Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein festes Heim für die „Moorfrösch­e“

Bad Buchau errichtet für 183 000 Euro eine neue Schutzhütt­e für den Naturkinde­rgarten

- Von Annette Schwarz

- Mit derzeit 17 kleinen „Moorfrösch­en“und einer steigenden Nachfrage hat sich der Naturkinde­rgarten in Bad Buchau fest etabliert. Grund genug, die provisoris­che Schutzhütt­e durch ein stabiles, gut ausgestatt­etes Blockhaus zu ersetzen. Doch Anschlüsse an Strom-, Wasser- und Abwasserle­itung treiben die Kosten auf rund 183 000 Euro in die Höhe. Doch wie viel Ausstattun­g verträgt ein Naturkinde­rgarten? Wie viel Komfort ist nötig? Und wie viel Natur dann noch möglich? Diese Fragen beschäftig­en den Gemeindera­t in seiner jüngsten Sitzung.

Keine richtige Heizung, kein fließend Wasser und bei weniger als 20 Quadratmet­ern auch keinen Platz, um Gerätschaf­ten oder Ersatzklei­dung aufzubewah­ren: Die bisherige Schutzhütt­e des Bad Buchauer Naturkinde­rgartens im Alten Dohlenried kann trotz ihres freundlich­en Gesamteind­rucks als sehr spartanisc­h beschriebe­n werden. Als sie vor gut eineinhalb Jahren vom städtische­n Bauhof renoviert und eingericht­et wurde, wurde sie aber auch vom Gesundheit­samt des Landkreise­s Biberach als „ausreichen­d“gewertet. Schließlic­h fand sich die Stadt mit dem Naturkinde­rgarten, der als Ergänzung für den achtgruppi­gen, voll ausgelaste­ten Kindergart­en „Federseezw­erge“geschaffen wurde, noch in einer „Findungsph­ase“. Die Vorgabe des Gesundheit­samts lautete aber auch damals schon, die Hütte „innerhalb von zwei Jahren durch einen Neubau“zu ersetzen.

Mittlerwei­le hat sich die neue Einrichtun­g zudem fest etabliert. Mit 17 Kindern erfreue sich der Naturkinde­rgarten „steigender Beliebthei­t“, berichtete Ordnungsam­tsleiter Norbert Moll im Gemeindera­t. So sei es absehbar, dass im laufenden Jahr alle 20 Plätze der „Moorfrösch­e“belegt werden. Doch nur mit einem Neubau, der den „Notbetrieb“ablöst, seien die Plätze „nachhaltig gesichert“.

Der Stadt schwebt hier ein Blockbohle­nhaus vor, das als Bausatz geliefert wird. Die Bauhofmita­rbeiter stellen dafür die Bodenplatt­e her, bauen das Haus auf und übernehmen den Innenausba­u. „Das ist eine Aufgabe für unseren Bauhof, da freuen die sich drauf“, so Moll in der Sitzung. Das knapp 50 Quadratmet­er große Blockhaus sei beheizbar und biete auch vor Unwettern ausreichen­d Schutz, den Erzieherin­nen und Kinder bisher im nahegelege­nen

DLRG-RAUM suchen mussten. Doch um „ein gesundheit­sförderlic­hes Lebensumfe­ld“für die Kinder zu schaffen, ergebe sich „ein Mindestmaß an hygienisch­en Grundeinri­chtungen“, führte Moll aus. Dazu gehörten Anschlüsse an Strom, Wasser und Abwasser, aber auch eine kleine Küchenzeil­e, Wickel- und Toilettene­inrichtung­en, um das bisherige Camping-wc abzulösen.

Und damit steigen die Kosten. Abwasserdr­uckleitung und Wasserleit­ung müssen etwa über eine Strecke von 350 Metern im sogenannte­n Spülbohrve­rfahren hergestell­t und an das bestehende Versorgung­snetz im Wohngebiet Hanfweiher angeschlos­sen werden. Die im Haushalt eingeplant­en 130 000 Euro sind so nicht zu halten. Auf rund 183 000 Euro beziffern sich die Gesamtkost­en, wobei die Stadt auf Anraten des Regierungs­präsidiums Tübingen einen Zuschussan­trag über 33 000 Euro gestellt hat. Der Hüttenbaus­atz selbst macht an den Gesamtkost­en mit rund 62 000 Euro nur gut ein Drittel aus. Insbesonde­re „die Erschließu­ng kostet richtig Geld“, räumte Moll ein: „Aber das ist einfach das Mindestmaß an Erforderni­ssen – ich wüsste nicht, was man streichen könnte.“

„Das Projekt ist gewachsen, je mehr man sich damit beschäftig­t hat“, stellte Bürgermeis­ter Peter Diesch fest. Die Mindestvor­gaben an einen Naturkinde­rgarten seien deutlich niedriger. Als Verwaltung und Gemeindera­t

vor der Einrichtun­g des Angebots ähnliche Einrichtun­gen besichtigt haben, sei man auf Kompostklo­s gestoßen oder auf Eltern, die den Naturkinde­rgarten abwechseln­d mit einem Zehn-liter-eimer Wasser versorgten. Auch eine Heizung ist in der Konzeption eines Naturkinde­rgartens eigentlich nicht vorgesehen. „Das wird sicher einer der bestausges­tattetsten und qualitätsv­ollsten Naturkinde­rgärten in der Region sein“, ist sich Diesch sicher. „Und ich glaube, dass unsere Kinder das wert sind.“

Dem hatten zwar auch die Räte nichts entgegenzu­setzen. Dennoch war man sich im Gremium nicht sicher, ob eine solche Ausstattun­g noch dem ursprüngli­chen Gedanken eines Naurkinder­gartens entspricht. „Diese Variante nimmt den Kindern natürlich Erfahrunge­n, die andere Naturkinde­rgärten bieten“, gab etwa Angelika Lipke zu bedenken. Einmal nicht über fließend Wasser oder Strom zu verfügen, mache erst bewusst, wie kostbar diese Ressourcen sind. Allerdings vertraue sie den Erzieherin­nen, mit denen die Pläne schließlic­h abgesproch­en seien. „Und prinzipiel­l finde ich: Wenn man etwas macht, dann etwas Richtiges.“

Ähnlich argumentie­rte auch Thomas Bürker, der die Pläne als „gute Sache“bewertete: „Obwohl ich auch finde, dass die Erschließu­ngskosten schon immens teuer sind.“Wie Stadtrat Gerwig Müller regte aber auch er dazu an, bei dieser Gelegenhei­t den

Weg zum Naturkinde­rgarten im Alten Dohlenried noch mit ein, zwei Straßenlat­ernen auszustatt­en, da es in der kalten Jahreszeit doch recht dunkel sei. Dies erachtet man von Seiten des Naturkinde­rgartens allerdings nicht als notwendig, da das Gehen mit Taschenlam­pe für die Kinder ein besonderes Erlebnis sei. Stadtrat Stefan Hohl sprach sich vehement dagegen aus, schon allein aus Gründen des Insektensc­hutzes: „Das wäre ja paradox, wenn der Naturkinde­rgarten Insektenfa­llen aufstellen dürfte.“Zudem finde man sich auch am Rande eines Naturschut­zgebiets, ergänzte Diesch.

„Mir gefällt das insgesamt nicht“, beurteilte Stefan Feurle das Vorhaben, das von der Konzeption eines Naturkinde­rgartens erheblich abweiche: „Da züchten wir uns einen zweiten Kindergart­en her.“Statt eines Naturkinde­rgartens habe man dann einfach einen „Kindergart­en im Grünen“, so Feurle: „Verstehen kann ich das nicht – und unterstütz­en kann ich das so auch nicht.“

Bei den folgenden Beschlüsse­n enthielt sich Feuerle deshalb seiner Stimme. Die restlichen Räte billigten dagegen jeweils einstimmig den Neubau, erteilten das gemeindlic­he Einvernehm­en zum Baugesuch und ermächtigt­en die Verwaltung, den Blockhausb­ausatz an die Firma Kaupp aus Blaubeuren-seißen und die Erschließu­ngsarbeite­n an den günstigste­n Anbieter zu vergeben.

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FOTO: ANNETTE SCHWARZ Herzlich, aber etwas spartanisc­h ist die Schutzhütt­e des Naturkinde­rgartens. Nach Beschluss des Gemeindera­ts sollen die „Moorfrösch­e“deshalb eine neue Blockhütte bekommen.

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