Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Graffitisprayer mit Corona-frust
Täter haben Wörter und Parolen an Wände am Schulzentrum und am Netto gesprüht
- Unbekannte haben am vergangenen Sonntag oder Montag mehrere Gebäude in Bad Schussenried mit Graffitis besprüht. Die Täter waren im gesamten Stadtgebiet unterwegs. Mit schwarzer Farbe sprühten sie einzelne Buchstaben, Wörter und Parolen auf die Wände des Schulzentrums, an die Bushaltestelle an der Schule, die Außenwand des Netto-supermarkts und andere öffentliche Gebäude.
Der Polizeiposten in Bad Schussenried hat die Ermittlungen aufgenommen. Eine heiße Spur, wer die Täter sein könnten, gebe es bisher aber noch nicht, so eine Polizeisprecherin. Der Sachschaden lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eindeutig beziffern. Die Polizei weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass illegale Graffitis zu sprühen, ein teures Vergnügen werden kann. Denn der oder die Sprayer machen sich nicht nur strafbar, sondern verantworten schnell einen Schaden von mehreren Tausend Euro. Selbst wer mit 16 Jahren beim illegalen Sprayen erwischt wird, läuft Gefahr, bis zu seinem 46. Lebensjahr dafür zur Kasse gebeten zu werden. Denn die zivilrechtlichen Ansprüche des Geschädigten gegenüber dem Täter gelten 30 Jahre lang.
„Bist du frei?“und „Sklaven tragen Masken“steht an einer Stelle am Schulzentrum in schwarzer Schrift geschrieben. Und „Denkpflicht statt Maskenpflicht“ein paar Meter weiter. An der Außenwand des Nettos prangt die Aufforderung, die Pandemie zu beenden. Ein Graffiti an anderer Stelle erklärte sich indes nicht von selbst. Das Wort „Corona“ist dabei umrandet und dann durchgestrichen. Darunter
steht der Slogan „Fuck NWO“. Eine kurze Recherche im Internet löst das Rätsel: Das Kürzel steht für „neue Weltordnung“. Die krude Beschimpfung wird daher gern von Querdenkern und Verschwörungstheoretikern verwendet.
Albrecht Binder, Rektor der Realschule, war am Dienstag am Schulzentrum vor Ort. Denn obwohl gerade Ferien sind, hat er viel zu tun. Momentan sei er damit beschäftigt, alle Eltern darüber zu informieren, dass in der Woche nach den Ferien nur die Abschlussklassen weiterhin im Wechselunterricht an die Schule kommen dürfen. Alle anderen müssen weiterhin zu Hause im Homeschooling bleiben. Dass sich die Regeln für den Schulbesuch zurzeit beinahe täglich ändern, sei für ihn und das Lehrerkollegium eine große Herausforderung und ermüdend. „Ich kann mir daher schon vorstellen, dass die Graffitis ein Ausdruck von Frust sind und die Täter wahrscheinlich auch eine unserer Schulen besuchen – wenn dem so ist, dann handelt es sich aber um Einzeltäter. Denn die Mehrheit der Eltern und Schüler ist froh, dass überhaupt wieder ein Schulbesuch möglich ist“, so Binder.
Wie es in den nächsten Wochen konkret an den Schulen weitergehen sollen, ist noch nicht in allen Einzelheiten geklärt. Seitens des Kultusministeriums hätten die Schulen bisher nur wenige Informationen erhalten. „Ich habe das meiste, was jetzt bekannt ist, auch nur aus den Medien erfahren“, sagt der Realschulrektor. So sei nach seinen Informationen der momentane Plan, dass nach dieser ersten Schulwoche schrittweise ab dem 19. April auch die anderen Jahrgänge nach und nach wieder in den Präsenzunterricht übergehen sollen, wenn auch im Wechselunterricht. Und wahrscheinlich dürfen nur jene Kinder in der Schule unterrichtet werden, die zuvor getestet wurden. Alle anderen bleiben im Homeschooling.
Auch diese Regelung kann sich jedoch jederzeit wieder ändern, sollte die Sieben-tage-inzidenz in die Höhe schnellen. Auch ein harter Lockdown, bei dem alle Schulen wieder komplett schließen müssten, steht weiterhin im Raum. „Im Moment leben wir wirklich nur von Tag zu Tag. Den Schulunterricht zu planen, ist extrem schwierig geworden. Und natürlich ist das nicht nur für uns Lehrer, sondern auch für die Familien frustrierend“, sagt Binder. Er habe auch schon einzelne Mails von Eltern erhalten, die angekündigt hätten, dass ihre Kinder nicht mehr die Schule besuchen würden, sollte es eine Testpflicht geben. Doch das seien seiner Einschätzung nach Einzelfälle. Die Mehrheit der Familien unterstütze die Vorgaben. „Wenn nur getestete Schüler am Unterricht teilnehmen, gibt das ja auch allen Anwesenden eine gewisse Sicherheit, da sind viele auch froh darüber“, glaubt der Pädagoge. Generell käme es einmal im Jahr oder alle zwei Jahre vor, dass Unbekannte Graffitis am Schulzentrum sprühen würden.
„Leider gibt es immer wieder solche hirnlosen Zerstörungen. Es beschränkt sich auch leider nicht ,nur’ auf das Sprühen von Graffitis. Wir haben in der Stadt jährlich Vandalismusschäden von rund 50 000 bis 70 000 Euro. Das Geld könnten wir woanders wesentlich besser verwenden. Zudem kann man solch dummen Straftätern sicherlich auch nicht verdeutlichen, dass die Stadt – und damit alle unsere Bürger – hier die Geschädigten sind und nicht die, die für die Corona-regeln zuständig sind“, ärgert sich Bürgermeister Achim Deinet.