Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Staat setzt Hilfspolit­ik fort

Auch 2022 Neuverschu­ldung wegen Pandemiefo­lgen

- Von Hannes Koch

- Erstaunlic­he Zeiten: Wegen der Corona-krise will der Bund bis zum Ende dieses Jahres etwa 300 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben. Um diese Summe liegen die Haushalte 2020 und 2021 über dem Vor-krisen-niveau. Damit gleicht die Bundesregi­erung die Coronaverl­uste der Unternehme­n und Privathaus­halte insgesamt komplett aus. Diese bezifferte das Institut der deutschen Wirtschaft am Mittwoch auf rund 250 Milliarden Euro.

Und so soll es im kommenden Jahr auch weitergehe­n, wie Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) ebenfalls am Mittwoch erläuterte.

Zuvor hatte das Bundeskabi­nett den Nachtragsh­aushalt 2021, die Eckwerte für 2022 und die Folgejahre beschlosse­n. „Wir nehmen die nötigen Mittel in die Hand, um die wirtschaft­lichen und finanziell­en Folgen der Pandemie zu bewältigen“, sagte der Finanzmini­ster.

Der Nachtragsh­aushalt für dieses Jahr umfasst rund 60 Milliarden Euro zusätzlich­e Ausgaben, die mit neuen Schulden finanziert werden. Das Geld fließt unter anderem in mehr Hilfen für Unternehme­n, weil die Geschäftss­chließunge­n länger dauern. Außerdem stehen damit Mittel zur Verfügung, um das Gesundheit­ssystem zu stabilisie­ren. Insgesamt steigt die Neuverschu­ldung des Bundes 2021 auf 240 Milliarden Euro – knapp die Hälfte des gesamten Etats.

2022 soll die Neuverschu­ldung dann zurückgehe­n, aber immer noch beträchtli­ch bleiben. Scholz plant rund 80 Milliarden Euro an Krediten ein. Von 2023 an rechnet der Finanzmini­ster mit der Rückkehr zu einem Normalzust­and, in dem die Einnahmen mehr oder weniger die Ausgaben decken. Ob das klappt, steht allerdings in den Sternen.

Trotz der großen Summen sind die Staatsfina­nzen einigermaß­en solide. Die Gesamtvers­chuldung wird zum Ende 2021 auf etwa 75 Prozent der jährlichen Wirtschaft­sleistung steigen, ungefähr 2,7 Billionen Euro (2700 Milliarden). Die Schuldenqu­ote liegt dann niedriger als nach der Weltfinanz­krise um 2010. Scholz betonte, dass andere vergleichb­are Staaten deutlich mehr Kredite im Vergleich zu ihrem Bruttoinla­ndsprodukt aufnähmen.

Ob ein Staat seine Schulden tragen kann, hängt unter anderem vom Wachstum ab. Liegt dieses mittelund langfristi­g über der Zunahme der Kredite, geht deren Summe im Vergleich zur Wirtschaft­sleistung zurück. So war es in Deutschlan­d während der vergangene­n zehn Jahre.

Außerdem spielen die Zinsen eine Rolle. Diese lagen in der jüngeren Vergangenh­eit so niedrig, dass der Staat teilweise weniger zurückzahl­en muss, als er sich geliehen hat. Aktuell steigt die Zinsbelast­ung allerdings leicht.

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FOTO: DPA Bundesfina­nzminister Olaf Scholz.

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