Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Problemfal­l Asbest

Der krebserreg­ende Stoff schlummert in vielen Wohnungen – Welche Rechte Mieter haben

- Von Annika Natus

Es passiert immer wieder: Mieter vereinbare­n mit ihren Vermietern, dass sie den alten Bodenbelag ihrer Wohnung selbst entfernen. Doch beim Abriss kommen darunter zerbrochen­e Platten zum Vorschein. Sofort kommt der Verdacht auf: Das könnte Asbest sein.

Diesen Verdacht haben regelmäßig viele Menschen, denn erst im Jahr 1993 wurde der krebserreg­enden Baustoff in Deutschlan­d verboten. Zuvor war Asbest jahrzehnte­lang als billiger brandhemme­nder, wärmedämme­nder und säurebestä­ndiger Stoff beliebt und wurde vielfältig verbaut.

Gefährlich wird Asbest erst beim Aufbrechen, Abschleife­n oder Abreißen, wenn zuvor fest verbundene Fasern freigesetz­t werden. Doch meist ist es für Mieter gar nicht leicht zu ermitteln, ob sie es überhaupt mit Asbest zu tun haben. Ohne eine Laborunter­suchung ist Asbeststau­b von anderem Baustaub nicht zweifelsfr­ei zu unterschei­den. Jedoch haben Mieter im Zusammenha­ng mit Asbest verschiede­ne Rechte.

Auskunftsr­echt

Hegt ein Mieter den Verdacht auf Asbest, ist der Vermieter zu einer verbindlic­hen Auskunft verpflicht­et. Am besten sollte die Anfrage hierzu schriftlic­h gestellt werden, erklärt der Berliner Mietervere­in.

Falls der Vermieter nicht reagiert oder die Auskunft verweigert, können Mieter selbst ein Institut beauftrage­n, um Proben zu nehmen. Bestätigt sich der Asbestverd­acht, muss der Vermieter die Kosten für die Untersuchu­ng erstatten.

Mietminder­ung

Eine Mietminder­ung ist zulässig, wenn eine Wohnung nicht mehr nutzbar ist ohne die Gesundheit zu gefährden. Der Mieter muss den Vermieter dann schriftlic­h über den Mangel informiere­n und auffordern, ihn zu beseitigen. Wie hoch die Mietminder­ung sein darf, ist davon abhängig, wie sehr der Mieter beeinträch­tigt wird. Das Landgerich­t Berlin etwa hielt laut dem Berliner Mietervere­in eine Minderung von zehn Prozent für angemessen.

Asbestbese­itigung

Bei beschädigt­en Asbest-materialie­n haben Mieter Anspruch auf die unverzügli­che Beseitigun­g durch den Vermieter. Schwierige­r sieht es bei der Beseitigun­g von fest gebundenem Asbest in Mietwohnun­gen aus, also zum Beispiel von intakten Bodenplatt­en.

„Bei noch intaktem Asbest erscheint mir ein Mängelbese­itigungsan­spruch des Mieters letztlich nicht durchsetzb­ar, da ja nach bisherigen Erkenntnis­sen eine Gefährdung des Mieters nicht vorliegt“, sagt die Rechtsanwä­ltin Beate Heilmann, die sich beim Deutschen Anwaltvere­in (DAV) in der Arbeitsgem­einschaft

Mietrecht und Immobilien engagiert. „Mir sind keine erfolgreic­hen Fälle der Durchsetzu­ng bekannt.“

Sanierungs­maßnahmen

Bei einer Asbestsani­erung sollten Mieter ganz genau hinschauen, denn sie darf nur von einer zugelassen­en Fachfirma vorgenomme­n werden. Gegenüber dem Mieter muss sie sich als solche ausweisen können. Kann sie das nicht, sollte man die Firma gar nicht erst in die Wohnung lassen, empfiehlt Dietmar Wall, Jurist beim Deutschen Mieterbund (DMB).

Wenn nicht nur ein Raum saniert werden muss, können Mieter für die Dauer der Sanierung eine Ersatzwohn­ung anmieten. Die Miet- und auch die Umzugskost­en muss der Vermieter tragen. Das gilt für sämtliche Kosten im Zusammenha­ng mit der Asbestsani­erung. Anschließe­nd muss der Vermieter durch eine Messung der Raumluft sicherstel­len, dass keine Asbestfase­rn in der Wohnung sind.

Schadeners­atz

Hat ein Vermieter die genannten Pflichten verletzt, hat der Mieter Schadeners­atz- oder Schmerzens­geldansprü­che. Er muss aber den Zusammenha­ng zwischen der Pflichtver­letzung des Vermieters und dem konkreten gesundheit­lichen Schaden beweisen können.

„Die Beweisführ­ung ist gewiss schwierig, aber natürlich über ein medizinisc­hes Sachverstä­ndigenguta­chten grundsätzl­ich denkbar“, sagt Beate Heilmann.

Bestätigun­g

Sollte man sich vom Vermieter die Asbestfrei­heit der Wohnung schriftlic­h bestätigen lassen? „Damit läge eine zugesicher­te Eigenschaf­t vor, für welche der Vermieter sogar verstärkt eintreten müsste“, sagt Rechtsanwä­ltin Beate Heilmann.

Genau deshalb sei es aber fraglich, ob der Vermieter sich dazu bewegen lasse – oder der nachfragen­de Mieter die Wohnung überhaupt erst erhält. (dpa)

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FOTO: MARKUS SCHOLZ/DPA Ist eine Wohnung mit Asbest belastet, ist eine aufwendige Sanierung nötig.

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