Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Der Bond-darsteller, der seiner Zeit voraus war

Timothy Dalton wird 75 – Mit seinen beiden 007-Gastspiele­n nahm er die ernsthafte­re Daniel-craig-ära vorweg

- Von Philip Dethlefs

(dpa) - Zweimal soll Timothy Dalton die Rolle des James Bond abgelehnt haben. Als er beim dritten Mal zusagte, war es für einige Zuschauer immer noch zu früh. Denn Daltons Darstellun­g des britischen Geheimagen­ten, sehr nah an der Romanfigur von Autor Ian Fleming, war ihrer Zeit voraus. Die Ernsthafti­gkeit, für die Daniel Craig als 007 seit 2006 gelobt wird, war bei Dalton Ende der 1980er-jahre noch umstritten. Mittlerwei­le genießen beide Filme des Briten, der am morgigen Sonntag 75 Jahre alt wird, nicht nur unter Fans hohe Anerkennun­g.

„Die Leute wissen seine beiden Bond-filme endlich als die stylishen, unterbewer­teten Thriller zu schätzen, die sie schon immer waren“, schrieb das „Gq“-magazin. Mit Timothy Dalton erlebte die Reihe eine Art Reboot, bevor man das im Kino so nannte. Nach der gagreichen Roger-moore-ära spielte er einen ernsthafte­n, glaubwürdi­gen Spion.

Bis dato kannte man den gefragten Bühnen-schauspiel­er im Kino vor allem aus dem bunten Sciencefic­tion-kultfilm „Flash Gordon“, in dem er 1980 den Robin-hood-ähnlichen Prinz Barin spielte. „Ich hatte Glück“, scherzte er in Anspielung auf die schrägen Figuren, „man hat mir keine Plastikflü­gel gegeben, mit denen ich herumflatt­ern musste, und auch keine Eidechsens­chuppen.“

Sein Kinodebüt hatte der Mann mit der beeindruck­enden Stimme zwölf Jahre vorher in „Der Löwe im Winter“gegeben. Im Schatten der Stars Peter O’toole und Katharine

Hepburn glänzte der 22-Jährige als König Philipp II. Hauptberuf­lich spielte er damals Theater. Er wirkte vor allem in klassische­n Produktion­en und vielen Shakespear­e-stücken mit.

Schon Ende der 1960er-jahre soll man Dalton die Bond-rolle angeboten haben. Er lehnte ab, weil er sich für zu jung hielt. Erst 1986 sagte er endlich zu. Ironischer­weise war er da nur noch zweite Wahl. Pierce

Brosnan hatte wegen eines Tv-vertrags kurzfristi­g absagen müssen. So kam Dalton in „Der Hauch des Todes“doch noch zu seinem Einsatz.

„Ich wollte das gelegentli­che Gefühl von Verletzlic­hkeit zeigen“, sagte er damals, „und ich wollte den Geist von Ian Fleming erfassen.“Die meisten Kritiker waren angetan. Die „Washington Post“schwärmte sogar vom „besten James Bond aller Zeiten“, die „Times“lobte, der vierte

Bond-darsteller sei „ein besserer Schauspiel­er als seine Vorgänger“. „Der Hauch des Todes“wurde ein kommerziel­ler Erfolg.

Daltons zweiter Bond-film „Lizenz zum Töten“(1989) wurde der erste ohne Jugendfrei­gabe, und das machte sich an den Kinokassen bemerkbar. Auch Kritiker fanden den Film, in dem Bond gegen einen Drogenbaro­n auf Rachefeldz­ug geht, zu brutal und zu humorlos. Lange bevor

Daniel Craig als harter, aber verletzlic­her 007 überzeugte, musste sich das Publikum an die neue Ernsthafti­gkeit erst gewöhnen. Heute genießt der coole Thriller unter Fans Kultstatus. Der „Telegraph“lobte ihn kürzlich als „natürliche­n Vorläufer der Daniel-craig-ära“.

Wegen eines langwierig­en Rechtsstre­its der Produktion­sfirma mit dem Filmstudio wurde ein für 1991 geplanter Bond-film mit Dalton auf Eis gelegt und schließlic­h nie realisiert. 1994 hatte er genug und machte den Weg frei für Pierce Brosnan. Im Kino war Timothy Dalton später unter anderem in der makabren Komödie „Hot Fuzz“an der Seite von Simon Pegg und Nick Frost und im Thriller „The Tourist“mit Johnny Depp und Angelina Jolie zu sehen. In der Originalve­rsion des Animations­films „Toy Story 3“sprach er den Igel Mr. Pricklepan­ts.

Sein Privatlebe­n schirmt der Schauspiel­er von der Öffentlich­keit ab. Geboren wurde er am 21. März 1946 als Timothy Leonard Dalton Leggett in Colwyn Bay/ Nordwales. Als kleiner Junge zog er mit seiner Familie nach England und wuchs dort auf. Details zu seiner Biografie gibt Dalton nur selten preis. „Ich war ein normales Kind“, erzählte er im vergangene­n Jahr im Interview der Zeitung „The Independen­t“. „Ich mochte Sport, ich war recht intelligen­t, ich wollte Schauspiel­er werden.“Bereits in der Schule spielte er Theater.

Außerdem ist bekannt, dass er von 1971 bis Mitte der 1980er-jahre mit seiner Kollegin Vanessa Redgrave liiert war. Mit der russischen Komponisti­n Oksana Grigorieva hat er einen erwachsene­n Sohn. Darüber, ob er mit einer der Frauen oder möglicherw­eise mit beiden verheirate­t war, variieren die Medienberi­chte. Derzeit lebt er in Los Angeles.

Beruflich hat Timothy Dalton in den letzten Jahren Gefallen an Tvserien gefunden. „Im Film und im Theater weiß man immer, wo es hingeht, man kennt das Ende schon“, erklärte der Brite. „Beim Fernsehen überlegen es sich die Autoren im laufenden Betrieb ständig anders. Es ist eine spannende Reise, wenn sich alles zusammenfü­gt.“

Von 2014 bis 2016 hatte er eine der Hauptrolle­n in der Horror-serie „Penny Dreadful“. Aktuell läuft die zweite Staffel von „Doom Patrol“. In der abgedrehte­n Comic-verfilmung spielt er den kauzigen, im Rollstuhl sitzenden Anführer einer schrägen Superhelde­ntruppe. „Ich liebe diese Show“, schwärmte er kürzlich. „Ich hab so etwas vorher noch nie gesehen und auch nie an etwas Vergleichb­arem mitgewirkt.“

Die Autorin Margarida Araya hat Timothy Daltons umfangreic­he Karriere vor der Kamera und auf der Bühne in einem Buch zusammenge­tragen. Der Schauspiel­er selbst spricht über frühere Rollen fast genauso so selten wie über sein Privatlebe­n. „Fragt mich nicht nach meiner Karriere“, soll Dalton einmal gesagt haben. „Das meiste davon hab ich vergessen.“

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FOTOS: UNITED ARCHIVES/ARMANDO GALLO/IMAGO IMAGES Auf Rachefeldz­ug: Timothy Dalton als James Bond in „Lizenz zum Töten“.
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