Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Eine Menge Holz
Sägewerksbetreiber fordern erneut Schadenersatz in Millionenhöhe vom Land
- Im Streit um die Holzvermarktung in Baden-württemberg droht dem Land weiteres Ungemach. In einem weiteren Zivilverfahren fordern 58 Kläger aus dem Südwesten oder grenznah zu Baden-württemberg ansässige Sägewerksbetreiber, deren Rechtsnachfolger oder Insolvenzverwalter Schadenersatz von mindestens 83,5 Millionen Euro vom Land. Das teilte eine Sprecherin des Landgerichts Stuttgart mit.
Es ist bereits die zweite Klage in dem Zusammenhang. Im ersten Verfahren haben die Kläger Kartellschadenersatz in einer Gesamthöhe von mehr als 261 Millionen Euro geltend gemacht. Auch hier soll das Land Baden-württemberg zahlen. Der Prozess wird am 1. Juli vor der 30. Zivilkammer verhandelt. Er ist schon länger anhängig.
Hintergrund ist folgender: In den Jahren 1978 bis 2016 vermarktete das Land Baden-württemberg in Absprache mit den jeweiligen Eigentümern Rundholz aus Wäldern, die im Eigentum baden-württembergischer Gemeinden oder Privater standen, wie das Gericht mitteilte. Ebenfalls mitvermarktet wurde Holz aus dem landeseigenen Staatswald.
Bei der Klägerin im ersten Verfahren handelt es sich nach eigenen Angaben um eine registrierte Inkassogesellschaft, die sich entsprechende Schadenersatzansprüche von insgesamt 36 Betrieben verschiedener Größenordnung – vom Einzelkaufmann bis zur Aktiengesellschaft – im Zusammenhang mit Rundholzbezügen aus Baden-württemberg in den Jahren 1978 bis 2016 hat abtreten lassen. Für diese in der Sägeindustrie tätigen Unternehmen habe die Holzvermarktung des Landes deutlich überhöhte Einkaufspreise zur Folge gehabt, so ihre Argumentation.
Das zuständige Agrarministerium gibt sich auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“wortkarg. Ein Sprecher des Ministeriums sagte: „Wir können bestätigen, dass zwei Schadenersatzklagen gegen das Land Baden-württemberg in Sachen Rundholzvermarktung erhoben wurden.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir darüber hinaus mit Blick auf laufende Verfahren keine Auskünfte erteilen können.“
Das Bundeskartellamt hatte die umstrittene Praxis im Jahr 2015 mit einer Verfügung stark eingeschränkt. Der Bundesgerichtshof hob die Verfügung und ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf dazu im Juni 2018 jedoch wegen Fehler im Verfahren auf – ohne zu entscheiden, ob ein Verstoß gegen das Kartellrecht vorliegt. Inzwischen hat das Land eine Reform der Forstverwaltung auf den Weg gebracht, die auch den Rückzug aus der Vermarktung von Holz aus Privat- und Kommunalwäldern zur Folge hatte.