Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ein Wald der Zukunft mit klimastabilen Bäumen
Kreisverband SDW BC und Gemeinde Langenenslingen pflanzen einen Musterwald
Der Musterwald des Kreisverbands Biberach der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW BC) und der Gemeinde Langenenslingen ist gepflanzt. Auf 1,2 Hektar Fläche der Gemeinde Langenenslingen sollen Bäume mit exotischen Namen wachsen – darunter Libanonzedern, Aleppokiefern und Tulpenbäume. Sie werden zeigen, ob sie klimastabiler als heimische Bäume sind. „Wir wollten Bäume pflanzen, die auch in Zukunft eine Überlebenschance haben“, sagt Sdw-bc-vorsitzender Werner Gebele.
Über zwei Jahre schon beschäftigt sich die Schutzgemeinschaft mit der Idee, einen Musterwald zu pflanzen und aktiv etwas gegen das Waldsterben zu unternehmen. Denn der Klimawandel wirkt sich unweigerlich auf den Wald aus. Für Mitteleuropa gilt allgemein die Prognose, dass es längere, heißere Sommer und kürzere, mildere Winter geben wird. Hitzesommer wie 2003 werden künftig alle zwei bis fünf Jahre auftreten. Niederschläge im Winter nehmen eher zu und im Sommer eher ab, prognostiziert der NABU Baden-württemberg. Im Sommer werden deshalb häufiger Dürreperioden auftreten. Auch starke Stürme nehmen zu.
Wegen dieser Zukunftsprognosen sollen Bäume gepflanzt werden, die nach heutigen Erkenntnissen der Klimaveränderung trotzen und unseren Nachkommen einen ordentlichen Wald bringen. Bisher wachsen rund um Langenenslingen auf 12 000 Hektar Wald überwiegend Fichte, ein Drittel Buche und wenig Eiche, gibt Förster Johannes Hainzl Auskunft. Kleinere Mengen Bergahorn, Esche, Lärche und Douglasie komplettieren das Bäumesortiment. Den 1,2 Hektar großen Musterwald empfindet er als spannendes Projekt.
Für die Realisierung des Projektes stellte die Gemeinde Langenenslingen eine geeignete Fläche zur Verfügung und beteiligt sich selbst am Musterwald. Im Gemeinderat wurde die Umwandlung von Ackerfläche zu einem Wald kontrovers diskutiert. Letztendlich stimmten die Räte aber für das Projekt.
Auf 1200 Quadratmetern Fläche entstand ein dreigeteiltes Feld. Im hinteren Bereich wachsen auf 5600 Quadratmetern Traubeneichen aus dem Spessart, Hainbuche und Winterlinde. Der Teil der Fläche ist der Wirtschaftswald der Gemeinde. Im mittleren Teil – dem Versuchsfeld – wurden auf jeweils 1000 Quadratmetern
275 Elsbeeren aus dem Spessart, 250 Baumhasel aus der Türkei und 250 Tulpenbäume, die in Baden-baden heimisch sind, gepflanzt. Laut Experten sollen diese Baumarten die Trockenheit besser vertragen.
Der vordere Bereich wird von den
Fachleuten als „Zoo“bezeichnet. Dort wachsen jeweils 25 Bäume der gleichen Art in 15 kleineren Parzellen. Neben Nordmanntannen, Esskastanien und Zerreichen auch Mehlbeeren und Bornmüllertannen. Bäume, die eigentlich in der hiesigen
Region nicht heimisch sind.
„Der Musterwald ist ein Erbe für die nächste Generation“, so Joachim Reis, der von Berufswegen Baumexperte und bei der Schutzgemeinschaft für die Geschäftsführung zuständig ist. Man müsse abwarten, wie die Baumarten, die sonst in wärmeren Regionen wachsen, mit dem Klima zurechtkämen. Besonders die Spätfröste, wie man sie derzeit erlebe, könnten zum Problem werden. Erfahrungswerte bringe die Zeit. Das exotischste, was bei Langenenslingen gepflanzt wurde, sei die Aleppokiefer, sagt Reis. Sowohl er als auch Hainzl glauben, dass nicht alle Versuchsbäume das hiesige Klima vertragen werden. Es brauche Geduld, sagt Hainzl. Und das über mehrere Jahre.
Der Musterwald hätte bereits im vergangenen Herbst mit einer großen Pflanzaktion aus der Taufe gehoben werden sollen. Corona hat dies verhindert. Die Pflanzung wurde daraufhin auf das Frühjahr 2021 verlegt und die Bäume umbestellt. Corona verhindert immer noch größere Menschenansammlungen, so dass die Pflanzaktion wieder nicht stattfinden konnte.
Die Gemeinde Langenenslingen habe daraufhin ein Unternehmen beauftragt, das die Pflanzung übernommen habe, so Werner Gebele. Im Gegenzug will die Kreisvereinigung des SDW BC das Geld, das für die Pflanzaktion aufgewendet hätte werden müssen, für eine öffentliche Einrichtung der Gemeinde spenden.
Zu einer Pflanzaktion soll es trotzdem noch kommen, denn einige der „Zoo“-parzellen sind noch frei. Gebele hofft, dass vielleicht im Herbst eine kleinere Aktion nachgeholt werden kann. Angeboten werden auch Baumpatenschaften für 30 Euro. Und wenn der Wald in ein paar Jahren etwas gewachsen ist, können Kinder und Erwachsene ihn besuchen und die Entwicklung der Bäume beobachten. „Wenn die Tulpenbäume zum Blühen kommen, sieht das wunderschön aus“, schwärmt Werner Gebele.
Im Jahre 2005 wurde von der SDW BC auf einer 6000 Quadratmeter großen Fläche ein Laubwald, ebenfalls als Musterwald, für die Gemeinde Ertingen gepflanzt. Der Baumbestand ist zwischenzeitlich zu einem stattlichen jungen Wald herangewachsen.