Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Die Osterbotschaft kennt viele Wege
Kirchengemeinden feiern Präsenzgottesdienste, suchen aber auch Alternativen
- Bleiben in diesem Jahr erneut die Kirchentüren an Ostern geschlossen? Dieser Fall könnte durchaus eintreten, sollten die Inzidenzwerte im Landkreis weiter steigen. Die Kirchengemeinden in der Region finden sich deshalb in einer merkwürdigen Situation wieder: Einerseits sind sie voll mit den Vorbereitungen für die festlichen Ostergottesdienste beschäftigt – andererseits suchen sie Alternativen, um auch ohne Gottesdienste die frohe Osterbotschaft zu verkünden.
Die Sieben-tage-inzidenz des Landkreises Biberach hat Pfarrer Uwe Grau täglich im Blick. An ihr entscheidet sich nämlich, ob die vielen Gottesdienste der Seelsorgeeinheit Bussen in der Kar- und Osterzeit auch wie geplant stattfinden können. Der jetzige Stand? „Wir wissen es noch nicht“, sagt Grau, Administrator in Vakanz für die Seelsorgeeinheit Bussen.
Bischof Gebhard Fürst hatte vergangene Woche den kirchlichen Hygiene-stufenplan für die Diözese Rottenburg-stuttgart wegen der steigenden Infektionszahlen verschärft. Demnach müssen die Kirchengemeinden auf ihre Präsenzgottesdienste an den Feiertagen verzichten, sollten die Inzidenzwerte in ihrem Landkreis an drei aufeinanderfolgenden Tagen über 200 liegen. Bislang lag der Grenzwert bei einer Sieben-tages-inzidenz von 300.
Der Landkreis Biberach hat sich diesem Wert in den vergangenen Tagen immer weiter angenähert, doch noch ist die kritische Marke nicht geknackt. Pfarrer Grau bleibt deshalb zuversichtlich, dass die Gottesdienste in den nächsten Tagen wie geplant – und gemäß der gültigen Hygieneregeln – stattfinden können. Gewisse Zugeständnisse an die derzeitige Situation hat das Team der Seelsorgeeinheit aber dennoch gemacht. So wurden die Gottesdienste zur Osternacht, die in sechs der neun Gemeinden der Seelsorgeeinheit gefeiert werden, schon auf 19 Uhr gelegt. „Weil wir einfach mit einer Ausgangssperre rechnen“, erklärt Pfarrer Grau. Und einige der Osternachtsfeiern, etwa in Unlingen, werden ganz unter freiem Himmel begangen. „Wir haben auch schon an Palmsonntag einen schönen Gottesdienst im Freien gefeiert“, berichtet Grau, der darin auch eine ganz besondere Chance sieht: „Unsere Erfahrung der letzten Zeit hat gezeigt, dass zu den Gottesdiensten im Freien auch mehr Familien kommen.“Und sollte das Wetter bis dahin kühler werden, müssen die Besucher auch nicht lange frieren: Das Pastoralteam möchte die Gottesdienste auf höchstens eine Stunde begrenzen.
Daneben gibt es aber etliche Gläubige, die derzeit wegen der steigenden Infektionszahlen lieber auf einen Gottesdienstbesuch verzichten. Für sie hält die Seelsorgeeinheit einige Angebote bereit – sie bieten auch dann eine Alternative, falls die Gottesdienste doch noch abgesagt werden müssen. Zwar habe sich das Seelsorgeteam bewusst gegen Live-streams entschieden, so Pfarrer Grau. Dafür gibt es regelmäßig einige
Anregungen für den Gottesdienst zuhause auf der Homepage der Seelsorgeeinheit. So habe er sich angewöhnt, jeden Samstag seine Predigt nach der Fertigstellung als Audiodatei aufzunehmen, berichtet Grau. Auf der Homepage können sich die Mitglieder der Kirchengemeinden zudem zur Hauskommunion anmelden: Hier bringt eine Kommunionbotin oder ein Kommunionbote die Heilige Kommunion in einer kleinen silbernen Dose zu den Gläubigen nach Hause.
Auch in der Seelsorgeeinheit Federsee hat man schon einige Erfahrungen mit digitalen Angeboten gemacht. Zu Palmsonntag etwa hat Pfarrer Martin Dörflinger einen kleinen Impuls über den Seekircher Palmesel als Botschafter für den Frieden aufgenommen. Das Video ist unter „Aktuelles“auf der Homepage der Diözese (www.drs.de) zu sehen. Vergangene Ostern hatte die Seelsorgeeinheit zudem erstmals den Gottesdienst gestreamt. „Dieses Jahr haben wir uns das aber nicht vorgenommen“, sagt Pfarrer Dörflinger. Denn sollte der Gottesdienst tatsächlich kurzfristig abgesagt werden, seien die Vorbereitungen für das Streaming in der Kürze der Zeit nicht machbar.
Dafür werden werden im Buchauer Pfarramt derzeit fleißig Tütchen gepackt – für ein „Ostern to go“. Sie enthalten neben Süßem auch eine Osterkarte, das Osterbild, das normalerweise zur Osterkommunion ausgegeben wird, teilweise auch eine Osterkerze, teilweise Blumensamen, Seifenblasen oder einen Luftballon – die Osterbotschaft ist schließlich eine fröhliche. Daneben laufen die Vorbereitungen auf die Präsenzgottesdienste. Hier sei noch viel abzusprechen mit den Organisten, Mesnern und der kleinen Schola, die hoffentlich an Ostern singen darf, so Dörflinger. Auch hier gibt es genaue Regeln: Liegt die Inzidenz unter 100, dann darf ein Ensemble mit acht Sängern in der Kirche auftreten; bei einem Wert von mehr als 100 sind es nur vier. „So feierlich wie in den letzten Jahren können die Ostergottesdienste leider nicht werden“, bedauert der Buchauer Pfarrer. „Aber vielleicht werden sie inniger, weil mehr auf die Botschaft selbst geschaut wird.“Das heißt: Falls die Gottesdienste denn wirklich stattfinden können.
Für die evangelischen Kirchengemeinden ist hier das Risiko nicht so groß. Die württembergische Landeskirche hat ihre Regelungen für Präsenzgottesdienste bisher nicht geändert. Hier bleibt ein Inzidenzwert von 300 maßgeblich. Pfarrer Markus Lutz von der evangelischen Kirchengemeinde in Bad Buchau rechnet deshalb damit, dass die Gottesdienste in der Karwoche und Ostern stattfinden können – natürlich weiterhin unter den Vorzeichen der Pandemie. Das bedeutet: eine Dauer von maximal 40 Minuten und Gottesdienstbesuch nach vorheriger Anmeldung, mit Opoder Ffp2-maske und Sicherheitsabstand, den die evangelische Kirche etwas strenger auffasst. Weil zwischen den Reihen zwei Kirchenbänke Abstand gehalten werden müssen, sind in der kleinen Kirche an Karfreitag so nur 21 Gottesdienstbesucher erlaubt, bei Familien etwas mehr. Auch das Abendmahl an diesem hohen evangelischen Feiertag kann nicht wie gewohnt stattfinden, maximal mit Einzelkelchen, die in die Bankreihen getragen werden. Dafür werden Streicher zu einer feierlichen Atmosphäre im Karfreitagsgottesdienst beitragen, kündigt Lutz an.
Die Gottesdienste an Ostersonntag sollen im Garten des Gemeindehauses stattfinden, hier sind fast 50 Besucher erlaubt. Und: Für den Familiengottesdienst bietet die Kirchengemeinde auch einen Livestream an. Dieses Jahr sei das Netz stabiler, so Pfarrer Lutz, und mit technischen Problemen wie zu vergangenen Ostern nicht zu rechnen. Mit diesem Angebot und auch einem „Osterboten“, der mit dem Mitteilungsblatt der
Kirchengemeinde verteilt wird, hofft der Pfarrer auch Menschen zu erreichen, die wegen der Pandemie lieber auf einen Kirchgang verzichten. Und dies seien einige, hat Lutz beobachtet: „Ich rechne deshalb nicht mit einem Riesenandrang zu Ostern. Und ich möchte auch nicht zu einem verstärkten Krankheitsgeschehen beitragen.“
Konsquent außerhalb von Gebäuden und vergleichsweise kreativ wollen die evangelischen Christen in Riedlingen und Ertingen die anstehenden Feiertage begehen: die Präsenzgottesdienste am Gründonnerstag, Karfreitag in Dürmentingen und Ertingen sowie der Ostergottesdienst in Riedlingen hat die Gemeindeleitung abgesagt. Stattdessen werden aufgezeichnete Gottesdienste online angeboten. Und es werden Gottesdienste im Freien stattfinden – ohne Abendmahl und gemeinsamen Gesang, aber mit Maskenpflicht und großen Abständen. Drei Freiluft-veranstaltungen stehen an: Am Karfreitag um 9.30 Uhr im Garten des Johanneszwick-hauses in Riedlingen; eine Osternachtsfeier um 6 Uhr vor der Christuskirche rund um das Osterfeuer. Und um 10.45 Uhr beginnt der familienfreundliche Ostergottesdienst im Garten des Gerhard-berner-hauses in Ertingen. „An Weihnachten hatten wir zahlreiche Präsenz-gottesdienste im Angebot, aber das waren zu viele“, erklärt Anna Mielitz, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde in Riedlingen. Deshalb gebe es jetzt zu Ostern mehr Online-angebote, die dem derzeitigen Infektionsgeschehen Rechnung tragen und zugleich das nötige Gemeinschaftsgefühl der Gläubigen vermitteln. „Wir haben den Zoom-gottesdienst am Karfreitag vorab aufgezeichnet. So etwas haben wir das erste Mal gemacht. Die Dreharbeiten fanden an zwei unterschiedlichen Orten statt, auch draußen, mit einer kleinen Sängergruppe“, sagt Mielitz. „Wir erreichen damit Menschen, die zu üblichen Gottesdienstzeiten verhindert sind.“200 bis 400 Mal würden solche Gottesdienst-videos dann angeklickt, wenn die Leute dafür flexible Zeit hätten, zum Beispiel Familien mit Kindern oder Menschen mit besonderen Arbeitszeiten.
„Ostern findet statt“, verkündet auch Walter Stegmann, Der Pfarrer von St. Georg setzt auf das „Original“, also auf Präsenzgottesdienste statt Online-angebote – allerdings im Freien, mit Abstand und Mundnasen-schutz: „Das ist das Sicherste.“Stegmann praktiziert das so seit einem Jahr, selbst bei Minus zwölf Grad, als der Schnee vom Altar gewischt werden musste. Er setzt darauf, dass es möglichst viele, aber kurze Gottesdienste sind, weil die Gläubigen ja die ganze Zeit stehen müssen. Um so mehr freue er sich, dass das Angebot auch angenommen werde. Er beginne frühmorgens mit dem ersten Gottesdienst und besuche dann nacheinander die anderen Gemeinden. Jeden Sonntag feiert Stegmann regelmäßig auch vor dem Manopp-stift die Messe. Für den Gottesdienst zur Osternacht und am Ostersonntag wird, wie an Weihnachten, wieder die Straße gesperrt, damit sich die Gläubigen besser verteilen können. Nachdem bis zu vier Sänger erlaubt sind, wird eine kleine Schola die Ostermesse bereichern. Stegmann freut sich, dass junge Leute aus der Gemeinde mit Baumstämmen einen Kreuzweg gestaltet haben. „Sehenswert“sei auch die Kreuzinstallation von Dr. Berthold Müller im Chor der Kirche. Viele Menschen suchen in Coronazeiten die Kirche einzeln auf. Der Pfarrer begrüßt es, dass die Kirche jahreszeitlich geschmückt wird – auch wenn dort keine Gottesdienste stattfinden.
Eine Übersicht über die Gottesdiensttermine für die Kar- und Ostertage finden Sie heute auf Seite 14 und in der Samstagsausgabe.