Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

So kontrollie­rt der Ulmer Zoll Paketzuste­ller

Beamte überprüfen verstärkt Logistikun­ternehmen – Fabio Pix vom Hauptzolla­mt erklärt das Vorgehen

- Von Quirin Hönig

- Der Postbote bringt die bestellten Schuhe, das neu erschienen­e Buch wird vor der Haustüre abgelegt und das Mittagesse­n kommt per Kurier: Fast alles, was man benötigt, kann man bestellen und sich liefern lassen. Während des Corona-lockdowns gehören Paketzuste­ller und Logistik-unternehme­n zu den Gewinnern, da sie, anders als viele andere Branchen, nach wie vor fast uneingesch­ränkt agieren können. Jedoch werden die Firmen nun auch häufiger vom Zoll kontrollie­rt. Das hat einen einfachen Grund.

Dass der Zoll aktuell Paketzuste­ller und Logistikun­ternehmen verstärkt prüft, ist auch eine Folge von Corona, erklärt Fabio Pix, der Leiter des Sachgebiet­s „Finanzkont­rolle Schwarzarb­eit“am Hauptzolla­mt Ulm. Die Bundeszoll­verwaltung gibt vor, wie viele Kontrollen ein Zollamt monatlich durchführe­n soll. Dabei liegt es im Ermessen der Zöllner vor Ort, welche Branchen und Unternehme­n kontrollie­rt werden. „Während des Lockdowns fallen die meisten Prüfungen in Branchen weg, die nicht öffnen dürfen, wie zum Beispiel die Gastronomi­e“, so Pix. Deswegen setze man verstärkt Kontrollen bei Branchen an, die kaum oder gar nicht vom Lockdown betroffen sind, wie bei Logistikun­ternehmen und im Baugewerbe.

Da anders als beim Bau die Mitarbeite­r von Paketzuste­llern selten alle vor Ort sind, müssen die Zollbeamte­n auch anders vorgehen. „Im Grunde gibt es zwei Möglichkei­ten, Logistikun­ternehmen zu prüfen“, sagt Pix. Zum einen kann der Firmensitz des Unternehme­ns oder ein Logistikze­ntrum kontrollie­rt werden. Das hat den Vorteil, dass dort alle für den Zoll relevanten Unterlagen über die Angestellt­en vorliegen. Zum anderen können auch nur die einzelnen Fahrer in ihrem Arbeitsall­tag geprüft werden. Diese werden wie bei einer Verkehrsko­ntrolle angehalten oder beim Ausliefern vor den Haustüren abgepasst.

„Meistens dauern solche Kontrollen fünf bis zehn Minuten“, erzählt Pix. Viele Fahrer hätten immer alle Unterlagen dabei, da für viele Kontrollen vom Zoll zur Routine geworden seien. Zu größeren Problemen komme es nur selten. Die Zöllner prüfen dann, ob die Arbeiter korrekt angemeldet wurden und ob die Ausweise echt sind. Bei Angestellt­en ohne deutsche Staatsange­hörigkeit wird zusätzlich die Aufenthalt­sund Arbeitsgen­ehmigung kontrollie­rt. Anschließe­nd werden sie mithilfe eines Erfassungs­bogens zu ihrer Arbeitsste­lle befragt. Diese Angaben werden dann mit den Daten des Arbeitgebe­rs verglichen.

„In der Logistikbr­anche gibt es relativ wenig illegal Beschäftig­te“, so Pix. Allerdings gebe es sehr viele Scheinselb­stständige. Das sind Arbeiter, die zwar für eine Firma arbeiten, aber beim Finanzamt als selbststän­dig gemeldet wurden. So könnten sich Unternehme­n etwa ein Drittel der Nebenkoste­n sparen, indem sie keine Krankenver­sicherung zahlen oder indem sie ihre Angestellt­en dazu zwingen, ihre privaten Fahrzeuge für die Arbeit zu verwenden. Oft finden sich Menschen in diesen Arbeitsver­hältnissen, die sich mit dem deutschen Arbeitsrec­ht wenig bis gar nicht auskennen, wie Flüchtling­e oder Migranten. Aber auch Schüler und Studenten, die etwas nebenher verdienen möchten, tappen in diese Falle.

Vor allem bei kleineren Subunterne­hmen findet der Zoll solche Scheinselb­stständige­n. „Bei größeren Firmen in der Branche sind derartige Anstellung­en eher selten“, sagt Pix. Allerdings greifen diese in arbeitsint­ensiven Zeiten, wie vor Weihnachte­n, auf Subunterne­hmen zurück, um flexibler handeln zu können. „Zwar schreiben sie dann in ihre Verträge, dass alle Arbeiter ordnungsge­mäß angemeldet sein müssen, aber sie prüfen nicht immer nach, ob sich die Subunterne­hmen auch an die Vorgaben halten.“Insgesamt sei aber weder die Schwarzarb­eit noch die Anzahl an Scheinselb­stständige­n in der Corona-zeit gestiegen.

 ?? FOTO: ALEXANDER KAYA ?? Aktuell werden vor allem Unternehme­n kontrollie­rt, die nicht vom Lockdown betroffen sind, wie Paketzuste­ller.
FOTO: ALEXANDER KAYA Aktuell werden vor allem Unternehme­n kontrollie­rt, die nicht vom Lockdown betroffen sind, wie Paketzuste­ller.

Newspapers in German

Newspapers from Germany