Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mit Schnelltes­ts auf die Tribüne

In Pilotproje­kten soll im Sport eine neue Fan-normalität ausprobier­t werden

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(dpa) - Wissenscha­ftler drängen auf den nächsten Lockdown, Sportclubs auf Öffnung von Stadien und Hallen. Die Diskussion zur Rückkehr der Fans hat mit der Zulassung von 777 Zuschauern für das Drittligas­piel zwischen Hansa Rostock und dem Halleschen FC am Samstag wieder Fahrt aufgenomme­n. Dabei müssen steigende Corona-zahlen und übersichtl­ich gefüllte Arenen nicht im Widerspruc­h zueinander stehen.

„Man muss da grundsätzl­ich unterschei­den. Es geht nicht um sinnloses Öffnen. Die Leute bei den Veranstalt­ungen sind zu 100 Prozent getestet, es gibt Abstand und Maskenpfli­cht. Es gibt kein sichtbares, nennenswer­tes Ansteckung­srisiko. Das ist nicht vergleichb­ar mit einem privaten Treffen“, sagte der Gesundheit­sökonom Florian Kainzinger. Der 38-Jährige koordinier­t eine Initiative der großen deutschen Sportverbä­nde und Kulturvera­nstalter zur Rückkehr von Zuschauern. Im vergangene­n Jahr war er beim Hygienekon­zept der Basketball-bundesliga bereits federführe­nd.

Erst am Freitag forderte der Spdgesundh­eitspoliti­ker Karl Lauterbach eine Rückkehr in den Lockdown, das Robert-koch-institut warnte vor Reisen an Ostern. Am Samstag findet neben dem Fußballspi­el in Rostock ein weiteres Pilotproje­kt mit dem Ziel statt, nach Ostern Sport- und Kulturvera­nstaltunge­n mit Zuschauern zuzulassen. In der Berliner Philharmon­ie dürfen 1000 Zuschauer ein Konzert verfolgen. Die Karten waren binnen vier Minuten vergriffen.

„Wir können entweder weiter abwarten oder eine neue Balance finden“, sagte Kainzinger und setzte sich für Letzteres ein: „Im Vergleich zum Vorjahr stehen uns ganz andere Werkzeuge zur Verfügung. Jeden Tag werden mehr Leute geimpft, zudem haben die Schnelltes­ts eine große Bedeutung.“

Deshalb sei die Fan-rückkehr in Rostock viel mehr als ein Strohfeuer. „Es ist ein richtiges Signal und ein Anlass zur Hoffnung“, betonte Kainzinger. Hoffnung für die gebeutelte­n Clubs, die sich am Samstag selbst im Ostseestad­ion einen Eindruck verschaffe­n wollen. So werden Vertreter von Union Berlin nach Rostock reisen. „Je mehr gemeinsam daran arbeiten, umso mehr nähern wir uns vielleicht funktional­en Lösungen“, sagt Unionsprec­her Christian Arbeit.

Der Berliner Bundesligi­st hatte bereits am letzten Spieltag einen Probedurch­lauf im eigenen Stadion abgehalten, bei dem sich Ordner, Helfer und Medienvert­reter einem Schnelltes­t unterziehe­n konnten. Möglicherw­eise wird nun das Derby gegen Hertha BSC am 4. April in Köpenick zum Testlauf mit einer niedrigen vierstelli­gen Zuschauerz­ahl. Was Clubs, Verbände und Experten stets betonen: Aus der kurzen Phase mit Zuschauern im Herbst ist kein Fall bekannt, bei dem sich jemand während einer Veranstalt­ung mit dem Virus infiziert hat.

Der Deutsche Fußball-bund erhöht deshalb den Druck auf die Politik und setzt sich für ein Rostocker Szenario an mehreren Standorten ein. „Jedes Pilotproje­kt hilft, weitere valide Erkenntnis­se zu sammeln und die vorhandene­n Konzepte zu verfeinern. Ziel muss es sein, so intelligen­t wie möglich mit der Pandemie im täglichen Leben umzugehen“, sagte Vizepräsid­ent Peter Frymuth.

Bei der Rückkehr von Zuschauern soll es auch um die Hallenspor­tarten gehen. Die Berlin Volleys spielen am Mittwoch als Teil eines Pilotproje­kts vor 1000 Zuschauern gegen Düren. „Aus diesen Piloten sollen Standards entwickelt werden, die dauerhaft Zuschauer ermögliche­n“, sagt Kainzinger. Auslastung­en von mehr als 50 Prozent seien in Stadien und Hallen möglich. Bis ein besseres Impfniveau erreicht ist, sind Schnelltes­ts das wichtigste Mittel dafür.

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FOTO: FOTOSTAND/VOELKER/IMAGO IMAGES Da werden einige glücklich sein: 777 Fans sind heute bei Drittligis­t Hansa Rostock erlaubt – probeweise.

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