Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mehr Platz und Sicherheit gesucht
Das Frauenhaus für den Zollernalbkreis ist voll – Dabei gibt es weiterhin viele Anfragen
- „Wegen Vollbelegung können wir keine weitere Frau aufnehmen.“Die Bandansage des Frauenhauses Zollernalbkreis fasst das Problem, vor dem das Team steht, gut zusammen. Mehr Raum muss her, das ist seit langem klar. Das Frauenhaus will nun zum Bauherrn werden und sucht einen geeigneten Platz.
„Unsere Anforderungen sind happig“, sagt Annika Schluck aus dem Team des Frauenhauses Zollernalbkreis. Ein Grundstück, 1000 bis 1500 Quadratmeter groß, suchen sie und ihre Mitstreiterinnen, auf dem der Verein ein Haus für schutzbedürftige Frauen und Kinder bauen könnte. „Wir bräuchten 16 Zimmer und drei oder vier Bäder“, beschreibt sie. Auch einen Garten wünschen sich die Frauen für ihr Klientel. Oft schon hätten sie im vergangenen Jahr Immobilien besichtigt, auch kleinere, „aber bisher war noch nichts passendes dabei“, sagt Schluck.
„Im Grunde ist es ein Riesenhaus“, fasst sie die Vorstellungen zusammen. Doch der Bedarf ist da.
„Wir sind mit 18 Bewohnern voll, das bisherige Haus platzt aus allen Nähten beschreibt sie. Frauen und Kinder im Alter von drei Monaten bis 15 Jahren suchen derzeit im Frauenhaus Schutz. „Viele von ihnen haben extreme Gewalterfahrungen machen müssen, sind traumatisiert“, sagt Schluck. Selbstverständlich kommentarlos oder ohne Hilfe abgewiesen wird auch jetzt niemand. „Wir rufen immer zurück und versuchen zu helfen, wenn man uns eine Nachricht auf dem Band hinterlässt“, erklärt sie.
Doch im Grunde gelte es, für diese Frauen und Kinder einen tatsächlichen, räumlichen Rückzugsort zu schaffen, der das Runterkommen und Ankommen in Sicherheit ermöglicht. Schwer in Pandemiezeiten, wo alle Zuhause bleiben sollen und es im vollbelegten Frauenhaus zwischen den Homeschooling-aktivitäten der einen und dem verständlichen Ruhebedürfnis der anderen mitunter schwer ist, eine Grenze zu ziehen. „Die einen müssen sich konzentrieren oder ausruhen, die anderen austoben“, fasst es die Mitarbeiterin zusammen. Und das auf engstem Raum.
Die Pandemie hat ihren Teil zur Situation beigetragen, ist Schluck sicher. „Alle sitzen 24 Stunden und sieben Tage aufeinander, die Unzufriedenheit wächst, in den Familien ist das Konfliktpotenzial hoch“, erzählt sie aus ihrem Alltag. Für die Frauen sei es so noch schwerer, sich Hilfe zu holen, weil sie ständig unter Beobachtung stünden. „Die Situation ist sehr gefährlich für alle, die mit häuslicher Gewalt zu tun haben“, sagt sie. Auch der Bedarf an telefonischer Beratung habe deutlich zugenommen.
Um so drängender ist nun die Suche nach einem geeigneten Bauplatz. „Hauptsache im Zollernalbkreis“, sagt Schluck, allerdings wäre eine gute Verkehrsanbindung schon beschreibt Annika Schluck vom Frauenhaus einen Teil des Alltags. wünschenswert. „Viele Frauen, die zu uns kommen, haben keinen Führerschein oder mussten ihr Auto zurücklassen“, erzählt sie. Auch eine Einkaufsmöglichkeit in fußläufiger Entfernung und eine Apotheke in der Nähe wären gut. Nicht zuletzt würde der neue Standort auch die Anonymität sichern. „Wir sind schon lange am selben Ort“, sagt Schluck. Stadt und Landkreis unterstützten den Verein bei der Suche, doch bisher war noch nicht das Richtige dabei.
Schluck und ihre Mitstreiterinnen hoffen, dass sich das bald ändert. Mit einem neuen, eigenen Haus könnte nicht nur den Frauen und Kindern mehr Platz geboten werden, auch die übrigen Umstände würden sich fürs Frauenhausteam verbessern. „Dann hätten wir auch mehr Platz für unser Lager, für gespendete Kleidungsstücke, Windeln, Tragen, für alles, was wir eben so brauchen. Denn die meisten Frauen kommen zu uns und haben gar nichts mehr, lassen alles zurück bis auf das, was sie anhaben.“Und mit einem neuen Haus wäre auch die Ansage auf dem Anrufbeantworter endlich Geschichte.
„Die einen müssen sich konzentrieren oder ausruhen, die anderen austoben“,