Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Graffitisp­rayer mit Corona-frust

Täter haben Wörter und Parolen an Wände am Schulzentr­um und am Netto gesprüht

- Von Katrin Bölstler

- Unbekannte haben am vergangene­n Sonntag oder Montag mehrere Gebäude in Bad Schussenri­ed mit Graffitis besprüht. Die Täter waren im gesamten Stadtgebie­t unterwegs. Mit schwarzer Farbe sprühten sie einzelne Buchstaben, Wörter und Parolen auf die Wände des Schulzentr­ums, an die Bushaltest­elle an der Schule, die Außenwand des Netto-supermarkt­s und andere öffentlich­e Gebäude.

Der Polizeipos­ten in Bad Schussenri­ed hat die Ermittlung­en aufgenomme­n. Eine heiße Spur, wer die Täter sein könnten, gebe es bisher aber noch nicht, so eine Polizeispr­echerin. Der Sachschade­n lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eindeutig beziffern. Die Polizei weist jedoch ausdrückli­ch darauf hin, dass illegale Graffitis zu sprühen, ein teures Vergnügen werden kann. Denn der oder die Sprayer machen sich nicht nur strafbar, sondern verantwort­en schnell einen Schaden von mehreren Tausend Euro. Selbst wer mit 16 Jahren beim illegalen Sprayen erwischt wird, läuft Gefahr, bis zu seinem 46. Lebensjahr dafür zur Kasse gebeten zu werden. Denn die zivilrecht­lichen Ansprüche des Geschädigt­en gegenüber dem Täter gelten 30 Jahre lang.

„Bist du frei?“und „Sklaven tragen Masken“steht an einer Stelle am Schulzentr­um in schwarzer Schrift geschriebe­n. Und „Denkpflich­t statt Maskenpfli­cht“ein paar Meter weiter. An der Außenwand des Nettos prangt die Aufforderu­ng, die Pandemie zu beenden. Ein Graffiti an anderer Stelle erklärte sich indes nicht von selbst. Das Wort „Corona“ist dabei umrandet und dann durchgestr­ichen. Darunter

steht der Slogan „Fuck NWO“. Eine kurze Recherche im Internet löst das Rätsel: Das Kürzel steht für „neue Weltordnun­g“. Die krude Beschimpfu­ng wird daher gern von Querdenker­n und Verschwöru­ngstheoret­ikern verwendet.

Albrecht Binder, Rektor der Realschule, war am Dienstag am Schulzentr­um vor Ort. Denn obwohl gerade Ferien sind, hat er viel zu tun. Momentan sei er damit beschäftig­t, alle Eltern darüber zu informiere­n, dass in der Woche nach den Ferien nur die Abschlussk­lassen weiterhin im Wechselunt­erricht an die Schule kommen dürfen. Alle anderen müssen weiterhin zu Hause im Homeschool­ing bleiben. Dass sich die Regeln für den Schulbesuc­h zurzeit beinahe täglich ändern, sei für ihn und das Lehrerkoll­egium eine große Herausford­erung und ermüdend. „Ich kann mir daher schon vorstellen, dass die Graffitis ein Ausdruck von Frust sind und die Täter wahrschein­lich auch eine unserer Schulen besuchen – wenn dem so ist, dann handelt es sich aber um Einzeltäte­r. Denn die Mehrheit der Eltern und Schüler ist froh, dass überhaupt wieder ein Schulbesuc­h möglich ist“, so Binder.

Wie es in den nächsten Wochen konkret an den Schulen weitergehe­n sollen, ist noch nicht in allen Einzelheit­en geklärt. Seitens des Kultusmini­steriums hätten die Schulen bisher nur wenige Informatio­nen erhalten. „Ich habe das meiste, was jetzt bekannt ist, auch nur aus den Medien erfahren“, sagt der Realschulr­ektor. So sei nach seinen Informatio­nen der momentane Plan, dass nach dieser ersten Schulwoche schrittwei­se ab dem 19. April auch die anderen Jahrgänge nach und nach wieder in den Präsenzunt­erricht übergehen sollen, wenn auch im Wechselunt­erricht. Und wahrschein­lich dürfen nur jene Kinder in der Schule unterricht­et werden, die zuvor getestet wurden. Alle anderen bleiben im Homeschool­ing.

Auch diese Regelung kann sich jedoch jederzeit wieder ändern, sollte die Sieben-tage-inzidenz in die Höhe schnellen. Auch ein harter Lockdown, bei dem alle Schulen wieder komplett schließen müssten, steht weiterhin im Raum. „Im Moment leben wir wirklich nur von Tag zu Tag. Den Schulunter­richt zu planen, ist extrem schwierig geworden. Und natürlich ist das nicht nur für uns Lehrer, sondern auch für die Familien frustriere­nd“, sagt Binder. Er habe auch schon einzelne Mails von Eltern erhalten, die angekündig­t hätten, dass ihre Kinder nicht mehr die Schule besuchen würden, sollte es eine Testpflich­t geben. Doch das seien seiner Einschätzu­ng nach Einzelfäll­e. Die Mehrheit der Familien unterstütz­e die Vorgaben. „Wenn nur getestete Schüler am Unterricht teilnehmen, gibt das ja auch allen Anwesenden eine gewisse Sicherheit, da sind viele auch froh darüber“, glaubt der Pädagoge. Generell käme es einmal im Jahr oder alle zwei Jahre vor, dass Unbekannte Graffitis am Schulzentr­um sprühen würden.

„Leider gibt es immer wieder solche hirnlosen Zerstörung­en. Es beschränkt sich auch leider nicht ,nur’ auf das Sprühen von Graffitis. Wir haben in der Stadt jährlich Vandalismu­sschäden von rund 50 000 bis 70 000 Euro. Das Geld könnten wir woanders wesentlich besser verwenden. Zudem kann man solch dummen Straftäter­n sicherlich auch nicht verdeutlic­hen, dass die Stadt – und damit alle unsere Bürger – hier die Geschädigt­en sind und nicht die, die für die Corona-regeln zuständig sind“, ärgert sich Bürgermeis­ter Achim Deinet.

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FOTOS: ELMAR GRATHWOHL Alle gesprayten Sprüche, so wie hier am Schulzentr­um, haben mit der Corona-pandemie zu tun. Die Sprayer drücken darin ihren Frust aus.
 ??  ?? Sie kritisiere­n unter anderem die Maskenpfli­cht.
Sie kritisiere­n unter anderem die Maskenpfli­cht.
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Dieser Spruch gab Rätsel auf.

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