Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Schuldenstand steigt wohl über Landesdurchschnitt
Für Beteiligung an der Netze BW müsste Uttenweiler neuen Kredit über eine Million Euro aufnehmen
- Von 409 auf 664 Euro wird die Pro-kopf-verschuldung in Uttenweiler im Haushaltsjahr 2021 steigen – allerdings vorerst nur auf dem Papier. Denn die Entscheidung steht noch aus, ob sich die Gemeinde an der Netze BW beteiligt und dafür eine Neuverschuldung von einer Million Euro in Kauf nimmt (SZ berichtete). Im aktuellen Haushaltsplan dagegen ist der Kredit vorsorglich eingeplant. Und in ihrer jüngsten Sitzung verabschiedeten die Uttenweiler Räte das Zahlenwerk einstimmig.
„ENBW vernetzt“ist eine Beteiligungsgesellschaft für Kommunen. Sie können hier mittelbar Anteile an der Netze BW erwerben und erhalten im Gegenzug Mitspracherecht und eine jährliche Ausgleichszahlung von 3,6 Prozent. Für Uttenweiler ist das ein interessantes Angebot: Würde sich die Gemeinde mit einer Million Euro beteiligen, könnte sie so – abzüglich von Steuern und Verwaltungsaufwand – von einer jährlichen Ausgleichszahlung in Höhe von 25 000 Euro profitieren. Die Einlage selbst sei über eine nachträgliche Kaufpreisanpassung gesichert, heißt es von Seiten der Netze BW.
Doch bei der Beteiligung kann die Gemeinde nicht auf ihr Erspartes zurückgreifen – sie müsste einen Kredit aufnehmen. Wie sich die mögliche Neuverschuldung auf den Gemeindehaushalt auswirkt, das führte Kämmerin Heike Binder im Gemeinderat aus. Im Haushaltsentwurf hatte die Kämmerin noch mit einem Abbau des Schuldenstands von rund 1,49 Millionen Euro im Jahr 2020 auf knapp 1,44 Millionen Euro zum Jahresende gerechnet. Entscheidet sich der Gemeinderat dagegen für einen Kredit über eine Million Euro, klettern die Schulden auf knapp 1,44 Millionen Euro. Immerhin: Die Konditionen für den neuen Kredit sind gut, so dass keine Zinsen anfallen.
Bei der Pro-kopf-verschuldung werden die Auswirkungen besonders deutlich. Mit einem Schuldenstand pro Einwohner von 409 Euro lag die Gemeinde Uttenweiler Ende 2020 noch unter dem Landesvergleich:
Rechnet man Kernhaushalte und Eigenbetriebe der Kommunen zusammen, weisen sie durchschnittlich eine Pro-kopf-verschuldung von 655 Euro auf. Nun wird Uttenweiler diese Marke wohl übertreffen, mit einer Prokopf-verschuldung von voraussichtlich 664 Euro.
Doch damit nicht genug. Auch für die kommenden Jahre rechnet Kämmerin Binder mit neuen Schulden; nicht, um weitere Anteile über „ENBW vernetzt“zu erwerben, sondern weil mit den geringen liquiden Mitteln der Gemeinde nicht zu wirtschaften sei. Uttenweiler liege hier gerade mal knapp 100 000 Euro über der Mindestliquidität von 145 100 Euro, so Kämmerin Binder: „Das ist für Uttenweiler eine sehr dünne Liquidität, auch wenn man auf das Investitionsprogramm schaut.“2022 dürfte der Schuldenstand deshalb auf 3,02 Millionen Euro – das entspricht einer Pro-kopf-verschuldung von 824 Euro – steigen, um in den Folgejahren nach und nach wieder abgebaut zu werden. Grundsätzlich wirtschaftet die Gemeinde aber derzeit über ihre Verhältnisse, wie ein Blick auf den Ergebnishaushalt zeigt: Er dürfte 2021 mit einem ordentlichen Ergebnis von minus 767 000 Euro in den roten Bereich rutschen. „Das ist insgesamt nicht zufriedenstellend“, so die Kämmerin. Die Verwaltung wolle daher Ein- und Ausgaben genau unter die Lupe nehmen.
Allerdings habe man angesichts der aktuellen Situation auch sehr vorsichtig kalkuliert, ergänzte Bürgermeister Werner Binder. „Wir fahren auf Sicht. Wenn wir die Jahre 2018, 2019 hätten, wäre das kein Thema. Aber die haben wir nicht. Wir haben Corona.“Obwohl die Gewerbesteuer um eine Million Euro einbrach, sei die Gemeinde im vergangenen Jahr noch einmal mit dem blauen Auge davongekommen. „Dieses Jahr haben wir deshalb sehr vorsichtig gerechnet.“
Nach einigen Stellungnahmen und Nachfragen verabschiedeten die Gemeinderäte den Haushalt 2021 einstimmig. Von der Neuverschuldung abgesehen, weist er keine nennenswerten Änderungen gegenüber dem Entwurf auf.