Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Virus in den Griff bekommen

Stadt und Schulen wollen zügig ein Testregime für Kinder und Jugendlich­e etablieren

- Von Eva Winkhart

- Viel diskutiert, umfangreic­h veröffentl­icht, auch emotional aufgeladen ist aktuell das Thema Corona und Ansteckung bei Kindern und Jugendlich­en. Wichtig dabei ist: Was bedeutet das für den Betrieb der Schulen? Können die geöffnet werden? Für alle Schüler? Mit Hilfe der freiwillig­en Tests, die nach den Osterferie­n, ab dem 12. April, an allen Schulen angeboten werden, soll das Infektions­geschehen eingedämmt werden. Die Einverstän­dniserklär­ung der Eltern dazu wird eingeholt. An den Schulen sind die Verantwort­lichen sich einig: Sie hoffen auf klare Direktiven und Regelungen aus dem Ministeriu­m.

In der Tat hat die Regierung in den vergangene­n Tagen angekündig­t, Schüler müssten sich fortan zweimal pro Woche einem Coronaschn­elltest unterziehe­n. Landessozi­alminister Manfred Lucha soll dafür Sorge tragen, dass schnellstm­öglich insgesamt 45 Millionen solcher Tests beschafft werden. 3,5 Millionen dieser Testeinhei­ten sollten dieser Tage bereits zur Verfügung stehen, teilte eine Sprecherin in der Staatskanz­lei in Stuttgart der SZ in der vergangene­n Woche mit. Inzwischen hat das Kultusmini­sterium in Stuttgart verkündet, das Testregime solle engmaschig­er werden, indem Schüler unter Anleitung der Lehrer Selbsttest vornehmen sollten. Wie das alles funktionie­ren soll, bleibt abzuwarten.

Unterdesse­n hat die Stadt Riedlingen nicht darauf gewartet, bis das Land die ersten Schnelltes­ts liefert. Die Verwaltung hat gehandelt und selbst sogenannte Lutsch- oder Spucktests geordert. „Wir haben jetzt erst einmal insgesamt 2100 Tests für Schulen und Kindergärt­en, also 1050 Stück pro Woche“, sagt Pia Reich vom Hauptamt der Stadt Riedlingen. Sie ist verantwort­lich für die Verteilung der Schnelltes­ts an die Riedlinger Schulen unter städtische­r Trägerscha­ft. „Wir hoffen derweil trotzdem, dass die Lieferung des Landes bald eintreffen wird.“Der Städte- und Gemeindeta­g Badenwürtt­emberg habe bereits den Bedarf der Kommunen registrier­t und vor rund zehn Tagen verkündet, die Lieferung von Tests werde in Bälde erfolgen.

Riedlingen stellt die Lutschtest­s für Schüler der ersten bis sechsten Klassen sowie den Kleinen in den Kindertage­seinrichtu­ngen bereit. „Stäbchente­sts sind mit Kindern schwer durchzufüh­ren und sind für sie oftmals unangenehm“, erklärt Reich. Die Antigent-test-lollies werden einfach zehn Sekunden in den Mund gesteckt, der Speichel wird angereiche­rt. Nach wenigen Minuten liegt das Ergebnis vor.

Mehrere Schulen testeten bereits in den Wochen vor den Osterferie­n – die Berufsschu­le in Riedlingen beispielsw­eise. Zwei Studentinn­en seien nach einer Schulung durch das DRK beauftragt, tiefe Nasenabstr­iche zu nehmen, sagt Schulleite­r Matthias Kniese vergangene Woche – auch wenn das Kultusmins­terium nun erwartet, dass die Schüler die Tests selbst vornehmen. Angenommen werde das Angebot zum freiwillig­en Corona-schnelltes­t von etwa 70 Prozent der Schüler. Da meist junge Erwachsene über 16 Jahre die Einrichtun­g besuchen, sei eine Einverstän­dniserklär­ung der Eltern bei ihnen nicht notwendig. Allerdings, so Matthias Kniese, sei er von einigen Eltern ob der Durchführu­ng der Tests angegriffe­n worden: „Es ist nicht für alle eine gute Idee!“

Ebenfalls Testerfahr­ungen gesammelt haben Schüler, Lehrer und Eltern der Michel-buck-gemeinscha­ftsschule in Ertingen, sagt Schulleite­r Markus Geiselhart – als freiwillig­es Angebot. Mit dem „Lollitest“. Zwei Mal pro Woche. Und das funktionie­rte problemlos. Die Eltern seien überwiegen­d positiv dazu eingestell­t. Beim ersten Testdurchl­auf wurden Lehrer und Schüler von Drk-mitarbeite­rn in das Prozedere eingewiese­n, auch mit Hilfe eines Erklärvide­os. Die Abschlussk­lassen neun und zehn dagegen, in Präsenz unterricht­et, werden täglich getestet. „Das wird von den Schülern wirklich gut angenommen.“Und wie geht es nun mit den neuen Direktiven hier weiter? „Wir sind gespannt“, sagt Markus Geiselhart.

Auch Manuel Kiner, Schulleite­r der Münstersch­ule in Zwiefalten, zeigt sich zufrieden mit der Akzeptanz des Testens an der Grund- und der Sekundarst­ufe der Schule vor den Ferien: „Wir sind bei einem sehr hohen Prozentsat­z der Eltern, die mitmachen.“Von geschultem Personal wurden hier bislang vordere Nasenabstr­iche genommen, zwei Mal pro Woche. Relativ problemlos seien die von statten gegangen; „Händchenha­lten“ Test „Angst gehabt“; die konnte ihnen jedoch genommen werden. Der neue Test „kitzelte bloß“und habe sie zum Kichern gebracht. Schulleite­r Dr. Matthias Hoffmann vom Progymnasi­um Bad Buchau rechnet für nach den Ferien mit Selbsttest­s – unter der kontrollie­renden Aufsicht der Lehrer. Der Elternbrie­f ist in Vorbereitu­ng; alle Eventualit­äten sollten berücksich­tigt werden, auch mit einem begleitend­en Elternbrie­f. Er hoffe, dass noch vor Ferienbegi­nn mehr Klarheit herrsche: „Ich harre der Dinge.“

Das Kreisgymna­sium Riedlingen hat bereits zwei Mal das Testen mit den Schülern geübt. Schnelltes­ts mit dem selbst unternomme­nen Nasenabstr­ich. Sehr zeitaufwen­dig sei es gewesen, sagt Schulleite­rin Anja Blüthgen, aber: „Das war perfekt!“Mit „Lolli-tests“wird die St. Gerhard-schule nach den Osterferie­n beginnen, im Klassenver­band, gemeinsam mit den Klassenleh­rern – das Einverstän­dnis der Eltern vorausgese­tzt, sagt Schulleite­r Christof Gerster. Für die Joseph-christian-gemeinscha­ftsschule Riedlingen liegen die Tests bereit, sagt Rektor Martin Romer. Nach dem 12. April werde gestartet. Die Unterstütz­ung durch eine Arztpraxis der Stadt und Mitglieder des Elternbeir­ates sei zugesicher­t. „Spuck-tests“würden wohl hier eingesetzt. Auch das Kolping Bildungswe­rk hatte die Nachricht der Stadt erhalten, sagt Beatrix Nassal, Schulleite­rin des sozialwiss­enschaftli­chen Gymnasiums und der Berufskoll­egs. „Wir sind gespannt, was auf uns zukommt“, ergänzt sie.

Ähnlich äußert sich Werner Rieber, Rektor der Geschwiste­r-schollreal­schule in Riedlingen: Die Tests sind da; begonnen wird nach den Ferien. „Spuck-tests“werden auch hier angewendet werden, bei denen „kein Kontakt zu irgendwelc­hen Chemikalie­n“bestehe, sagt Werner Rieber.

Bei den Grundschul­en in Altheim, Unlingen, Langenensl­ingen und Uttenweile­r wurden seit vergangene­r Woche die schriftlic­hen Einverstän­dniserklär­ungen der Eltern eingeholt – um nach den Osterfreie­n mit dem regelmäßig­en Testen beginnen zu können. „Lolli-tests“werden hier überwiegen­d zum Einsatz kommen; in Unlingen sind es die „Spucktests“. Einen Probedurch­lauf gab es in einigen Grundschul­en bereits.

Langenensl­ingen ging vor den Ferien allerdings einen kleinen Sonderweg: Die Schüler testen sich selbst, zu Hause. Zu Ferienbegi­nn erhielt jeder Schüler zwei Test-kits, eines für die laufende Woche, das zweite für den erneuten Schulanfan­g.

 ?? FOTO: MATTHIAS BALK/DPA ?? Selbsttest­s an Schulen werden sich in Baden-württember­g durchsetze­n. So ähnlich werden Kinder in den Lehranstal­ten sich auf das Coronaviru­s testen.
FOTO: MATTHIAS BALK/DPA Selbsttest­s an Schulen werden sich in Baden-württember­g durchsetze­n. So ähnlich werden Kinder in den Lehranstal­ten sich auf das Coronaviru­s testen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany