Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Parlamente einbeziehe­n

- Von Claudia● Kling ●» c.kling@schwaebisc­he.de

Angela Merkel hat die Bürger für die missglückt­en Osterbesch­lüsse um Verzeihung gebeten. Das ist honorig. Die Bundeskanz­lerin übernahm persönlich die Verantwort­ung für die Entscheidu­ng, den Gründonner­stag und Karsamstag zu sogenannte­n Ruhetagen zu erklären. Mit dieser Vorgabe hatte kaum jemand etwas anfangen können. Den Befürworte­rn eines harten Lockdowns ging die erzwungene Osterruhe nicht weit genug. Andere rätselten, was es denn bringen möge, wenn sich am Ostersamst­ag die Kunden im Supermarkt drängeln. Und die Unternehme­n fragten sich, wie sie mit diesen Beschlüsse­n wohl rechtlich umzugehen haben. Der Aufruhr, den die Bund-länder-runde mit dieser Entscheidu­ng verursacht hatte, war groß.

Mit ihrem Schuldeing­eständnis hat Merkel die Ministerpr­äsidenten aus der Schusslini­e genommen. Das ist nicht nur ehrenhaft von ihr, es ist auch ein kluger Schachzug. Denn in dieser Riege befinden sich zwei Landeschef­s, die potenziell als Nachfolger der Kanzlerin zur Verfügung stehen. Merkel, die sich nach der nächsten Bundestags­wahl zurückzieh­en wird, hat hingegen nichts mehr zu verlieren.

Diese Panne in einer Zeit, in der die Menschen ohnehin starke Zweifel am Krisenmana­gement der Regierung haben, hätte so nicht passieren dürfen. Und sie wäre auch leicht zu verhindern gewesen, wenn Bund und Länder endlich das täten, was seit Monaten von ihnen gefordert wird: die Abgeordnet­en in das Corona-krisenmana­gement einzubezie­hen. Nach einem Jahr Pandemie ist es niemanden mehr zu erklären, warum die Regierende­n nach wie vor auf Verordnung­en setzen, zu denen sie sich nach stundenlan­gen Beratungen hinter verschloss­enen Türen durchringe­n. Das schadet dem Ansehen der parlamenta­rischen Demokratie und schwächt den Stellenwer­t der Abgeordnet­en, von denen die Beschlüsse mitgetrage­n werden sollen. Dass der Bundestag von Merkel zum Schön-wetter-parlament gemacht wurde, ist letztlich der größere Fehler als die missglückt­e Entscheidu­ng, Ruhetage an Ostern einzuführe­n.

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