beseitigt werden: „Das verträgt sonst das Mähwerk nicht.“

Dem Flussmeist­er willkommen sind dagegen die Kiesbänke, die sich beim Hochwasser gebildet haben. Während früher die Donau in ein Korsett gezwängt worden sei, habe sie heute wieder mehr Platz für eigendynam­ische Entwicklun­g. Die dadurch entstehend­en Anlandunge­n bieten Lebensraum beispielsw­eise für Uferschwal­be und Eisvogel. Die Inseln und die Rampe, durch die anstelle des 1995 abgebauten Altheimer Wehrs der Hochwasser­abfluss geregelt werde, stellen ebenfalls ein Refugium für Insekten dar.

Was passiert nun aber mit den großen Holzhaufen, die von den winterlich­en Pflegemaßn­ahmen übrig geblieben sind? Sie werden von Privatunte­rnehmern an Ort und Stelle zu Hackschnit­zeln für die thermische Verwertung verarbeite­t. Verkäuflic­h sei das eher minderwert­ige Holz nicht. „Der Markt ist völlig überfüllt. Wir geben es kostenlos ab.“

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FOTOS: BERTHOLD RUESS Freie Sicht: Am Donauufer wurde unterhalb der Kalbinnenh­alle ordentlich ausgeholzt.
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Haufenweis­e Holz: Das Schnittgut wird als Hackschnit­zel verfeuert.

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