Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mehr Platz und Sicherheit gesucht

Das Frauenhaus für den Zollernalb­kreis ist voll – Dabei gibt es weiterhin viele Anfragen

- Von Nicole Leukhardt

- „Wegen Vollbelegu­ng können wir keine weitere Frau aufnehmen.“Die Bandansage des Frauenhaus­es Zollernalb­kreis fasst das Problem, vor dem das Team steht, gut zusammen. Mehr Raum muss her, das ist seit langem klar. Das Frauenhaus will nun zum Bauherrn werden und sucht einen geeigneten Platz.

„Unsere Anforderun­gen sind happig“, sagt Annika Schluck aus dem Team des Frauenhaus­es Zollernalb­kreis. Ein Grundstück, 1000 bis 1500 Quadratmet­er groß, suchen sie und ihre Mitstreite­rinnen, auf dem der Verein ein Haus für schutzbedü­rftige Frauen und Kinder bauen könnte. „Wir bräuchten 16 Zimmer und drei oder vier Bäder“, beschreibt sie. Auch einen Garten wünschen sich die Frauen für ihr Klientel. Oft schon hätten sie im vergangene­n Jahr Immobilien besichtigt, auch kleinere, „aber bisher war noch nichts passendes dabei“, sagt Schluck.

„Im Grunde ist es ein Riesenhaus“, fasst sie die Vorstellun­gen zusammen. Doch der Bedarf ist da.

„Wir sind mit 18 Bewohnern voll, das bisherige Haus platzt aus allen Nähten beschreibt sie. Frauen und Kinder im Alter von drei Monaten bis 15 Jahren suchen derzeit im Frauenhaus Schutz. „Viele von ihnen haben extreme Gewalterfa­hrungen machen müssen, sind traumatisi­ert“, sagt Schluck. Selbstvers­tändlich kommentarl­os oder ohne Hilfe abgewiesen wird auch jetzt niemand. „Wir rufen immer zurück und versuchen zu helfen, wenn man uns eine Nachricht auf dem Band hinterläss­t“, erklärt sie.

Doch im Grunde gelte es, für diese Frauen und Kinder einen tatsächlic­hen, räumlichen Rückzugsor­t zu schaffen, der das Runterkomm­en und Ankommen in Sicherheit ermöglicht. Schwer in Pandemieze­iten, wo alle Zuhause bleiben sollen und es im vollbelegt­en Frauenhaus zwischen den Homeschool­ing-aktivitäte­n der einen und dem verständli­chen Ruhebedürf­nis der anderen mitunter schwer ist, eine Grenze zu ziehen. „Die einen müssen sich konzentrie­ren oder ausruhen, die anderen austoben“, fasst es die Mitarbeite­rin zusammen. Und das auf engstem Raum.

Die Pandemie hat ihren Teil zur Situation beigetrage­n, ist Schluck sicher. „Alle sitzen 24 Stunden und sieben Tage aufeinande­r, die Unzufriede­nheit wächst, in den Familien ist das Konfliktpo­tenzial hoch“, erzählt sie aus ihrem Alltag. Für die Frauen sei es so noch schwerer, sich Hilfe zu holen, weil sie ständig unter Beobachtun­g stünden. „Die Situation ist sehr gefährlich für alle, die mit häuslicher Gewalt zu tun haben“, sagt sie. Auch der Bedarf an telefonisc­her Beratung habe deutlich zugenommen.

Um so drängender ist nun die Suche nach einem geeigneten Bauplatz. „Hauptsache im Zollernalb­kreis“, sagt Schluck, allerdings wäre eine gute Verkehrsan­bindung schon beschreibt Annika Schluck vom Frauenhaus einen Teil des Alltags. wünschensw­ert. „Viele Frauen, die zu uns kommen, haben keinen Führersche­in oder mussten ihr Auto zurücklass­en“, erzählt sie. Auch eine Einkaufsmö­glichkeit in fußläufige­r Entfernung und eine Apotheke in der Nähe wären gut. Nicht zuletzt würde der neue Standort auch die Anonymität sichern. „Wir sind schon lange am selben Ort“, sagt Schluck. Stadt und Landkreis unterstütz­ten den Verein bei der Suche, doch bisher war noch nicht das Richtige dabei.

Schluck und ihre Mitstreite­rinnen hoffen, dass sich das bald ändert. Mit einem neuen, eigenen Haus könnte nicht nur den Frauen und Kindern mehr Platz geboten werden, auch die übrigen Umstände würden sich fürs Frauenhaus­team verbessern. „Dann hätten wir auch mehr Platz für unser Lager, für gespendete Kleidungss­tücke, Windeln, Tragen, für alles, was wir eben so brauchen. Denn die meisten Frauen kommen zu uns und haben gar nichts mehr, lassen alles zurück bis auf das, was sie anhaben.“Und mit einem neuen Haus wäre auch die Ansage auf dem Anrufbeant­worter endlich Geschichte.

„Die einen müssen sich konzentrie­ren oder ausruhen, die anderen austoben“,

 ?? FOTO: MAURIZIO GAMBARINI/DPA ?? Gravierend­e Folgen der Corona-pandemie: „Die Unzufriede­nheit wächst, in den Familien ist das Konfliktpo­tenzial hoch“, sagt Annika Schluck vom Team des Frauenhaus­es für den Zollernalb­kreis. Dieses ist voll belegt und bräuchte eigentlich mehr Platz.
FOTO: MAURIZIO GAMBARINI/DPA Gravierend­e Folgen der Corona-pandemie: „Die Unzufriede­nheit wächst, in den Familien ist das Konfliktpo­tenzial hoch“, sagt Annika Schluck vom Team des Frauenhaus­es für den Zollernalb­kreis. Dieses ist voll belegt und bräuchte eigentlich mehr Platz.

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