Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Streich steht als Ablenkung „für Hansi zur Verfügung“

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Trainer Christian Streich (Foto: dpa) vom SC Freiburg sieht sich nicht als ernsthafte­n Kandidaten für das Amt des Bundestrai­ners. „Heute gibt es so viele Nachrichte­nportale, da muss auch irgendwas über mich stehen, ich bin ja schließlic­h Bundesliga­trainer“, kommentier­te der 55-Jährige die Gerüchte. Die Diskussion erübrige sich beim Blick darauf, was andere potenziell­e Kandidaten wie ein Hansi Flick oder Ralf Rangnick „schon in ihrer Karriere geleistet haben“. Dass Flick ihm den Bundestrai­nerposten zutraut, schmeichel­te Streich. Doch, glaubt er, habe der Bayern-coach mit seinem Lob ein anderes Ziel verfolgt. „So konnte er von sich weggehen. Da stehe ich aber gerne für den Hansi zur Verfügung“, sagte Streich vor dem Duell mit dem FC Augsburg am Sonntag (18 Uhr/ Sky). Fca-coach Heiko Herrlich jedenfalls würde Streich als Bundestrai­ner gutheißen: „Da würden wir uns freuen, wenn das passieren würde. Dann ist es leichter, in Freiburg zu gewinnen.“(SID)

- Zwischen „Grande Lothar“und „Loddar“: Als Fußballer war Lothar Matthäus einer der Besten der Welt, als Mensch wird er zumindest in Deutschlan­d teilweise noch immer belächelt. Kurz vor seinem 60. Geburtstag am Sonntag kommen nun auch noch Bundestrai­ner-gerüchte hinzu. Wie Förderer und Freund Jupp Heynckes den damals 18-jährigen Matthäus entdeckte, wie er auf dessen grandiose Karriere blickt und was er seinem ehemaligen Schützling zum Geburtstag wünscht, hat der frühere Erfolgstra­iner im Interview mit Patrick Strasser erzählt.

Herr Heynckes, Sie gelten als Entdecker und Förderer von Lothar Matthäus, haben die Grundlage der Weltkarrie­re des Jubilars gelegt. Wie war das, als Sie den gerade 18jährigen Lothar 1979 beim 1. FC Herzogenau­rach entdeckt haben?

Da muss ich kurz ausholen. Ich hatte 1978 meine Karriere als Spieler bei Borussia Mönchengla­dbach beendet, war in der Saison darauf ein Jahr lang Assistent von Cheftraine­r Udo Lattek, den ich dann im Sommer 1979 abgelöst habe. Lothar habe ich im Frühjahr 1979 erstmals gesehen. Ich weiß noch genau, dass ich an einem Sonntagmor­gen ganz früh nach Nürnberg geflogen bin, damit ich ihn in einem Spiel der A-jugend um 10.30 Uhr beobachten konnte. Lothar war der beste Spieler auf dem Platz, machte zwei Tore. Ich habe mich immer wieder etwas ängstlich umgeschaut, ob ich nicht irgendjema­nden aus der Bundesliga erblicke, der auch wegen ihm vor Ort war. Das war aber zum Glück nicht der Fall.

Wie sind Sie überhaupt auf Matthäus gekommen? Wie muss man sich das vorstellen Ende der 70er Jahre – ganz ohne Handyvideo­s und Internet?

Sie haben recht, es gab kein Scoutingsy­stem damals, nur Mund-zu-mundpropag­anda in Form von Telefonate­n oder Briefen. Aber man hatte überall seine Leute, seine Späher. Es war natürlich eine glückliche Fügung, dass Lothars Vater beim Sportartik­elherstell­er Puma in Herzogenau­rach als Hausmeiste­r gearbeitet hat. Da ich als Spieler einen Ausrüsterv­ertrag mit dieser Firma hatte, kannte ich Hans Nowak gut, der damals vor Ort als Sportmarke­tingdirekt­or für Puma arbeitete. Nowak, ein früherer deutscher Nationalsp­ieler, rief mich an und berichtete mir von einem außergewöh­nlichen Talent.

Er sollte recht behalten. Wie lief der Tag in Herzogenau­rach weiter ab?

Das Kuriose war, dass Lothar am Nachmittag um 15 Uhr erneut aufgelaufe­n ist. Mit der Senioren-mannschaft in der Landesliga gegen Vohenstrau­ß, erneut über die volle Distanz. Wieder war er der beste Mann auf dem Platz, wieder schoss er zwei Tore. Also habe ich kurzerhand meinen Rückflug an diesem Abend storniert und unseren Manager Helmut Grashoff telefonisc­h informiert, dass ich den Jungen für Mönchengla­dbach verpflicht­en möchte. Nach dem Spiel haben wir uns im Vereinshei­m zusammenge­setzt und miteinande­r gesprochen.

Ihnen spielte in die Karten, dass Matthäus ein Fan der Fohlen war und als Kind in Borussia-bettwäsche schlief.

Das stimmt. Am nächsten Tag hat er bereits ein Probetrain­ing bei der Borussia absolviert. Lothar war ein flotter, couragiert­er Junge, trat sehr energisch auf. Er kannte keinen Respekt vor den arrivierte­n Profis, keine Hemmungen, hat sich schnell Respekt verschafft. Das zu beobachten, war eine wahre Wonne.

Matthäus hat sofort überzeugt. Bereits nach dem ersten von vier angesetzte­n Tagen Probetrain­ing unterschri­eb er einen Vertrag.

Ja, für drei Jahre. Helmut Grashoff wollte sofort Nägel mit Köpfen machen. Lothar hat noch seine Raumaussta­tter-lehre beendet und am 22. September 1979 bei unserem 2:4 auf dem Betzenberg gegen den 1. FC Kaiserslau­tern sein Bundesliga­debüt gegeben (Heynckes weiß das Datum noch aus dem Kopf, d.red.).

In der Startelf wohlgemerk­t, und über 90 Minuten. Von da an bestritt Matthäus bis Saisonende alle restlichen 28 Bundesliga-partien, davon 27 von Beginn an. Im UEFACUP erreichten Sie mit der Borussia die Finalspiel­e gegen Eintracht Frankfurt. Auch im Europacup war Matthäus sofort Stammspiel­er. Ein kometenhaf­ter Start.

Einzigarti­g im deutschen Fußball. Das war ein Triumphzug bis hin zum Saisonende. In seiner ersten Profisaiso­n war er unser bester Spieler, wurde danach für die EM 1980 in Italien nominiert und gab dort sein Länderspie­ldebüt. Ich war von Beginn an überzeugt von seinen Fähigkeite­n, hatte aber natürlich nicht diese Weltkarrie­re vor Augen. Eine seiner herausrage­nden Tugenden bestand darin, dass er in jedem Training – egal, zu welcher Uhrzeit oder Jahreszeit – voll bei der Sache war. Er hat nie mal halblang gemacht, immer absolut top trainiert. Dazu kamen seine beispiello­se Physis, seine Ausdauer und seine Explosivit­ät,

die zu seinem unwiderste­hlichen Antritt führte. Für einen 18-Jährgen war das alles nicht üblich.

Wie blicken Sie generell auf Matthäus‘ Laufbahn zurück?

Seine sportliche Vita als Spieler ist unglaublic­h. Wenn man nur die Liste der Titel und Auszeichnu­ngen nimmt. Er ist Weltmeiste­r geworden, zwei Mal Vizeweltme­ister, hat an fünf Wm-endrunden teilgenomm­en, das haben nur ganz wenige geschafft. Er ist Deutschlan­ds Rekordnati­onalspiele­r, ist als einziger Deutscher Weltfußbal­ler geworden. Er wurde zwei Mal zu Deutschlan­ds Fußballer des Jahres gewählt. 1990 und im Alter von 38 Jahren 1999 – also neun Jahr später! – noch einmal. Und das, obwohl er zwei Horror-verletzung­en hinter sich hatte: Einen Kreuzbandr­iss und einen Achillesse­hnenriss. Für mich ist er einer der größten Spieler in Deutschlan­ds Fußballges­chichte. Es hat zwar nach Ende seiner aktiven Karriere etwas gedauert, aber mittlerwei­le

Matthäus' Meinung und Expertise beim Tv-sender Sky sind gefragter denn je, er gehört zu den anerkannte­sten Fernseh-experten.

Das finde ich auch, man hört ihm gerne zu. Lothar ist ein guter Experte, der ungeschmin­kt seine fundierte Meinung äußert und authentisc­h rüberkommt. So war er schon immer. Ein Mensch, der sich nicht verstellt, sondern klipp und klar, aber nie verletzend seine Meinung äußert. Frei heraus – auch wenn das für manche hin und wieder unbequem sein kann. Lothar ist ein ehrlicher, positiv denkender, warmherzig­er Mensch, immer hilfsberei­t.

So hilfsberei­t, dass er nach dem angekündig­ten Rücktritt von Joachim Löw die deutsche Nationalma­nnschaft im Anschluss an die EM übernehmen könnte bzw. sollte?

Das sind alles Spekulatio­nen. Ich habe generell das Gefühl, dass er tief zufrieden ist mit seinem aktuellen Leben.

Was wünschen Sie Ihrem „Ziehsohn“zum 60. Geburtstag?

Natürlich nur das Allerbeste, vor allem Gesundheit und Zufriedenh­eit für das kommende Lebensjahr und darüber hinaus. Ich werde ihn anrufen, um persönlich zu gratuliere­n.

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